Auch für Fachkräfte wird der Umgang mit immer digitaler werdenden Prozessen die größte Herausforderung.

Auch für Fachkräfte wird der Umgang mit immer digitaler werdenden Prozessen die größte Herausforderung.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten HR-Herausforderungen in den kommenden Jahren und wie sind diese anzugehen?


Es sprechen zwar alle schon eine ganze Weile von Digitalisierung im HR, allerdings sieht es in vielen (v.a. kleineren Unternehmen) noch sehr düster aus diesbezüglich. Das Potenzial an Prozessoptimierungen und -beschleunigungen ist immens. Dazu kommt, dass mit dem Aufkommen von leistungsstarken KI-Lösungen zukünftig deutlich mehr Prozesse automatisiert und vernetzt werden können. Wenn HR-Abteilungen den gewohnten Grad an analogen Prozessen auch weiterhin an den Tag legen, fällt HR nicht nur unternehmensintern weiter zurück, sondern gefährdet mittelfristig sogar das gesamte Unternehmen.


Dies zu erkennen und daran zu arbeiten, dürfte mindestens genauso herausfordernd und erfolgskritisch sein, wie die Bewältigung des vielbesagten Arbeitskräftemangels.


Welche Kompetenzen werden Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren für Fachkräfte immer wichtiger werden?


Auch für Fachkräfte wird der Umgang mit immer digitaler werdenden Prozessen die größte Herausforderung. Viel Fachwissen, Expertise und auch Tätigkeiten dürfte vermutlich automatisiert oder KI-unterstützt vorgenommen werden. Daten- und KI-Kompetenzen sind hier absolut hilfreich, um verstehen zu können, das da genau passiert. Die Kompetenz im Umgang mit Veränderungen, Komplexität sowie Selbstorganisation und selbstgesteuertes Lernen stehen ebenso weit oben auf der Liste. Ein gesundes Maß an Resilienz und positiver Grundhaltung schadet sicher dabei ebenfalls nicht. 


An welchen Stellen macht der Einsatz künstlicher Intelligenz am meisten Sinn, um den Rekrutierungsprozess effizienter und zielgerichteter zu gestalten?


Das zieht sich durch den gesamten Recruiting-Prozess. Von der Definition geeigneter Zielgruppen, über deren zielgruppenspezifische Ansprache, Such- und Matching-Algorithmen, bis hin zur Unterstützung der Auswahl sowie automatisierten Vertrags- und Onboarding-Prozessen ist das Potential riesig. Vermutlich steigen HR-Bereiche vergleichsweise „seicht“ ins Thema ein mit KI-unterstützten Verfassen von Stellenanzeigen oder von Personalmarketing-Texten.


Was sollten Unternehmen tun, um die besten Talente zu gewinnen und langfristig an sich zu binden?


Eine Frage, der ich ein ganzes Fachbuch gewidmet habe. Der „Praxisleitfaden erfolgreiche Personalgewinnung für KMU“ versucht genau das auf den Punkt zu bringen bzw. wertvolle Impulse zu liefern. Denn die Antwort ist leider pauschal nicht wirklich seriös möglich. Zum einen sind die Ausgangsvoraussetzungen der Unternehmen komplett unterschiedlich, ebenso deren Ziele, gesuchte Zielgruppen oder Möglichkeiten (finanziell, kapazitär, mit Blick auf die in der Personalgewinnung vorhandene Expertise uvm).


Die Erfolgsformel der Personalgewinnung mal bewusst komplett vereinfacht: das Produkt aus Attraktivität MAL Sichtbarkeit. An beiden Faktoren gilt es im Unternehmen zu arbeiten.


By the way: Ob eine langfristige Bindung zukünftig überhaupt noch im gewohnten Umfang möglich ist, bezweifle ich übrigens stark. Möglicherweise ist es sinnvoller, das „Kommen, Gehen und Wieder-Zurückkommen“ von Mitarbeitenden systematisch zu begleiten und sich darauf einzustellen (Stichwort: Bumerang-Mitarbeitende). Auch das Denken in alternativen vertraglichen Beziehungen hilft – es muss nicht immer die klassische dauerhafte Festanstellung sein.


Welche Maßnahmen oder Rahmenbedingungen sind notwendig, um eine diverse und inklusive Arbeitsumgebung zu schaffen? 


In der Regel ist der wichtige erste Schritt getan, wenn im Unternehmen die Verantwortlichen sowie die Belegschaft generell erkannt haben, dass Diversity und Inclusion die Zukunft sind und sie diesen Zustand auch entsprechend wollen. Operative Maßnahmen lassen sich vergleichsweise schnell finden, wenn die Basis stimmt. Hier wird aus meiner Sicht heute zwar bereits viel geredet, aber auch jede Menge „pink washing“ betrieben.


Wie können Mitarbeiter auf die digitale Transformation und den Einsatz von KI in verschiedenen Geschäftsbereichen vorbereitet werden?


Auch hierzu lassen sich ganze Fachbücher schreiben und Unternehmen setzen vielerorts langfristige Projekte auf, um daran zu arbeiten. Fakt ist, dass wir hier keinesfalls über einen kurzen energieintensiven Sprint sprechen. Das Thema wird uns noch viele Jahre begleiten. Kommunikativ besteht die Herausforderung darin, einerseits ein ausreichend progressives Zukunftsbild zu entwerfen, das handlungsleitend ist – ohne dass dabei über Gebühr Ängste entstehen, die gegenteilige Wirkkräfte entfesseln.


Insofern hilft es, das Thema kommunikativ im Unternehmen in den Alltag zu integrieren, ein attraktives Zielbild (das sicher auch kein finales ist) zu formulieren und Menschen je nach Bedürfnis, in die neue Arbeitswelt zu begleiten.


Allerdings dürfte das aus meiner Sicht nicht mit allen Beteiligten gleichermaßen gut gelingen. Mein Tipp: Die Energien nicht auf die Komplett-Verweigerer richten, sondern lieber mit einer Gruppe von besonders Willigen und Veränderungsfähigen vorangehen, positive Kontaktpunkte und Erlebnisse schaffen und damit das Unternehmen schrittweise in die gewünschte Richtung entwickeln.


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