Das Klima und die Ignoranz der Satten

Das Klima und die Ignoranz der Satten

Die Triell-Kanzlerkandidaten in Deutschland und wir einfachen Bürger im Rest von Europa haben etwas gemeinsam – wir bekennen uns mit religiösem Eifer zu Zero-Carbon-2050, ohne zu wissen, wovon wir eigentlich sprechen.

Woher denn auch, wenn uns unsere Touchscreen-Zivilisation mit den Annehmlichkeiten des Lebens rundum versorgt, ohne dass wir auch nur eine blasse Ahnung haben müssen, was hinter der funktionierenden Stromversorgung, den zuverlässigen Dienstleistungen des Sozialsektors, dem Benzin an allen Tankstellen usw. an technischem und wirtschaftlichem Aufwand steckt. Vom Sozialnetz des Staates ganz zu schweigen. Was soll’s, ist ja alles da – nur noch zu wenig … Die Chiffre «Zero-2050» ist etwas Nebulöses, etwa im Sinne von «Wohlstand wie bisher, aber ohne Kohle und Erdöl, und nur den Grünen ist zuzutrauen, dass sie wissen, wie man es realisiert». Dass das «Zero-2050» gemäss den Energieplänen unserer Regierungen bedeutet «Ein Leben ohne Kohle und Erdöl und Erdgas und ohne Kernenergie, und der Ersatz ist zumeist volatil», das haben wir (und die Politiker) noch nicht verinnerlicht.

Als 1973 im Jom-Kippur-Krieg zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten die arabischen Länder der OPEC die Förderleistung des Erdöls um 5% (!) reduzierten und ein Ölembargo gegen den Westen ausriefen, so führte dies in Europa zum wirtschaftlichen Erdbeben. Bundesrepublik Deutschland musste an vier autofreien Sonntagen ein allgemeines Fahrverbot verhängen und für ein halbes Jahr die Autobahngeschwindigkeiten auf 100 km/h begrenzen. Die Ölimporte im Folgejahr waren um 17 Milliarden DM teurer, die resultierende Wirtschaftskrise führte zu einem deutlichen Anstieg von Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit, Sozialausgaben und Insolvenzen.

Die Schweiz verhängte an drei Sonntagen ein allgemeines Fahrverbot ein, auf den Autobahnen galt fortan 100 km/h, Österreich verhängte ein unbefristetes Tempolimit von 100 km/h und eine Temperatursenkung auf 20 °C in allen Amtsräumen. Italien druckte Benzingutscheine für verbilligtes Benzin, damit Urlauber nicht ausblieben … Auch unsere heutige Sommerzeit verdanken wir der Ölkrise 1973 – sie wurde ursprünglich als Sparmassnahme für kürzere Abendbeleuchtung konzipiert.

Und das alles wegen einigen Prozenten Förderreduktion! Heute sprechen wir von 100% Verzicht auf Erdöl und sonstige Fossilenergien, und glauben, dass ein solcher Kraftakt mit einigen Lastfahrrädern, Verzicht auf Abitur-Flugreisen und dem volatilen Energieangebot von Sonne und Wind gelingt.

Die wichtigste Klimaschutzmassnahme dürfte sein, dass wir endlich anfangen, realistisch und in den richtigen Grössenordnungen zu denken. Und das bald.

Marc Hess

Digitalisierung im Immobilienbereich

3 Jahre

Ich liebe Ihre Texte ;-) Vielen Dank

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