Agile Coach. Wer. Wie. Was.

Agile Coach. Wer. Wie. Was.

Ich erhalte oft die Frage, wie man eigentlich einen guten Agile Coach findet. Am besten, indem man versteht, um was es sich dreht. Scrum wird hier stellvertretend für agile Frameworks genannt, da es sich an größter Popularität erfreut - zu recht. Ein unterhaltsames Privatissimum.


Grundsätzlich gilt, je mehr Scrum Erfahrung ein Agile Coach hat, desto besser. Sehr überraschend. Bringt dann ein Scrum Zertifikat hier Gewissheit? Vermutlich nicht.

Also, ein erfahrener Scrum Master, welcher vielen Teams gedient hatte, somit auf einen sehr umfangreichen Erfahrungsschatz zurückblicken kann? Vielleicht.

Aber keine Sorge, hier gibt es Antworten. Eventuell.


Wer.

Ein guter Agile Coach ist praxiserfahren in manigfaltigen Projekten, am besten als Berater oder agiler Projektleiter in unterschiedlichsten Unternehmen. Dabei spielt die Größe der Projekte eine untergeordnete Rolle. Referenzen sind ein guter Anhaltspunkt. Am besten man verschafft sich selber einen Eindruck, und das geht nur im persönlichen Gespräch.

Scrum Master oder Product Owner Stationen sollten derer etwa fünf Jahre im CV auftauchen. Chronik overall ist irrelevant. Zertifikate sind Schall und Rauch - Expertise durch Praxis ist der entscheidende Faktor. Kerzengerade CVs mit vielen Zertifikaten sind eher der Nachweis für Dienst nach Vorschrift: Das Scrum Manifesto runterbeten (was man leider oft sieht), ohne den Inhalt begriffen zu haben, bringt dem Team massiven Frust und das säht Unproduktivität

Ein sehr guter Agile Coach lebt stets die Wertekultur von Scrum vor, ist weder forsch noch bestimmend, sondern weitsichtig, geduldig und diplomatisch. Sie oder er baut kein 'Königreich' um ihr/sein Wissen, sondern teilt dieses gerne. Schulungen anhand einfacher Beispiele - jeder soll abgeholt werden, bei jedem Wissensstand. Anfänger bis Profi, Team bis Executive.

Einfühlungs- dabei aber Durchsetzungsvermögend, dementsprechend braucht ein Agile Coach eine sehr hohe soziale Kompetenz.

Die Königsdisziplin eines Agile Coaches ist Demut. Auch ein Meister lernt immer wieder neue Dinge. Man muss nur gut zuhören, sich selber nicht so wichtig nehmen, Selbstironie gibt dem Projektleben Würze.


Wie.

Agiles Arbeiten ist kein Hexenwerk. Im Alltag hat sicherlich jeder (unbewusst) agil gearbeitet. Die Verknüpfung und Erklärung der agilen Methodik mit/anhand dieser täglichen Handlungen muss an Menschen unterschiedlichster Art vermittelt werden.

Sie machen die Hausarbeit, Staubsaugen und wollen die Teller in die Spülmaschine räumen. Nach dem Staubsaugen stellen Sie fest, es wäre einfacher gewesen zu staubsaugen, wenn man nicht die ganze Zeit die Teller in der Hand gehalten hätte - kommende Woche machen Sie es anders.

Scrum bietet dasfür ein wichtiges Tool: das Continuous Improvement schafft eine sehr gute Grundlage um das Projekt und die agilen Werte zu ordnen und die Teams umzuorganisieren,stetig weiterzuentwickeln und das Wissen um agiles Arbeiten zu vertiefen. Ein wenig wie Kaizen.

In der Rolle als Scrum Master, oder ebendiesen unterstützend, zieht sich ein Agile Coach auch Personen einzeln heran und lehrt mit Geduld und Beharrlichkeit die Wertevorstellungen von Scrum: "Was läuft gerade falsch, warum ist das so wichtig: Was bedeuten diese Werte.".

"Wie kann ich Einblicke erhalten? Warum kann ich jenes nicht ändern!" Es ist manchmal nicht leicht dem Top Level Management das "Loslassen und Vertrauen" nahezulegen - aber auch durchzusetzen. Routine und Expertise lassen den Coach souverän die Ruhe bewahren, um jedem den notwendigen Überblick zu verschaffen. Scrum - richtig angewendet - erzielt innerhalb weniger Sprints bemerkenswerte und sichtbare Fortschritte.

Der Coach hat die Grundsätze Beruf und Berufung aufzuzeigen. Die Kreativität und Freiheit des Teams aufzubauen und zu schützen, Selbstverantwortung und Zusammenarbeit zu schaffen, dabei stets die volle Durchsicht zu bieten. Das ist die Crux. Das ist das Ziel. Das bringt Produktivität.


Was.

Um was geht es eigentlich. Scrum ist "einfach machen". Scrum ist das Zerlegen von Aufgaben in kleine Arbeitspakete, adressiert an ein interdisziplinäres Team. Die Pakete werden auf Zeitfenster (ff. Sprint) verteilt und durch einzelne Teammember in Angriff genommen. Jeder hält seine Rolle inne, Teams kann man je Sprint neu besetzen. Veränderungen sind so in kürzester Zeit möglich und auch sehr willkommen. Rasche Entwicklungen, Reaktionsschnelle, kurze Testzyklen, und so weiter.

Nach jedem Sprint setzt man sich zusammen und bespricht in der Retrospektive: "Was lief gut, was kann man verbessern." Diese Herangehensweise liefert sukzessive 'wie mache ich etwas einfacher', 'wie kommen wir schneller und besser voran'. 'Was hält uns ab, was zieht Zeit, was kann weg'. Last but not least 'Wie schaffen wir am besten Mehrwert'. Das Team baut Best Practise auf.


Und was macht der Agile Coach?

Er stellt die dafür notwendige Umgebung sicher. Das Scrum Team arbeitet konzentriert an 'der Sache', ohne störende Einflüsse von Außen. Kein Micromanagement, kein Eingreifen während des Sprints - Kommunikation über die dafür vorgesehenen Kanäle. Respektvoller Umgang, Fürsorgepflicht, Exzellenz. Vertrauen ist die Währung, welche sich ein Agile Coach verdient.

"Also: Analyse, Schulung, Tasktracker, Prozesse, Umsetzung, passt. Und das alles am besten gleichzeitig?". Tatsächlich ist das ein gangbarer Weg. "Einfach drauf los, irgendwer wird es schon richten?". Ja, kann man so machen, man verbessert sich doch stetig. Der erfahrene Agile Coach formt, stabilisiert und fördert das Scrum Team, den Scrum Master und Product Owner, sowie das Verständnis der Stakeholder.


In dieser speziellen Umgebung haben die Teammitglieder die Freiheit ihre Lösungen zu erarbeiten, wie und wann sie es selbst für richtig halten. Aber mit der Freiheit kommt auch die Verantwortung. Eigenverantwortliches Arbeiten bedeutet: aktive Teilhabe am Geschehen, sein Wissen stetig verbessern, Rücksicht auf Schwächen anderer zu nehmen, Respekt gegenüber dem Team und dessen Fehlern beweisen - und Einträge in Kanban zu machen...!

Dazu gehört ebenfalls eine Fehlerkultur zu schaffen. Ich sage immer: "Aus Fehlern lernt man, deswegen macht bitte viele - nur, wer die selben Fehler ständig wiederholt, wird bald mit mir z'ammrauschen.". Auf den Schuldigen mit dem Finger zeigen, das bringt nichts außer Frust und Resignation. Lösungen sollen her. Der Coach sorgt für eine vertrauensvolle und werteschätzende Umgebung.

"Chaos ist nicht weit, wenn jeder tut was er will", deswegen braucht man ein Framework (Scrum) und Tools dazu wie Kanban, und einen sehr erfahrenen dienenden Anführer, der die Spielregeln sehr gewissenhaft sicherstellt und Menschen fördert ihre beste Version von sich zu werden.


Das alles sollte ein Agile Coach in Perfektion beherrschen. Und so kann man einen guten finden. Ganz einfach, oder?



Anhang:

Fragen Sie im Interview, "Warum schützt ein Scrum Master das Team vor äußeren Einflüssen?" (konzentrieren auf die Sache, Vertrauen, Eigenverantwortung), oder,

"Wie schafft ein Agile Coach / Scrum Master Transparenz?" (Review, Fehlerkultur, Respekt, Schulungen),

"Würden Sie zwei Scrum Rollen mit einer Person belegen?" (auf keinen Fall - Interessenskonflikt der Rollen, warum sind zb. Judikative&Exekutive getrennt. Scrum hat nur drei Rollen, warum am falschen Ende sparen).



Ich danke für Ihre Zeit, und hoffe ich konnte Ihnen einen kleinen Einblick verschaffen. In der nächsten Folge lesen Sie: "Das agile Desaster, Naturkatastrophen im Konzern durch Ädschile".

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