Bankenbeben – weiter geht es
Der Text basiert auf unserem Schön & Co-Marktupdate vom 19.03.2023. Für die sonntäglich erscheinende aktuelle Ausgabe können Sie sich jederzeit kostenlos und unverbindlich unter info@schoenco.de anmelden.
Bekanntlich schreiben wir das Schön & Co Marktupdate seit 2007 – zunächst als Markt- und Zins-Newsletter, erst 52 Mal im Jahr, dann rund 40 Mal jährlich und seit 2019 in der aktuellen Form als Schön & Co Marktupdate. Form und Umfang haben sich verändert, aber gleichgeblieben ist nach nunmehr fast 16 Jahren das sonntägliche Erscheinungsdatum. Deswegen erinnert dieser Sonntag an einige Sonntage insbesondere im Jahr 2008, als die weltweite Finanzkrise ihren damaligen Höhepunkt erreichte. Meist musste man damals kaum vor 20 Uhr mit dem Zusammenführen der Informationen zu dem eigentlichen Text beginnen, weil entweder weitere Kreditinstitute zusammenbrachen oder neue Rettungsversprechungen bekannt wurden. So erinnert der heutige Sonntag an diese Zeit. Schließlich hat um 19 Uhr 30 die schweizerische Regierung informiert, dass mit der UBS die größte Bank dort das zweitgrößte Kreditinstitut der Schweiz übernehmen wird. Die Übernahme der Credit Suisse ist aber eine Übernahme oder gar Fusion im engeren Sinne; es ist eine Bankenrettung wie im Jahr 2008. Der einzige Unterschied ist: Jetzt sind die Summen einfach größer. Während die heute als Retter benötigte UBS 2008 noch mit rund 60 Mrd. Euro von der Schweizerischen Nationalbank gerettet werden musste, hat die Credit Suisse in der vergangenen Woche bereits mehr als 50 Mrd. Euro bekommen und nun stellt die Zentralbank in der Schweiz eine weitere Kreditlinie über rund 100 Mrd. Euro für die UBS zur Verfügung. Dafür rückt die Bank von ihrer Forderung ab, bei einem starken Anstieg der eigenen Kreditausfallprämien von dem Kauf zurücktreten zu können. Auch hier scheint man aus der Finanzkrise 2008 gelernt zu haben: Die Kreditausfallprämien sind der Seismograf für das Vertrauen an den Kapitalmärkten. Steigen diese Prämien nun bei der UBS, nimmt das Risiko eines „Flächenbrandes“ zu. Nun gibt man der Bank allerdings so viel Geld, dass die Risikoaufschläge durch den Rückkauf von Anleihen wieder reduziert werden können. Damit hat sich zwar faktisch nichts verändert. Die Schulden bestehen weiterhin – nur nicht am Kapitalmarkt, sondern gegenüber der Notenbank, was aber „optisch“ besser aussieht und eine Sicherheit suggeriert, die nicht vorhanden ist. Man hat also kein Risikomanagement aus der Finanzkrise 2008 gelernt, sondern stellt nur sicher, dass man die Risiken besser versteckt. In den vergangenen Jahren war das „beste Versteck“ eine Flutung der Märkte mit Liquidität. Genau diesen Schritt geht man nun wieder. Neben der Schweiz hat die US-Notenbank bereits jetzt 20% mehr kurzfristige Liquidität an die US-Kreditinstitute gegeben als auf dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise. Allein die Hilfsgelder der vergangenen Woche haben den Abbau der Bilanz der US-Notenbank gestoppt. Das Geschäftsvolumen erreichte einen neuen Rekordwert.
Damit hat sich – mindestens temporär – die Reduzierung der Geldmenge in den USA auch erledigt. Geld bleibt kein knappes Gut; es wurde nur von den Notenbanken über die Maßen verteuert. Dieser Trend kehrt gerade um und wurde – wieder einmal – von der EZB „verpennt“. Mit dem Zinsschritt von 50 Basispunkten am vergangenen Donnerstag hat sich die europäische Notenbank wieder für den falschen Weg entschieden. Dies zeigten auch die Marktzinsen, die teilweise deutlich gefallen sind. Dazu trägt natürlich bei, dass es eine Fluchtbewegung aus bestimmten Risikopapieren gegeben hat. Dabei ist der deutsche Leitindex DAX schwer unter die Räder gekommen. In Folge des Crashs bei Finanzwerten hat der Index im Wochenvergleich über 4% eingebüßt. Vielleicht hat dazu beigetragen, dass die Entwicklungen um die Silicon Valley Bank, Signature Bank und nicht zuletzt die Credit Suisse zeigen, dass Aktien nicht automatisch ein sicherer Hafen sind. So werden die Aktionäre der zweitgrößten schweizerischen Bank pro Aktie noch ca. 0,5 Schweizer Franken bekommen. Das ist rund ¼ vom letzten gehandelten Kurs und entspricht einem Totalverlust für Anleger, die vor drei Jahren oder früher investiert hatten. Als wäre dies nicht schlimm genug, wird es das Geld nicht „bar“ geben, sondern in Form von UBS-Aktien, die in den nächsten Tagen eher fallen als steigen dürften. Trotz aller Beteuerungen in der Pressekonferenz zu der Übernahme ist diese Transaktion für die UBS, die Schweiz und die globale Finanzstabilität schlecht. Zwar ist der Kaufpreis von 2 Mrd. US-Dollar sensationell günstig, wenn man sieht, dass allein die deutsche Tochtergesellschaft der Credit Suisse rund 1 Mrd. Euro Eigenkapital hat, aber die Risiken im Kreditportfolio sind so immens, dass für alle Beteiligten eine staatliche Abwicklung wesentlich besser gewesen wäre. Vor dieser Rettung schreckt man aber zurück, weil dann der Narrativ eines stärkeren Finanzsektors nach der Finanzkrise nicht aufrecht zu halten gewesen wäre. Spannend wird nun zu beobachten sein, wie neben den Aktionären auch Anleihegläubiger der Credit Suisse beteiligt werden sollen. In jedem Fall sehen wir unsere Einschätzung bestätigt, Positionen bei Kreditinstituten so niedrig wie möglich zu halten. Aktien und Anleihen von Kreditinstituten sollte man nicht haben, weil man allein durch den Zahlungsverkehr schon von Banken und Sparkassen abhängig ist. Die „Finanzkrise 2.0“ zeigt aber wieder, wie schnell sich der Fokus an den Kapitalmärkten verschiebt. Krieg in der Ukraine, Inflation, Leitzinsen – dies spielt alles keine Rolle mehr, wenn ein neues Thema interessanter oder relevanter erscheint.
Inzwischen sind die Kapitalmärkte wie Jugendliche. Die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne ist extrem kurz, was nicht für die Qualität von Entwicklungen spricht. Dabei erleben wir derzeit wirklich historische Zeiten. So schnell war die Krisenquote noch nie. Umso wichtiger ist verlässliches und nachhaltiges Agieren. Neben unserer jahrzehntelangen Expertise ist unser Schwerpunkt auf der Zinsseite ein wesentlicher Vorteil. So stellen wir sicher, dass – entsprechende Bonität des Anleihemittenten vorausgesetzt – die Anleihen zu 100% zurückgezahlt werden und laufende Renditen von teilweise bis zu 7% p. a. erzielt werden.
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Bei diesen Renditen können vielfach Aktien bei Weitem nicht mithalten. Aber spätestens seit der US-Präsidentschaft Donald Trumps bzw. der Regierungsbeteiligung der Grünen in Deutschland gilt, dass eine einfache Lüge besser als die komplizierte Wahrheit ist. Dies ermöglicht die einfache Lüge der „Alternativlosigkeit von Aktien“, während die „komplizierte“ Wahrheit ist, dass Anleihen letztlich sicherer und rentabler, aber eben auch schwieriger zu erklären sind. Deswegen sind Aktien als Beimischung sinnvoll, aber im aktuellen Umfeld sollte man darauf nicht ausschließlich abstellen, weil unsere Einschätzung ist, dass die Bankenkrise nicht zu Ende ist, sondern gerade erst beginnt.
Dann dürfte sich die relative Schwäche des Schweizer Franken fortsetzen, aber auch die Wahrnehmung des US-Dollars als sicherer Hafen wird leiden. Hier geht es weniger um Fragen der Leistungsfähigkeit, sondern um die „Enttäuschung“ einer u. E. nicht erfolgenden Zinserhöhung in der vor uns liegenden Handelswoche durch die US-Notenbank. Entsprechend dürfte der Euro die positive Entwicklung der letzten Tage fortschreiben, weil alle anderen Währungen aus anderen Gründen stärker unter Druck bleiben. Es ist also nicht eine Position der Stärke der Gemeinschaftswährung, sondern alle anderen Währungen sind derzeit aus unterschiedlichen Gründen noch schwächer.
Hierzu trägt sicherlich auch die Entwicklung des Ölpreises bei, der in einer Woche 10% an Wert verloren hat. Die Energiepreise noch für die Inflation heranzuziehen, ist daher unsinnig. Sehr schnell werden die Basiseffekte sichtbar sein, so dass es sinnvoller ist, Edelmetalle wie Platin oder insbesondere Silber zu haben, bei denen auch ein industrieller Verwendungszweck gegeben ist. Schließlich konnte das von uns favorisierte Silber in der hinter uns liegenden Handelswoche mehr fast 10% hinzugewinnen und zeigt damit, dass sich Substanz irgendwann immer auszahlt. Deswegen sind moderate Umschichtungen in Platin aktuell interessant.