Chancenintelligenz: Was ein einfacher Apfelkauf über Unternehmenserfolg offenbart
Liebe Unternehmer, CEOs und Führungskräfte, stellt Euch vor, Ihr könntet Euer Unternehmen mit einer Fähigkeit revolutionieren, die so einfach und doch so mächtig ist, dass sie den Unterschied zwischen Mittelmäßigkeit und außergewöhnlichem Erfolg ausmacht. Diese Fähigkeit nenne ich "Chancenintelligenz". Es ist die Kunst, über den Tellerrand hinauszuschauen, den Status Quo in Frage zu stellen und in jeder Aufgabe eine Gelegenheit zu sehen, sich zu übertreffen.
Die Geschichte von Tim und Tom
Lasst mich diese Idee mit einer Geschichte veranschaulichen, die ich aus einem Buch von Peter Kreuz und Anja Förster entlehnt habe:
Tom, ein junger Mann, bewarb sich erfolgreich bei einer angesehenen Firma und erhielt eine Einstiegsposition. Doch sein Ehrgeiz war entfacht – er strebte nach Höherem: einem besser bezahlten Job mit mehr Verantwortung. Um dieses Ziel zu erreichen, gab er alles. Er erledigte seine Aufgaben mit großer Sorgfalt, kam frühmorgens ins Büro und blieb oft bis spät in den Abend, um seinem Chef zu zeigen, wie ernst es ihm war.
Nach vier Jahren bot sich die Gelegenheit: Eine Führungsposition wurde frei. Doch zu Toms Entsetzen ging die Stelle an einen Kollegen, der erst seit sechs Monaten im Unternehmen war. Tom, tief verärgert, verlangte eine Erklärung von seinem Chef.
Eine Lektion in Chancenintelligenz
„Bevor ich antworte, könntest du mir einen Gefallen tun?“, fragte der Chef. „Natürlich“, erwiderte Tom. „Könntest du mir ein paar Äpfel kaufen? Meine Frau bat mich, welche mitzubringen.“
Tom nickte, ging zum nächsten Supermarkt und kehrte mit einer Tüte Äpfel zurück. „Welche Sorte Äpfel hast du gekauft?“, fragte der Chef, als Tom ihm die Tüte reichte. „Ich bin mir nicht sicher, irgendwelche“, antwortete Tom verwirrt. „Sie sagten nur, ich solle Äpfel kaufen, und hier sind sie.“ „Und wie viel haben sie gekostet?“ „Das habe ich nicht beachtet. Sie gaben mir 30 Euro, hier sind der Kassenzettel und das Wechselgeld.“
„Danke, Tom“, sagte der Chef. „Setz dich bitte, ich möchte dir etwas erklären.“
Dann rief der Chef den beförderten Mitarbeiter an: „Hallo Tim, könntest du mir einen Gefallen tun und ein paar Äpfel kaufen? Meine Frau braucht sie.“ Als Tim wenig später mit den Äpfeln zurückkehrte, fragte der Chef: „Welche Sorte hast du gekauft?“
Tim zeigt Chancenintelligenz
„Ich war auf dem Wochenmarkt“, erklärte Tim. „Dort gab es viele Sorten: Granny Smith, Cox Orange, Boskop, Gala, Elstar, Golden Delicious und weitere. Ich war unsicher, welche ich nehmen sollte, aber dann erinnerte ich mich, dass Ihre Frau die Äpfel braucht. Also rief ich sie an. Sie sagte, sie wolle frisches Apfelmus für einen Kindergeburtstag machen. Ich fragte den Händler, welche Sorte sich am besten für Apfelmus eignet. Er empfahl Boskop wegen ihres aromatischen und leicht säuerlichen Geschmacks. Die habe ich dann genommen.“
„Und der Preis?“ „Das war die andere Frage. Ich wusste nicht, wie viele ich kaufen sollte. Also rief ich Ihre Frau noch einmal an und fragte, wie viel Apfelmus sie machen möchte. Sie war sich nicht sicher, sagte aber, es müsse für 25 Kinder und deren Kartoffelpuffer reichen. Der Händler war zunächst ratlos, konsultierte dann aber seine Mutter. Sie riet zu 5 Kilo Äpfeln und gab mir eine extra Quittung über die 16,90 Euro.“
„Vielen Dank“, sagte der Chef. „Das war's.“
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„Ach ja“, fügte Tim hinzu, als er sich an der Tür umdrehte, „in der Tüte finden Sie auch eine Zitrone. Ein Tipp der Mutter des Händlers: Der Zitronensaft verhindert, dass das Apfelmus braun wird.“
„Danke!“, sagte der Chef erneut und wandte sich dann Tom zu, der aufgestanden war und mit gesenkten Schultern sagte: „Jetzt verstehe ich, was Sie mir sagen wollen.“
Die Bedeutung von Chancenintelligenz
Die Lösung der scheinbar banalen Aufgabe, Äpfel zu kaufen, offenbart viel über die Kraft der Chancenintelligenz.
Tom, der fleißige, aber konventionelle Mitarbeiter, erledigt die Aufgabe ohne großes Nachdenken. Er kauft einfach Äpfel – irgendwelche Äpfel. Tim hingegen, ausgestattet mit Chancenintelligenz, verwandelt diese einfache Aufgabe in eine außergewöhnliche Leistung. Er wählt die Äpfel sorgfältig aus, denkt an den Zweck – Apfelmus für einen Kindergeburtstag – und bringt sogar eine Zitrone mit, um das Mus vor dem Braunwerden zu schützen.
Was hat Tim anders gemacht? Er hat nicht nur die Aufgabe erledigt, sondern sie als Chance genutzt, um zu glänzen. Er hat sich in die Situation hineinversetzt, Fragen gestellt, recherchiert und über den Tellerrand hinausgedacht.
Chancenintelligenz als Unternehmenskultur
Nun, liebe Führungskräfte, stellt Euch vor, Euer Unternehmen wäre voll von Mitarbeitern wie Tim. Menschen, die jede Aufgabe als Chance sehen, etwas Außergewöhnliches zu leisten. Das ist der Schlüssel zu Innovation und Erfolg. Es geht nicht darum, einfach nur die Arbeit zu erledigen. Es geht darum, Chancen zu erkennen und zu ergreifen, wo andere nur Routine sehen.
Die gute Nachricht ist, dass Chancenintelligenz gefördert werden kann. Es beginnt mit einer Kultur, die Neugier, kritisches Denken und die Bereitschaft, Risiken einzugehen, belohnt. Schafft eine Umgebung, in der Mitarbeiter ermutigt werden, über den Status Quo hinauszudenken und aktiv nach Verbesserungen zu suchen.
Es liegt an Euch, liebe Führungskräfte, diese Kultur zu fördern. Ermutigt Eure Mitarbeiter, wie Tim zu denken und zu handeln. Belohnt Kreativität und Initiative. Macht ihnen klar, dass es in Ordnung ist, Fragen zu stellen und neue Wege zu gehen. Denn am Ende des Tages sind es die Tims in Eurem Unternehmen, die den Unterschied ausmachen werden.
Mit chancenintelligenten Grüßen,
Euer Kai
P.S.: Vergesst nicht, manchmal kann selbst ein einfacher Apfelkauf der Beginn von etwas Großem sein!
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1 JahrIch liebe solche Parabel. DANKE für´s Teilen. Chancenintelligenz ist ja schon fasst so etwas wie eine "Super-Kompetenz". Deine Story zeigt uns auf, wie dies im simplen Kontext zu einem perfekten Ergebnis führt. Meine Erfahrung nach muss diese Kompetenz bei vielen Menschen reanimiert oder antrainiert werden, da in nicht wenigen Organisationen die Chancenintelligenz in den letzten Jahren/Jahrzehnten nicht gefordert war. Insofern auch der Appell an die Führungskräfte, Leader:innen "Chancenintelligenz ist trainierbar", z.B. durch Delegationsmodelle wie GROW etc. Seien Sie Rollenmodell und klar in der Kommunikation der Erwartungen und nicht erst wenn personelle Entscheidungen getroffen wurden.
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1 JahrHallo lieber Kai-Owe Kuhlmann, eine wunderbare Geschichte mit so viel Power und einer simplen und so effektiven Lehre. Vielen Dank fürs Teilen! 🙏