2018 - gut oder sehr gut für Airlines?

2018 - gut oder sehr gut für Airlines?

Das Jahr 2018 neigt sich dem Ende zu. Sicherlich nicht nur mir stellt sich die Frage: War es ein gutes oder eher schlechtes Jahr für die Airlinebranche? Die International Air Transport Association (IATA) hat kürzlich erste Ergebnisse veröffentlicht: 7% EBIT Marge im Schnitt. Das sollte reichen, die Kapitalkosten zu decken. Jedoch zeigt sich im Vergleich zu den Vorjahren, dass die Margen auf dem niedrigsten Stand seit 2014 liegen - und sich in einem steten Sinkflug befinden. 2018 hatte eine Vielzahl zusätzlicher Lasten in sich, neben steigenden Spritpreisen auch Gegenwind durch Protektionismus sowie eine instabile weltpolitische Lage. Aber wenigstens auf der Nachfrageseite gibt es Positives zu vermelden. Die Freude am Reisen mit dem Flugzeug ist ungebrochen und zeigt sich robust gegenüber allen Widrigkeiten.

Welches sind nun die entscheidenden Entwicklungen in der Luftverkehrsbranche? Hier eine Liste der aus meiner Sicht wichtigsten:

1)   Premium- und interkontinentale Reiseverkehre stärker denn je

Fluggesellschaften rund um den Globus profitieren von Kunden, die gerne zwischen den Kontinenten fliegen und dabei lieber vorne als hinten sitzen. Während die non-premium/Low Cost Airlines aus Europas Norden Schwächen zeigen, können Airlines mit Business- und First-Angeboten punkten und die Yields v.a. auf dem Nordatlantik steigern. Die starke Premium-Nachfrage ermöglicht sogar die Aufnahme ultralanger Strecken wie Singapur-Newark oder Perth-London.

2)    Luftfracht wächst, trotz aller Bedrohungen des weltweiten Handels

Das Schreckgespenst der Zölle drohte das Jahr 2018 zu vermiesen. Weit gefehlt. Die grundlegenden Wachstumstreiber der Branche sind nach wie vor intakt. Es wird global eingekauft, auf Seiten der Unternehmen wie der Verbraucher. Innovations- und Modezyklen werden immer kürzer, Waren wollen immer schneller befördert werden. Und das ist nun mal die Stärke der Luftfracht. Das Frachtgeschäft liefert bei vielen Airlines in 2018 einen wichtigen Ergebnisbeitrag. 

3)   Der loyale Kunde macht den Unterschied 

Eigentlich nichts Neues. Und doch war das Thema Kundenbindung und die Kontrolle über die Bonusprogramme ein beherrschendes Thema in 2018. Air Canada, LATAM und ggfs. Alitalia machen den Verkauf ihrer Programme rückgängig, um mittels der Daten die Kundenbeziehungen stärker zu personalisieren. Personalisierung zum Zweck der Kundenbindung ist gewiss einfacher, wenn der Kunde direkt bucht. Airlines rund um den Globus stehen noch ganz am Anfang, die Möglichkeiten der new distribution capabilities (NDC) auszuschöpfen. Weitere Konfrontationen mit den GDS Amadeus, Sabre und Travelport als etablierte gate keeper sind zu erwarten.

4)   Segmentierung setzt sich durch, im Produkt wie im Pricing

Je nach Reisebedürfnis und Zahlungsbereitschaft werden Kunden durch Premium- wie Low Cost-Fluggesellschaften verstärkt in Gruppen eingeteilt. Angebote wie Premium Economy oder Sitze-mit-extra-Beinfreiheit verändern inzwischen sogar das Layout der Flugzeugkabinen. Eine klassische Aufteilung Business versus Economy hat ausgedient, der Fokus auf „möglichst viele Sitze an Bord“ ist passé. Pakete aus verschiedenen Produktelementen werden geschnürt und das Angebot nach unten durch Basic Economy Tarife für maximal preissensible Kunden abgerundet. Dynamic Pricing hat mit seinem Ursprung in den 1970er Jahren der Deregulierung des amerikanischen Luftverkehrs eine lange Tradition. Durch verbesserte Systeme der Kundendatenanalyse und dem Einsatz künstlicher Intelligenz zur Prognose der Zahlungsbereitschaft ist die Zahl der Preise inzwischen nahezu unendlich. Hier werden die kommenden Jahre zeigen, ob sich das Modell „jeder Kunde findet seinen eigenen Preis“ im Markt durchsetzen lässt.  

5)   Digitalisierung nimmt Fahrt auf

Nachdem 2017 bereits das Jahr der Digitalisierung werden sollte, zeigt sich auch in 2018, dass die Luftverkehrsbranche noch Aufholpotential hat. Während die automatisierte Gepäckaufgabe inzwischen von den Kunden akzeptiert wird, zeigen Navigationssysteme für den Aufenthalt am Flughafen oder die Nutzung eigener mobiler Endgeräte für individuelle Bestellungen während des Fluges noch Handlungsbedarf auf.  Biometrische Verfahren wie Gesichtserkennung werden Prozesse am Flughafen deutlich beschleunigen. Delta Air Lines ermöglicht es seinen Passagieren, seit Herbst diesen Jahres die Technologie am Flughafen Atlanta von der Vorfahrt am Terminal bis zum Gate zu nutzen. Chatbots werden immer häufiger eingesetzt, in der Reisevorbereitung wie auch bei Umbuchungen, wenn bei Flugausfällen schnelle Antworten gefragt sind. Google und Expedia arbeiten hier bereits an Lösungen für automatische Umbuchungen. Ob sich blockchain durchsetzt, bleibt abzuwarten. Hier fehlen Standards für ein globalen Einsatz und eine Skalierbarkeit ist auf Grund der exponentiell steigenden Transaktionskosten noch nicht gegeben. Generell ist die Komplexität der Digitalisierung nicht zu unterschätzen: Easyjet hat die digitale Strategie in 2018 überarbeitet, hoch ambitionierte Pläne für eine voll integrierte E-Commerce-Plattform wurden zurückgestellt.  

6)   Neue Flugzeugtechnologien erobern den Markt, allerdings mit operativen Problemen

Die Flugzeugmuster A320neo und B737max sind nun schon eine ganze Weile auf dem Markt. In 2018 haben einzelne Fluggesellschaften die kritische Masse in ihrer Flugzeugflotte erreicht. Für den A220, ehemals C Series, war es durch den Großauftrag von JetBlue das Jahr des Durchbruchs. Auf der Langstrecke debütierte Qatar Airways mit der neuesten und größten Version des A350, dem -1000, während Singapore Airlines auf die 787-10 als Flaggschiff setzt. Flugzeuge zu verkaufen war in 2018 weniger das Problem. Eine vertragskonforme Auslieferung gelang jedoch nicht immer. V.a. Airbus hat hier einige Sorgen, die sicherlich ebenso auf das Konto der Triebwerkshersteller gehen. Aber auch Boeing kämpft mit Triebwerksproblemen der B787. 

7)    In Europa schreitet die Konsolidierung voran, allerdings steigen die operativen Herausforderungen

Die Konsolidierung der europäischen Luftverkehrsbranche nimmt weiter Fahrt auf, im Gegensatz zu den USA aber weniger durch Merger als durch Insolvenz. Air Berlin und Monarch sind in 2018 zum letzten Mal geflogen, ebenso Cobalt, NextJet und Skyworks. Alitalia sucht die Nähe zu easyjet, IAG bietet für Norwegian. Auf der Langstrecke bleiben Joint Ventures der wichtigste Treiber der Konsolidierung, mit IAG-LATAM als neustem Beispiel.  Stärker durchgesetzt hat sich das Konzept, eine operative Plattform aufzubauen, unter der verschiedene Airlines mit eigenen AOCs und im Wettbewerb zueinander betrieben werden. Lufthansa, IAG, Air France/KLM, SAS und Ryanair arbeiten inzwischen in dieser Logik. Nachdem in Europa jahrelang nur die großen Low Cost Carrier gute Margen vorweisen konnten, stiegen in 2018 die Yields im innereuropäischen Verkehr generell stark an. Reisen in Europa ist im Trend, und das wird sich in 2019 fortsetzen. Jedoch dürfen die Auswirkungen von Streiks, überlasteten Lufträumen und der schleppende Ausbau der Flughafeninfrastruktur nicht unterschätzt werden. Für die Passagiere war 2018 eine maximale Zumutung. Spannend zu beobachten, ob sich die Situation in 2019 grundlegend verbessert.

8)    Dollar und Fuelpreis machen das Wirtschaften schwer

Der starke Dollar lässt die Kosten für Kerosin, Flugzeuge und Schulden steigen. Was in 2018 weitere Kostensenkungsprogramme und einige Marktaustritte zur Folge hatte. Andererseits profitieren diejenigen Airlines, die die richtigen Angebote für Reisende aus den USA im Programm haben. Hier hilft der starke Dollar. Und europäische Airlines können sich wegen der Schwäche des Euro über zusätzliche Nachfrage aus Japan freuen. Der Fuelpreis stieg bis Oktober auf über 80$ per barrel an, was die Quartalsergebnisse massiv beeinflusste und zudem einige Sorgen über die Jahresergebnisse zur Folge hatte. Spannend bleibt das letzte Quartal. Ein Fuelpreis von nur noch 50$ wird einigen Airlines über den Winter helfen.

9)    Das Geschäftsmodell „Low Cost Longhaul“ fliegt noch nicht

Trotz aller Prognosen und mutiger Entscheidungen ist der Beweis eines wirtschaftlich tragfähigen Geschäftsmodells für Low Cost Langstrecke nicht erbracht. Norwegian steht vor großen Problemen, Konkurrent Primera ist bereits verschwunden, Wow Air steht kurz davor und die Zukunft von Joon im Hause Air France ist ungewiss. Während Virgin Atlantic keine wirtschaftliche Perspektive erkennen kann, stehen auf der anderen Seite IAG, WestJet und Japan Airlines bereit, einen Versuch zu wagen. Es bleibt spannend, welche Kostenvorteile sich aus den Erfahrungen im Kurzstreckenverkehr übertragen lassen.  

andreas w. schulz

Aviation & Tourism Consultant / Aviation Journalist

6 Jahre

Where are the few remaining/surviving regional airlines ? New strategies and co-operations between regional airlines and airports have to be defined in order to keep the business going. Local industries and communities have to be challenged even stronger to secure a sustaining (niche) business, where all parties involved gain a win-win.

Slava Bunescu

Happy Father&Husband, Airline Ground Ops Advisor, Real Estate Investor, Toyota Product Advisor, Financial Life Coach, Traveler

6 Jahre

Sehr gut!

Dr. Gerald Hessenberger

ESG, Credit & Financial Risks Analytics | Data | Modelling

6 Jahre

Super Zusammenfassung!

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