Communities of Practice: Grenzenlose Kooperation in der Berufsbildung
Der Erfolg der Menschheit basiert laut Yuval Noah Hararis "Eine kurze Geschichte der Menschheit" auf unserer Fähigkeit zur Zusammenarbeit. Denn: Im Gegensatz zu Schimpansen kooperieren wir Menschen nicht nur mit unseren Artgenossen, sondern auch mit anderen. Und ganz besonders mit jenen, die dieselben Werte vertreten und denen wir vertrauen – so das Resultat der Untersuchung meiner Masterarbeit "Wie kann durch ausgewählte Faktoren einer "Community of Practice" die Kooperation unter Berufsfachschullehrpersonen gefördert werden?".
Kooperation als Handlungskompetenz
Die Zusammenarbeit unter Lehrpersonen ist bereits im Bundesgesetz der Berufsbildung verankert und wird in Berufsaufträgen und Anforderungsprofilen verlangt. Und aufgrund der KV-Reform in der Schweiz erstellen aktuell die kaufmännischen Schulen Schullehrpläne gemäss den vorgegebenen Lernfeldern. Die neue KV-Reform betont die Notwendigkeit von Handlungskompetenz bei Lehrpersonen und erfordert Lehrer:innenkooperation, um ressourcenschonende und redundanzfreie Unterrichtsunterlagen zu erstellen. Es ist wichtig, kollektives implizites Wissen für eine kompetenzbasierte Entwicklung in der Lehrer:innenkooperation zu entwickeln. Die Erkenntnisse aus meiner Masterarbeit können wertvolle Handlungsempfehlungen für Berufsfachschul-Lehrpersonen liefern, während Schulleitungen ihre Lehrkräfte unterstützen, bestärken und anleiten können.
Lehrpersonen werden dazu aufgefordert, Zusammenarbeit als Teil ihrer beruflichen Tätigkeit zu praktizieren, was bereits in ihrer Ausbildung betont wird. Obwohl die Schulleitung Bemühungen unternimmt, Zeit und Unterstützung für die Zusammenarbeit bereitzustellen, bleibt sie dennoch schwierig. Es ist also relevant zu wissen, welche konkreten Massnahmen von Lehrpersonen geschätzt werden, um die Zusammenarbeit im Kollegium zu stärken und möglicherweise über Fachbereiche, Lehrgänge, Schulen und Standorte hinweg auszudehnen. Darum orientiert sich meine Studie an Communities of Practice (CoP) als beispielhaftem Modell.
Kooperation in der Berufsbildung ist gesetzlich verankert
Gehen wir mal einen Schritt zurück und werfen einen kleinen Blick auf die Kooperation innerhalb der Bereufsbildung, wie sie in der Schweiz von Bund, Kantonen und der Organisationen der Arbeitswelt (odA) gemeinsam bewältigt organisiert wird. Die gesetzlichen Grundlagen für die Zusammenarbeit sind im Bundesgesetz über die Berufsbildung festgelegt. Die Berufsfachschule (BFS) ist für die allgemeine und berufskundliche Bildung zuständig, während die Lehrbetriebe die praktische Ausbildung übernehmen. Die Bildungsverordnung und das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation spielen eine wichtige Rolle bei der Festlegung der Bildungsinhalte und Qualifikationsverfahren. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren der Berufsbildung ist von entscheidender Bedeutung, um eine integrative, transparente und zukunftsfähige Berufsbildung zu gewährleisten.
Die Mehrheit der Jugendlichen in der Schweiz wählt eine duale Berufslehre, während nur 10 % eine vollschulische berufliche Grundbildung absolvieren. Das duale Bildungssystem der Schweiz wird international wegen seiner geringen Jugendarbeitslosigkeit hoch angesehen. Die Arbeit konzentriert sich auf die Berufsfachschule (BFS), während andere Formen der schulischen Grundbildung nicht berücksichtigt werden.
von der Wirtschaft lernen - für die Pädagogik
CoP (auch Praktikergruppen genannt) sind vor allem in der Wirtschaft in Bezug auf kollegial geführte Unternehmen (Oestereich & Schröder, 2017, S. 220) oder agile Unternehmensentwicklung (Oestereich & Schröder, 2019, S. 111) bekannt. Im Schulkontext werden CoP eher in Bezug auf die Volksschule genannt. Diese «Lücke» gilt es zu schliessen – diese Masterarbeit ist ein Versuch dazu, CoP in der Stufe Sek II und darin insbesondere in der Berufsfachschule zu etablieren. Die Untersuchung der Studie und ihre Festellungen liefert Erkenntnisse und abgeleitete Handlungsempfehlungen, wie CoP als Kooperationsform im pädagogischen Bereich und insbesondere für BFS gewinnbringend eingesetzt werden kann. Davon profitieren Lehrpersonen und Schulleitungen aber auch pädagogische Hochschulen und – last but not least – die Kunden: Die Lernenden.
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Weitere Auszüge aus der MAS folgen in unregelmässigem Abstand.
Literatur:
Berufsauftrag. (2018). Gewerbliche Berufsschule Wetzikon. https://sfhb.gbwetzikon.ch/media/wnhob3qi/d22-03a-berufsauftrag.pdf
Berufsbildungsgesetz, Pub. L. No. 412.10, 26 (2002). https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2003/674/deHarari, Y. N., Vandermeulen, D., & Casanave, D. (2021). Sapiens - Der Aufstieg (2. Auflage). C.H. Beck.
Oestereich, B., & Schröder, C. (2017). Das kollegial geführte Unternehmen -Ideen und Praktiken für die agile Organisation von morgen. Franz Vahlen GmbH.
Oestereich, B., & Schröder, C. (2019). Agile Organisationsentwicklung: Handbuch zum Aufbau anpassungsfähiger Organisationen. Franz Vahlen GmbH.
Widmer, J. (2021). Verordnung des SBFI über die berufliche Grundbildung Kauffrau/Kaufmann mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ). Staatssekretariat für Forschung und Bildung. https://www.skkab.ch/download/bildungsverordnung/?wpdmdl=6262&refresh=63aab099446841672130713
Lehrgangsleiter CAS 'Empower Future Learning' bei Berner Fachhochschule BFH + ABU LP BBZB Luzern
1 JahrCoP sind eine attraktive Möglichkeit für lebenslanges Lernen. Es gibt unterschiedliche Gründe, warum sich Menschen in einer CoP zusammenschliessen: 🔹“Gwundrig“ sein, Neues entdecken 🔹gemeiname statt einsame Lernreise 🔹die Stärke des WIR, voneinander lernen 🔹von Erfahrungen anderer profitieren 🔹Last aufteilen 🔹unterschiedliche Expertisen vernetzen 🔹andere Blickwinkel erfahren 🔹ganzheitlichere Herangehensweise 🔹… Spannend ist die Frage wie es uns gelingt, in Lehrpersonen das Bedürfnis zu entfachen, sich vermehrt mit anderen zu vernetzen und sich weiterzuentwickeln. Gerade Lehrpersonen die bereits einige Jahre unterrichten, sehen oft nicht, weshalb sie sich zusammenschliessen sollten. Die Vorteile des individuellen Vorbereitens sind sehr gut nachvollziehbar. Mit dem Fokus der Inhaltsvermittlung hat sich das teilweise auch bewährt. Verschiedenste Veränderungen resp. Entwicklungen (gesellschaftlich und technologisch) zwingen uns dazu, Bildung weiterzuentwickeln. Eine der grössten Herausforderung ist in meinen Augen die Weiterentwicklung eigener Werte zu einer neuen Haltung. Meine Herzensangelegenheit.
Mit Leidenschaft für eine zukunftsgerichtete Berufsbildung 2030 im digitalen Wandel. Baby-Boomerin trifft Generation Z, Influenzerin, positive Psychologie, 4K, PICTS, 4Pädagoginnen, BFG BL, refBL
1 JahrJá da bin ich auch sehr gespannt.
Wer nie vom Weg abkommt, bleibt auf der Strecke | Berufsbildung | Arbeits- und Organisationspsychologie | Digitalisierung
1 JahrBin gespannt auf deine Erkenntnisse, denn verordnen lassen sich CoP nicht, da muss schon etwas mehr noch sein und werden…