3 Herausforderungen in der Arbeit für wohnungslose Frauen
© Erol Gurian

3 Herausforderungen in der Arbeit für wohnungslose Frauen

Seit mehr als 20 Jahren arbeitet unsere Kollegin Antje Kamradt für das Frauenobdach KARLA 51 in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofs. Seit 2007 ist sie dort als stellvertretende Einrichtungsleiterin tätig. In ihrem Beitrag benennt die Sozialpädagogin drei aktuelle Herausforderungen, die ihr und ihren Kolleginnen tagtäglich bei der Arbeit begegnen.

1. Fachkräftemangel

Ich weiß, man wird es langsam müde zu hören, aber auch bei uns im Frauenobdach ist der Fachkräftemangel spürbar. Für uns im Team ist es wichtig, dass wir eine gute Mischung von Kolleginnen haben, die noch nicht so lange im Beruf sind und solchen, die einfach Erfahrung mitbringen. Gerade gehen immer mehr erfahrene Kolleginnen in den Ruhestand. Es ist aber vor allem schwer, berufserfahrene Mitarbeiterinnen zu gewinnen. Dabei haben wir ein so spannendes, vielfältiges Berufsfeld. Wir haben einen vielschichtigen Beruf, für den es fundiertes Fachwissen braucht, zum Beispiel auch zum Thema Ausländerrecht, da wir viel mit Migration zu tun haben, aber auch zu Rentenfragen oder zum Arbeitslosengeld I und II. Die Kolleginnen, die jetzt in den Ruhestand gehen, waren hier oft von Anfang an tätig und sind gerne geblieben – so wie ich selbst auch. Wir haben aber nicht nur bei den Sozialarbeiterinnen einen Beschäftigungsmangel. Aktuell suchen wir zum Beispiel einen Hausmeister oder eine Hausmeisterin und Hauswirtschafter*innen.

Ich denke, dass es so relativ schwer ist Mitarbeiterinnen zu finden, hängt auch mit unserem kleinen Schichtbetrieb zusammen. Unsere Einrichtung ist rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr geöffnet. Für Frauen mit Familie ist der Früh- oder Spätdienst eben oft nur schwer mit den Kinderbetreuungszeiten zu handeln. Das hören wir öfter in Gesprächen. 

2. Münchner Wohnungsmarkt

Der Münchner Wohnungsmarkt ist sicher nicht nur für unsere Klientinnen eine Herausforderung. Sie haben es aber oft besonders schwer. Viele von ihnen haben lange Zeiten der Wohnungsnot hinter sich. Das legt man nicht so einfach ab. Viele haben gelernt, bei Problemen einfach abzutauchen, zum Beispiel, wenn es Konflikte mit Nachbarn gibt. Selbst wenn sie eine Sozialwohnung bekommen, brauchen sie auch nachdem sie das Frauenobdach verlassen haben eine kontinuierliche Begleitung, die sie unterstützt.

3. „Warum ins Frauenobdach und wohin danach?“

Ich muss aber schon klar sagen, dass wir in München eine wirklich gut funktionierende soziale Struktur haben. Wir schauen ja auch über den Tellerrand hinaus und haben regelmäßig Kontakt zu Kolleg*innen aus anderen Städten. Vieles läuft wirklich sehr, sehr gut, aber natürlich gibt es auch bei uns Versorgungslücken.

Wir haben 55 Plätze und sind immer voll belegt. Es gibt sehr viele unterschiedliche Gründe, warum Frauen zu uns kommen. In Corona-Zeiten hatten wir zum Beispiel Frauen bei uns, die im Ausland gelebt und gearbeitet haben, dort aber wegen der Pandemie keine Perspektive mehr hatten. Bei der Rückkehr nach München hatten sie es schwer eine Wohnung zu finden. Bei uns können die Frauen in der Regel 8 Wochen bleiben. Ziel ist es, die Frauen in dieser Zeit zu stabilisieren und nach einer Möglichkeit zu suchen, wo sie im Anschluss wohnen können. Unsere Aufgabe als Clearingstelle ist auch zu schauen, wo die Gründe für die Obdachlosigkeit liegen und welche Einrichtungen im Anschluss weiterhelfen können. Die meisten unserer Klientinnen sind mit vielen verschiedenen Problemen konfrontiert.

Schwierig wird es zum Beispiel, wenn die Frauen eine chronische psychische Erkrankung haben. Diese Frauen haben zum Beispiel ein besonderes Bedürfnis nach Rückzugsmöglichkeiten und Ruhe. Im vergangenen Jahr hat unsere Einrichtung dazu an einer Studie der Hochschule München teilgenommen. Sie hat gezeigt, dass es hier Versorgungslücken gibt.

Es gibt aber auch weitere Frauen, für die es schwierig wird eine Unterbringung zu finden. Viele Frauenhäuser nehmen Frauen nur dann auf, wenn die Gewalt, vor der die Frauen fliehen vom Ehemann oder Lebenspartner ausgeht. Geht sie jedoch zum Beispiel vom Bruder, Sohn oder von der Schwiegermutter aus, wird es häufig schwer einen Platz für sie zu finden.

Auf diesem Foto sind Patricia Szeiler, Verena Dietl und Antje Kamradt zu sehe, wie sie vor der Eingangstüre vom Frauenobdach KARLA 51 stehen.

Die Herausforderungen in der Wohnungslosenhilfe waren auch beim Besuch von Bürgermeisterin Verena Dietl (Mitte) Thema. Die Sozialdemokratin besuchte das Frauenobdach KARLA 51 im August 2022 und tauschte sich mit Einrichtungsleiterin Patricia Szeiler (l.) und deren Stellvertreterin Antje Kamradt (r.) aus.

Wir haben uns sehr über den Besuch von Frau Dietl gefreut!

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