Loch im Rumpf: Können die Banken ihre Geldlecks stopfen?

Loch im Rumpf: Können die Banken ihre Geldlecks stopfen?

Seit Mitte März erleben viele amerikanische Banken einen Rekordabfluss von Einlagen. Ausgelöst wurde die Liquiditätskrise durch den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und der Signature Bank, zwei der größten Bankenpleiten seit der Finanzkrise, die das Bankensystem erschüttert und die Sparer verunsichert haben. Fast zeitgleich erfolgte die Zwangsübernahme der Schweizer Traditionsbank Credit Suisse durch den Erzrivalen UBS, nachdem der Aktienkurs der Credit Suisse zuvor kontinuierlich gefallen war. Für die Banken in den USA bedeutete dies eine große Gefahr weiterer Kontenschließungen. Denn wenn das Vertrauen der Kunden verloren geht, besteht das Risiko, dass die Banken nicht in der Lage sind, den raschen Abfluss von Geldern von den Konten zu stoppen. Ein Monat später – wo stehen wir nun?

Die zunehmende Besorgnis der Anleger über die aktuelle Lage im Bankensektor hat die schwierige Situation vieler Banken offengelegt. Die positiv ansteigende Renditenkurve, die die Grundlage eines funktionierenden Bankensektors darstellt, ist seit Herbst 2022 verschwunden. Eine inverse Zinskurve bedeutet für die Banken, dass sie weniger Geld für langfristige Kredite einnehmen können, als sie ihren Kunden für kurzfristige Einlagen anbieten müssen. Langfristig kann unter solchen Bedingungen keine Bank überleben.

Innerhalb eines Monats haben wir
eine Achterbahnfahrt von Inflationsrisiken hin zu Risiken
für die Finanzstabilität erlebt,
und sind nun wieder zurück im Rennen. “
Illia Galka

Auf dem Geldmarkt kann man mit einer einjährigen Rendite von ca. 4,5 % in den USA und ca. 3 % in Deutschland rechnen. Dies ist für viele Anleger verlockend, insbesondere angesichts der derzeit niedrigen Zinsen auf Sparkonten. Der Wechsel vom Sparkonto zur Anlage in ein Geldmarktinstrument ist unter diesen Umständen mehr als nachvollziehbar. Auf der anderen Seite können viele traditionelle Banken angesichts der derzeit niedrigen Durchschnittsverzinsung von 0,39 % auf Sparkonten in den USA nicht ernsthaft dagegenhalten. Druck kommt auch von der aufstrebenden Konkurrenz. Der amerikanische Technologieriese Apple, der sein Angebot an Finanzdienstleistungen sukzessive ausbaut, hat kürzlich ein Sparkonto mit einer Rendite von 4,15 % vorgestellt

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Grafik 1: Geldmarktrendite vs Zinssätze auf Sparkonten Quelle: Bloomberg

Nach Angaben der Zentralbank Fed sind die Einlagen bei US-Banken seit März 2023 um 397 Milliarden US-Dollar zurückgegangen. Der größte Teil, 225 Milliarden, wurde von kleineren Regionalbanken abgezogen, während die Großbanken rund 172 Milliarden verloren. Als ersten Stopfen für das entstandene Leck stellte die Fed über 400 Milliarden an Liquidität für angeschlagene Banken zur Verfügung. Betrachtet man die einzelnen Unternehmen genauer, so sind die Abflüsse ungleich verteilt. Einerseits erlebten einige Geldhäuser einen erheblichen Einlagenabfluss. Von den Banken, die ihre Quartalszahlen bereits vorgelegt haben, mussten Charles Schwab einen Einlagenrückgang von 11 % hinnehmen, State Street von 5 % und M&T Bank von 3 %. Die First Republik Bank verlor 35,5 % ihrer Kundeneinlagen und muss nun ihre Aktiva drastisch reduzieren: Die Bank prüft aktuell den Verkauf von Vermögenswerten in Höhe von 50 bis 100 Milliarden US-Dollar sowie die Entlassung von bis zu 25 % der Angestellten. Weitere Abflüsse werden auch im zweiten Quartal erwartet. Andererseits meldeten JPMorgan Chase und Citigroup im März und April Zuflüsse und machten dafür die Branchenturbulenzen verantwortlich. Offenbar fließen die Geldströme nicht nur nach außen, sondern einige Banken können auch von ihren angeschlagenen Mitbewerbern profitieren.

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Grafik 2: Kundeneilagen bei kleinen und großen US-Banken, Milliarden Quelle: Board of Governors of the Federal Reserve System (US)

Die jüngsten Daten für den Monat April lieferten ebenfalls positive Signale, da die Einlagen kleiner amerikanischer Banken wieder zu wachsen begannen. Betrachtet man die amerikanischen Aktienindizes, so scheint es, als hätte es die Krise, die noch vor einem Monat die Märkte erschütterte, nie gegeben. Auch die Renditen am längeren Ende der Kurve haben sich nach oben bewegt. Innerhalb eines Monats haben wir eine Achterbahnfahrt von Inflationsrisiken hin zu Risiken für die Finanzstabilität erlebt, und sind nun wieder zurück im Rennen. Ein Monat ist jedoch ein kurzer Zeitraum, und auch wenn sich die Stimmung etwas verbessert hat, reicht schon ein kleines, unerwartetes Ereignis aus, um das Loch im Rumpf der Banken wieder aufreißen zu lassen - und die darauf folgenden Gegenmaßnahmen müssen sehr viel größer ausfallen.

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Author : Illia Galka, Portfoliomanager bei ETHENEA Independent Investors.

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