"Copy & Paste" - Lernen von ehealth Vorreitern: Das estnische Gesundheitswesen & die Digitalisierung.
Roadmap "Estnische Gesundheitswesen & Digitalisierung"

"Copy & Paste" - Lernen von ehealth Vorreitern: Das estnische Gesundheitswesen & die Digitalisierung.

Nach der Unabhängigkeit des Landes 1991 wurde das Gesundheitssystem neu gestaltet: vom zentralistisch organisierten & steuerfinanzierten System der Sowjetunion hin zu Dezentralität & Beitragsstärkung. Seither befindet sich das estnische Gesundheitssystem in der #Transformation.


Mit der X-Road-Infrastruktur im Jahr 2001 wurde ein entscheidender Grundstein für einen sicheren Datenaustausch zwischen allen Akteuren im Gesundheitssystem gelegt.

Bereits im Jahr 2008 startet Estland sein System die "ePatientenakte" und führte als weltweit erstes Land ein System flächendeckend ein, bei dem eine Akte jeweils die gesamte medizinische Geschichte der betreffenden Person von der Geburt bis zum Tod beinhaltet.

2009 übertrug Estland im Zuge eines Informationsaustausch im Gesundheitswesen alle medizinischen Aufzeichnungen in das System. Diese Nutzung von e-Gesundheit ist gesetzlich verankert: das Gesetz über das Gesundheitsinformationssystem (2007) und das Staatliche Regulierungsgesetz für den Austausch von Gesundheitsinformationen (2008). Inzwischen sind Informationen über die Gesundheit von 1,35 Mio. Menschen (98% der Bevölkerung) in das System eingegeben worden, und 98% aller Verschreibungen erfolgen auf elektronischem Wege. 

Mittlerweile verfügen 99% der Esten über eine digitale Patientenakte, deren Verwaltung einfach über ein Smartphone erfolgt. Der reibungslose & medienbruchlose Datenaustausch zw. allen Sektoren der Gesundheitsversorgung kann Leben retten, etwa bei der Organspende.

Bürgerinnen und Bürger in Estland können im Verwaltungskonto per Mausklick und Pin-Eingabe von der Organspende bis hin zur Krankschreibung & Arzneimitteln alles erledigen.

Alle estnischen Bürgerinnen und Bürger können in ihrem Verwaltungskonto per Mausklick und Eingabe ihres Pins angeben, ob sie Organspender sein möchten oder nicht. Sie können ihre letzten Arztbesuche inklusive Befunde einsehen, dazu Blutwerte oder Röntgenaufnahmen. Zudem können sie überprüfen, was die einzelnen Leistungserbringer abgerechnet haben. Ärztebuchungen erfolgen digital, Sprechstunden werden online abgehalten. Prozesse wie Krankschreibungen sind automatisiert und papierlos. Eine Orthopädin hat beispielsweise nicht nur die Überweisung vorliegen, sondern kann sich mithilfe der elektronischen Patientenakte auch einen Überblick über die bisher erfolgten medizinischen Interventionen verschaffen – von den verordneten Arzneimitteln über die jüngsten Arztbesuche bis hin zu möglichen Krankenhausaufenthalten. In der Akte sind die Besuche bei einem der 800 Hausärzte Estlands samt den Diagnosen und Befunden ebenso hinterlegt wie die Art und Zahl der verordneten Medikamente sowie etwaige Einweisungs- und Entlassbriefe für die stationäre Versorgung in einem der rund 50 Krankenhäuser. 

Digitalisierung erhöht die gesellschaftliche Resilienz nicht nur in Krisenzeiten.

Mit dieser Maßnahme erhöht der digitale Staat die gesellschaftliche Resilienz in Krisenzeiten. Ein besonders beeindruckendes Beispiel in Estland ist die schnelle Implementierung der Krankmeldung ohne Arztbesuch innerhalb weniger Tage. Dies zeigt, welche Vorteile eine digitalisierte Verwaltung haben kann, sobald einmal die notwendigen Grundlagen geschaffen wurden. Neue Funktionen können dann schnell entwickelt und implementiert werden; die Resilienz der Gesellschaft erhöht sich enorm. Und die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist vor allem eine Möglichkeit, die Eigenverantwortung der Patientinnen & Patienten sicherzustellen und die Bürgerinnen im Austausch mit den Beschäftigten des Gesundheitswesens zu gleichwertigen Partnern zu machen.

Mit KI & Daten prognostische Behandlungsempfehlungen geben, um Patientinnen & Patienten mehr Eigenverantwortung für ihre Gesundheit zu überlassen.

Nun stelle man sich vor, dass noch mit #KI & Daten eine Möglichkeit besteht, Behandlungsempfehlungen sowie prognostisches individualisiertes Angebote zu geben. Weiterhin ein Bonus- & Incentivierungsprogramm aufzusetzen, bei dem es sich lohnt, sich um seine Vorsorge & Prävention aktiv zu kümmern, damit wir in Gesundheit & nicht in Krankheiten investieren.

Aber wie sieht denn der Vergleich von Estland und Deutschland bezogen auf die Digitalisierung im Gesundheitswesen aus. Schon 2018 ließ sich fest stellen, dass alle Werte bei dem "Digital-Health-Index" für Estland deutlich höher ausfallen.

Dabei zeigt sich, dass Estland in jeder Kategorie mindestens doppelt so viele Prozentpunkte erreicht und die Sub-Indizes „Policy Aktivität“ und „Digital Health Readiness“ in etwa gleich hoch abschneiden.

Vergleich des Digital-Health-Index und der Sub-Indizes zwischen Deutschland und Estland


Für Details siehe hierzu die Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2018

Sieht man sich den "Digital-Health-Index" an, so findet sich Estland mit 81,92 Punkten auf Rang 1. Deutschland hingegen ist mit 30,02 Punkten auf dem Rang 16 und Polen mit 28,52 Punkten auf dem letzten Rang 17.

Mehr dazu siehe #SmartHealthSystems - Digitalisierungsstrategie im internationalen Vergleich von der Bertelsmann Stiftung :


In der angehängten Studie "#SmartHealthSystems - Digitalisierungsstrategie im internationalen Vergleich von der Bertelsmann Stiftung Auszug Estland" wird dargestellt wie sich das Gesundheitssystem Estlands seit der Unabhängigkeit des Landes 1991 entwickelt hat.

Interessant ist auch die Übersichtskarte "Digital Health in Estland" auf der Seite 4, dass eine Zusammenstellung der im Rahmen dieser Studie in Estland identi- fizierten vorhandenen Digital-Health-Komponenten (grüne Felder) darstellt.

Übersichtskarte "Digital Health in Estland"

Schaut man sich am Ende noch das Digitalisierungsprofil Estland an, dann konnte man bereits im Jahr 2018 erkennen, dass es nur noch in wenigen Bereichen einen Handlungsbedarf bzw. eine Lücke gibt die es zu schließen gilt.

Digital-Health-Strategien:

  • P2 -> Politischer Wille zur Unterstützung von Datentransfer und -austausch ist ausgeprägt.

Reifegrad von Digital-Health-Anwendungen und -Diensten:

  • T9 -> mHealth, Apps und mobile Anwendungen werden routinemäßig in der Gesundheitsversorgung genutzt.

Tatsächliche Nutzung von Daten:

  • A8 -> Anteil strukturierter und codierter Inhalte in elektronischen Patientenakten ist hoch.
  • A9 Besuchs- und Nutzerzahlen von öffentlichen Gesundheitsinformationsportalen mit personalisierten Inhalten sind hoch.

Digitalisierungsprofil Estland

Nach wie vor befindet sich die #DigitalTransformation des deutschen Gesundheitswesen in den Anfängen. Die Defizite sind vielschichtig bezogen auf die Digitalisierung und müssen neben dem Fachkräftemängel im Pflegebereich, enorm steigenden Arzneimittelpreisen sowie ständigen Erhöhung der Krankenkassen-Beiträgen deshalb schnellstmöglich behoben werden, damit eine qualitativ hochwertige Versorgung dauerhaft gesichert sowie bezahlbar ist.

Wir müssen es schaffen, dass sich das Gesundheitssystem zukunftsfähiger und vor allem solider entwickelt. Denn für viele Menschen sind Sicherheit und Verlässlichkeit hohe Güter in einer Gesellschaft und daher wird gerade ein stabiles Gesundheitssystem sehr geschätzt.


BARMER Medical Valley EMN e. V. Die Techniker ARAG AOK-Bundesverband Bundesministerium für Gesundheit Allianz HUK-COBURG

Dr. Philipp Böhnlein

CGI Partner l IT-Beratung von der Strategie bis zur Umsetzung

7 Monate

Ich nehme an, das wird sich mit Deinen Erfahrungen aus Estland decken Matthias Mieves :-). Ich war letztes Jahr auch dort um Alexander Schweitzer's Delegation zu treffen und war schlichtweg beeindruckt von deren Status Quo.

Hoai Anh Nguyen

Change Consultant I HR Interim I Bridging Cultures 🇩🇪 🇻🇳

8 Monate

Sehr spannend, da haben wir in Deutschland noch einiges vor uns. Aber der Artikel gibt gute Aussichten, wenn wir die Digitalisierung des Gesundheitswesens hier auf einen ähnlichen Stand bekommen.

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