„Das haben wir noch nie probiert, also geht es sicher gut!“ oder                   Wie passen Innovation und Pippi Langstrumpf zusammen?

„Das haben wir noch nie probiert, also geht es sicher gut!“ oder Wie passen Innovation und Pippi Langstrumpf zusammen?

Was uns Kinder bei der Innovation voraus haben

Ein mehrwöchiges Mentaltraining für Grundschüler der 3. und 4. Klasse hat mir deutlich vor Augen geführt, was Kinder bei der Innovation goldrichtig machen und was wir uns von ihnen abschauen sollten.

Zugegeben: Die anfängliche Unruhe beim Start des Trainings war größer als ich es sonst gewohnt bin: Bei meinen Trainings mit Erwachsenen wirft selten jemand seine Trinkflasche runter, fällt vom Stuhl, leert seine Tasche aus oder muss seine Stifte spitzen, … aber alles andere war mit den Kindern erstaunlich einfach. Es war ganz leicht, ihre kindliche Neugierde zu wecken und die Aussicht darauf, etwas ganz Neues auszuprobieren, löste durchgehend Begeisterung aus.

Begeisterung ist Dünger fürs Gehirn – so beschreibt Deutschland’s wohl bekanntester Gehirnforscher Gerald Hüther die Auswirkung der Begeisterung für unsere Schaffenskraft. Mit ihr an Bord, lassen sich Berge versetzen, ohne ihr bedarf es weitaus größerer Anstrengungen.

Um nur einen Teil dieser großen Vorfreude und Begeisterung bei den Erwachsenen auszulösen, bedarf es einer detaillierten, auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden Einführung in das Training. Ein paar Success Stories, die das Ganze bestätigen, dürfen natürlich auch nicht fehlen. Erst diese Kombination nimmt bei vielen Teilnehmern die Skepsis, etwas Neues auszuprobieren. So leicht und unbefangen wie Kinder stürzen wir Erwachsene uns nicht auf Neues und Unbekanntes. 

Neues muss in Schubladen passen

Also nein, ich denke nicht in Schubladen. Ich gehe ganz unbefangen in Entscheidungen rein.“

Wie oft haben Sie diesen Satz schon gehört bzw. sogar selbst ausgesprochen?

Schubladendenken ist allgemein verpönt und keiner will es haben, dabei rettet uns genau das regelmäßig über den Tag. Unser Gehirn verarbeitet 400 Milliarden Informationsbits pro Sekunde und das kann es so effektiv, weil es bei der Bewertung von Informationen auf bereits existierende Erfahrungen und Einschätzungen zurückgreifen kann. Der sogenannte Hippocampus in unserem Gehirn – gerne auch als „Bibliothekar“ bezeichnet – spielt dabei eine entscheidende Rolle: Bei neuen Informationen sucht er sofort, ob in seinen „Schubladen“ schon eine Erfahrung existiert und ob diese positiv oder negativ geprägt ist. Je nach Fundergebnis werden neue Informationen schnell gleichermaßen bewertet.

Und bei neuen Ideen funktioniert das genauso. Unsere Erfahrungen sind oft der Grund, warum wir neue Ideen nicht ausprobieren wollen und sie irrtümlicherweise gleich im Keim ersticken: „Das haben wir schon mal gemacht, hat nicht funktioniert. Das kann gar nicht gehen.“ Unsere Erfahrungen sind der Schatz unseres Lebens, aber manchmal stehen sie uns auch gewaltig im Weg. Das ist wohl auch der Grund, warum Henry Ford nachfolgendes Zitat geprägt hat:

“I am looking for a lot of men who have an infinite capacity to not know what can’t be done.”

Kann man diese Schubladen zeitweise loswerden?

Bei Kindern ist dieses Schubladendenken – u.a. aufgrund der geringeren Lebenserfahrung - sehr gering ausgeprägt. Fast jede neue Idee ist deshalb spannend und animiert zur Weiterverfolgung.

Für innovatives Denken müssen auch wir Erfahrungen und Erlebtes zeitweise loslassen können. Erst dann kann sich Kreativität richtig entfalten und ein fruchtbares „Innovationsklima auf der grünen Wiese“ entstehen.

Auch uns Erwachsenen gelingt diese Kreativität jeden Tag zumindest ein Mal so uneingeschränkt wie den Kindern, nämlich in unseren Träumen. In diesem tiefen Entspannungszustand arbeitet unser Gehirn in einer anderen Frequenz. Unser Gehirn-Bibliothekar bekommt dann eine Sendepause verordnet und unsere Selbstzensur wird dadurch überlistet: Alle Schubladen verschwinden und wir können auf der grünen Wiese agieren.

Wann sind wir am kreativsten? Creativity at its best

Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass Sie tolle Ideen und Problemlösungen vor allem dann haben, wenn Sie nicht fieberhaft danach suchen, sondern entspannt spazieren gehen oder unter der Dusche stehen? Dies ist der Moment, wo unser Gehirn durch die Produktion von Alpha-Wellen (8-12 Hz) in den sogenannten Alpha-Zustand, der als Brücke zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein angesehen werden, übergeht.

Unsere Kreativität wächst dann mit zunehmender, weiterer Entspannung weiter an und erreicht ihren Höhepunkt im Schlaf. Hier haben wir neben den gefallenen Grenzen auch Zugang zu unbewusstem Material, freien Assoziationen, verstecktem Wissen und kreativen Ideen. Unser Gehirn produziert in dieser Phase vorrangig sogenannte Theta-Wellen (3 – 8 Hz).

Bei Kindern wird übrigens ständig ein großer ein Anteil dieser Thetawellen gemessen. Sie sind also permanent in einem Zustand, den wir Erwachsene nur noch im Schlaf oder tiefer Entspannung erreichen. Dadurch sind sie enorm kreativ, leben dauerhaft in einer Welt der Fantasie und haben deshalb ein großartiges Vorstellungsvermögen.

Wussten Sie eigentlich, dass viele bekannte Erfindungen im Traum gemacht wurden?Zum Beispiel hat Einstein wichtige Elemente für die Entwicklung seiner Relativitätstheorie erträumt. Auch der bekannte Beatle Song ‚Yesterday‘ entstand im Traum auf einem Dachboden. Problematisch an dieser Traum-Kreativität ist nur, dass wir Träume ohne Training nicht auf Knopfdruck erzeugen können, das Traumthema in seltensten Fall frei wählbar ist und wir uns auch nicht im Detail an alle Träume erinnern können.

Lässt sich Kreativität trotzdem „auf Knopfdruck“ generieren?

Ich bin sehr froh, diese Frage mit einem klaren ‚Ja‘ beantworten zu können – auch wenn es ein bisschen Übung und die richtige Methode erfordert.

Der Balance-Akt, den es hierfür zu stemmen gilt, ist es, die richtige Mischung aus verschiedenen Gehirnwellen zu erzeugen:

  • Genügend Tiefgang in Form von Theta-Wellen, um uneingeschränkte Kreativität erzeugen zu können,
  • dabei gleichzeitig die Tür zum Wachbewusstsein offen zu halten, um Informationen in den aktiven Wachzustand transportieren zu können (Alpha-Wellen) und
  • die Werkzeugkiste des wachen Verstandes parat zu haben, um neue Informationen gleich an Ort und Stelle hinterfragen und weiterentwickeln zu können (Beta-Wellen).

Nach ein paar Übungseinheiten gelingt dies auch uns Erwachsenen und die spannende Reise in die Innovation kann losgehen. Wie sagte einer meiner Teilnehmer so schön: „Das ist ja besser als Kino!“.

Wenn wir demnach wirklich Innovation machen wollen, sollten wir uns folgenden Satz von Vera Birkenbihl bei einem Vortrag über Quantenphysik zu Herzen nehmen:

„Setz Dich hin vor die Tatsachen wie ein kleines Kind. Sei bereit, alle vorgefassten Meinungen aufzugeben, sonst erfährst Du nichts.“

 

Friedrich Ploier

HR Führungskraft & HR Consulting

3 Jahre

Es klappt tatsächlich liebe Uta Hahn - mit dir 😃.

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