China der Investoren 2021: Das globale China der Investoren—China Aktien verstehen, China Aktien besitzen
China der Investoren: Wachstum, Wachstum, Wachstum. Die kommunistisch-kapitalistische Volkswirtschaft ist auf Kurs, die USA noch bis Ende des Jahrzehnts als größte Volkswirtschaft der Welt abzulösen. Mit der im Vergleich zu den USA vierfachen Bevölkerung von 1,4 Mrd. hungrigen Menschen plus rasantem Wohlstandsaufbau pro Person ist das realistisch.
Durch harte Arbeit und eine streng administrierte Republik hat China die westlichen Länder in vielen Technologien bereits überholt: 5G-Netzwerke, Elektroautos, soziale Netzwerke, Online-Bezahlung, Gaming, Livestreaming, Halbleiter, künstliche Intelligenz und natürlich Überwachungstechnik. Als globale Investoren müssen wir uns jetzt positionieren: Ist das Traum oder Realität? Nachhaltig oder eine Blasenökonomie?
Ich bin seit 2016 regelmäßig mehrere Monate in China, habe dort in Peking als Student gelebt sowie studiert und vor Ort natürlich viele Unternehmen analysiert, Manager befragt und die Produkte alle selbst genutzt. Mit dieser China-Analyse will ich mehr fundiertes Chinaverständnis und -wissen für die deutsche Aktionärskultur bereitstellen.
Vorab: in China sind die Zahlen immer gigantisch
Mit 1,4 Milliarden Einwohnern hat China mehr Einwohner als Nordamerika (USA: 330 Mio., Kanada: 37 Mio.) und die EU (450 Mio.) zusammen. Und noch relevanter: Es gibt nur ein System. Eine konsequente Regierung. Während sich EU-Länder und USA gerne um Kleinigkeiten streiten. Daher: Bitte betrachtet alle China-Zahlen immer im relativen Vergleich zur eigenen Vergangenheit oder den westlichen Ländern. Viele Medien werben gerne mit riesigen Zahlen, wenngleich diese im chinesischen Kontext tatsächlich oft winzig sind.
Was ist in China anders?
Staatsunternehmen. Staatsunternehmen haben einen erheblichen wirtschaftlichen Einfluss. Mehr als 40 % des Bruttoinlandsproduktes und 60 % der Arbeitnehmer sind von Staatsunternehmen zu verantworten. Das liegt vor allem an den einflussreichen Banken und Immobilienfirmen, die in schnell wachsenden (Schwellen-)Ländern besonders profitieren.
Wachstum. Mit 1,4 Mrd. Menschen und einem Bruttoinlandsprodukt von 14 Bio. USD ist China nach Amerika (21 Bio. USD) die zweitgrößte Wirtschaft der Welt. Noch wichtiger: China ist die am schnellsten wachsende Großwirtschaft der Welt, mit einem durchschnittlichen Wachstum von ca. 9,5 % seit 1990. Zumindest wenn man den chinesischen Zahlen trauen darf.
Überschätzte Wachstumszahlen. Die meisten Experten schätzen, dass das tatsächliche Wachstum eher bei 5-7 % liegt, womit China immer noch Wachstumsmeister unter den 10 größten Volkswirtschaften wäre. In der Vergangenheit gab es einige Fälle, bei der einzelne Kantone (ähnlich wie Bundesländer) ihr Wachstum und ihre eigenen Einnahmen um 20 – 50 % zu hoch angaben. Der für die Wirtschaft verantwortliche Premierminister Li Keqiang behauptete in einer geheimen Akte, dass er selbst die Zahlen nur als „ganz, ganz groben Richtwert“ sehen würde. Das stimmt, denn die Zahlen unterliegen auch in Deutschland einer starken Messungenauigkeit und Schattenwirtschaft (besonders im Einzelhandel, Restaurants und bei Geschäften, die „aus Prinzip“ nur Bargeld annehmen). Ihr wisst, was ich meine.
Langfristige Ziele der Partei
1. Ein mittelwohlhabendes Land bis 2021 werden. Das haben sie mit einem Durchschnittseinkommen von 12.000 USD pro Jahr erreicht.
2. Ein entwickeltes Land zum Jahrestag 2049 werden. Das wäre exakt 100 Jahre nach Gründung der Kommunistischen Volkspartei Chinas. Dieses Ziel wird nur mit einer erfolgreichen Road-and-Belt Initiative gelingen können.
Gemeinsamkeiten: Investieren in USA und in China
China hat eine starke Arbeitsmoral: Hartes Arbeiten, ständige Weiterbildung und der Aufbau von Wohlstand sind der Grundpfeiler der sozialistischen Kernwerte Chinas. Die Familie steht im Mittelpunkt. Und der Wohlstand der Familie. Für Kinder werden ohne zu zögern 100.000e EUR ausgegeben. Sie werden an US-Eliteunis geschickt. Auch in Amerika herrscht eine starke Kultur des Arbeitens. Man will sich ständig verbessern. Das finde ich sehr positiv.
China ist kapitalistisch und liberal: Aus meiner Sicht ist China eines der kapitalistischsten Länder der Welt. Jeder versucht, seinen Wohlstand zu mehren. Geschäftspartner findet man leicht, wenn man einen Mehrwert bietet. Obwohl der Staat eingreifen kann, tut er dies im operativen Geschäft sehr, sehr selten. Unternehmen können sehr frei handeln, solange sie nicht gegen die Volkspartei hetzen.
Zum Beispiel: Wer ein Restaurant aufmachen will, kann das in wenigen Tagen und ohne Kapital machen. Er braucht keine Sicherheitsvorschriften, Gesundheitsvorschriften, Herkunftsbezeichnungen, Sauberkeitsrichtlinien, Brandschutz, Toiletten, Ruhezeiten, Freiflächen, Raucherzonen, Alkohollizenz und was es noch für intelligente Dinge in Deutschland gibt, einhalten. In Deutschland ist dies ein langwieriger und kapitalintensiver Prozess, der geringen Mehrwert schafft und hunderte Beamtenjobs blockiert, die anderswo mehr Mehrwert schaffen könnten.
Ich sehe das in China daher als sehr positiv. Wem es nicht schmeckt oder wer Durchfall vom Essen bekommt, der kommt sowieso nicht wieder Es spricht sich schnell herum. Online-Bewertungen werden negativ und das Restaurant ist nach wenigen Wochen pleite. Der Markt regelt sich selbst. Ich denke, beide Länder sind hier Extreme und wahrscheinlich ist etwas in der Mitte das Richtige.
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Klarer Plan: Die neue Seidenstraße sichert das Wachstum der kommenden 30 Jahre
一带一路: Chinas Road-And-Belt-Initiative sichert das Wachstum der chinesischen Wirtschaft für die nächsten 30 Jahre. China wird zum globalen Handelszentrum. In Asien ist es das bereits. So weit denkt man hier voraus. Es wird die grundlegende Infrastruktur geschaffen, um China weltweit tief zu verwurzeln. Chinesische Unternehmer haben die Möglichkeit, chinesische Produkte in hunderte umliegende Länder zu exportieren. Dafür werden Seehäfen, Flughäfen, Eisenbahnen und Straßennetze geschaffen. China errichtet diese Infrastruktur und besitzt sie zu großen Teilen.
Die Road and Belt Initiative, auch die Neue Seidenstraße genannt, ist das größte Infrastrukturvorhaben der Neugeschichte. Es wurde 2013 gegründet und soll bis 2049 gebaut werden. China leiht verzinstes Geld an andere Länder. Mit dem Geld muss Infrastruktur investiert werden, die hauptsächlich von einem chinesischen Unternehmen gebaut wird. Auffällig ist, dass die Kredite an tendenziell illiquide und fragile Entwicklungsländer gegeben werden, die selbst von internationalen und vorrangig wohltätig agierenden Organisationen wie etwa der World Bank keine Kredite erhalten haben.
Wenn das Land den Kredit nicht zurückzahlen kann, dann erhält China komplette Kontrolle über die Infrastruktur und das Land. Das ist bereits mit den Seehäfen in Pakistan und Sri Lanka geschehen, die nun unter chinesischer Flagge geführt werden. Die Details sind natürlich bei jedem Infrastruktur-Projekt leicht anders.
Die ROB ist insgesamt relativ „geheim“. Es gibt kaum offizielle Informationen zu den Zielen und Zahlen der Initiative, lediglich Experten- und Insiderschätzungen. Es sollen ca 80 Länder Teil der Initiative sein, die 65 % der Weltbevölkerung und 35 % der Weltwirtschaft ausmachen. China will zwischen 1 und 8 Billionen investieren.
Das Netzwerk spannt sich hauptsächlich über Südostasien, Afrika und Osteuropa. Also tendenziell eher Entwicklungs- und Schwellenländer. Von den wichtigen Konsummärkten Deutschland, England, Frankreich, Australien, Kanada und USA ist kein einziges angeschlossen. China rechnet damit, ein Netto-Importeur aus den Entwicklungsländern zu sein, vermutlich geht es dabei um Energie. Denn die 80 Länder decken auch 75 % der weltweiten Energiequellen ab, insbesondere Öl, Gas und Seltene Erden.
China öffnet sich immer mehr dem weltoffenen Handel. Kürzlich, im November 2020, wurde auch die RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership) Freihandelszone geschaffen. China ist damit Teilnehmer der größten Freihandelszone der Welt, die sich über ganz Asien erstreckt. Zoll- und steuerfreier Handel innerhalb der Zone unter den Ländern.
Gebaut werden Autobahnen, Eisenbahnen, Seehäfen, aber auch Öl- und Gaspipelines. Meine These ist weiterhin, dass es in erster Linie um den Import von Energie geht. Chinas nationales Ziel ist es, bis 2049 ein vollwertig entwickeltes Land zu werden. Der Energiebedarf der Bevölkerung wird sich etwa verdreifachen (verglichen mit Energie pro Kopf in den USA), welchen das Land nicht alleine stemmen kann.
Das wirtschaftliche Zentrum der Erde wird in den nächsten 30 Jahren von den USA nach China schwanken, so wie es im vorigen Jahrhundert von England nach USA geschwankt ist. England ist immer noch relevant, aber hat international eine deutlich geringere Bedeutung.
Mein Fazit: China steht erst noch am Anfang
Geschichte. China ist ein Land mit stolzer Geschichte. Vielmals in den letzten 2000 Jahren war China weltweit führend: technologisch und militärisch. In China herrscht seit vielen Jahrzehnten ein neuer Aufschwungsgeist, ein Wirtschaftswunder, wieder die führende Wirtschaftsnation der Welt zu werden.
Makroökonomie. Chinas Bevölkerung stagniert bei 1,4 Mrd. — aber das Einkommen pro Person steigt massiv. Aktuell liegt es bei 12.000 USD pro Jahr. Es wird erwartet, dass dieses sich in den kommenden 40 Jahren nochmal verdrei- oder vervierfachen wird. Und China ab 2050 damit zu einem entwickelten Land zählt. Für uns Investoren ist das die Chance, vom Aufstieg Chinas zu profitieren. Das BIP-Wachstum liegt konstant bei 6 % und mehr. Chinesen lieben es, in Immobilien zu investieren. Aktien gelten als Spekulation, auch wenn Warren Buffett zunehmend bekannter wird. Innerhalb Chinas herrscht eine kapitalistische Marktwirtschaft: privater Besitz, der garantiert wird.
Politik. Es regiert das Einparteiensystem unter Xi Jinping. Die Regierung denkt und handelt langfristig. Ein 50-Jahresplan wurde vorgelegt, um China zur #1 Wirtschaftsmacht (auch vor den USA) zu gestalten. Innerhalb der Partei gibt es eine strikte, rationale Demokratie: Die besten Ideen gewinnen. Streitigkeiten und Populismus innerhalb verschiedener Parteien gibt es nicht. Man löst die Konflikte rational und versucht, die besten Lösungen für das eigene Land zu finden. China sieht in der eigenen Regierungsform eine extreme Stärke: langfristiges, ganzheitliches, rationales Denken. Nicht in 4-Jahres-Zyklen. Unternehmen in Zukunftsbranchen wie Software, AI und Cloud werden gefördert und müssen in den ersten Jahren keine Steuern bezahlen.
Kern-Industrien. Die wichtigsten Branchen in China sind aktuell Technologie (Alibaba, Tencent, JD, Baidu, …), Immobilien (Evergrande, Country Garden, …), Banken (ICBC, Bank of China, China Construction Bank) und Mobilität (BYD, NIO, Geely, …).
Privatanleger in China. Um Bilanzfälschungsrisiken zu vermeiden, halte ich mich nur an die wertvollsten Firmen Chinas (Marktkapitalisierung) und stelle sicher, dass das Unternehmen von einem westlichen Wirtschaftsprüfer unabhängig geprüft wurde. ADRs sind den Aktien in Hongkong vorzuziehen, weil diese i.d.R. liquider handelbar und dadurch günstiger sowie schneller kauf- und verkaufbar sind. Ein „ADR Risiko“ gibt es eher in den USA als in China: ADRs werden nur von der New Yorker Börse genommen, nur wenn die US-Regierung dies verbietet.
Vier asiatische Tiger. Hongkong, Taiwan, Südkorea, Singapur gelten als die „vier Tigerstaaten“ Asiens, die in den letzten 50 Jahren besonders schnell gewachsen sind. Alle vier gelten als entwickelte Länder und haben durchschnittliche Jahreseinkommen über 50.000 USD. Alle vier haben eigene Börsenplätze. Singapur habe ich sogar einer eigenen Marktstudie gewidmet.
Perspektive. Für mich bleibt China einer der spannendsten Börsenplätze der Welt. Ich werde auch in den kommenden Jahren wieder regelmäßig nach China reisen, sobald dies möglich ist. Die langfristige Perspektive der Regierung, die kapitalistische Marktwirtschaft und das kontinuierliche Wachstum beeindrucken mich hier.