Das mit der Digitalisierung - Eine kleine Einschätzung zur aktuellen Lage

Das mit der Digitalisierung - Eine kleine Einschätzung zur aktuellen Lage

Leicht manipulierbare Wahlsoftware bei der Bundestagswahl, nur von 9-16h „geöffnete“ behördliche online-Services, ein Ministerialbeamter, der ein Grußwort zu einer Industrie4.0-Konferenz hält und dabei von der „Tablette“ statt vom „tablet“ berichtet, ein Verband junger Unternehmer, dessen Satzung vorsieht, dass der Bundesvorstand nur dann beschlussfähig ist, wenn seine Mitglieder physisch vor Ort sind, schwäbische hidden champions, die die Digitalisierung ihres eigenen Unternehmens an einen externen Dienstleister vergeben wollen… Solange diese meine Beobachtungen und folgende nicht abreißen, habe ich selbst keine Angst vor der Digitalisierung.

Gleichzeitig steckt in dieser flächendeckenden Ahnungslosigkeit vielleicht das größte Risiko der digitalen Transformation überhaupt: Die mangelnde Vorbereitung darauf, wie sehr sie unsere Welt verändern wird.

Manches mag sich dabei als harmloser herausstellen, als zunächst gedacht: So wären wir Mitte der 90er Jahre wahrscheinlich alle Sturm gelaufen, hätte man uns gegenüber die Erwartung geäußert, auf verschiedenen Kanälen (Telefon, eMail, Kurznachrichten, soziale Netzwerke…) permanent erreichbar zu sein. Und heute machen wir das so freiwillig, dass manche Unternehmen beginnen, ihre Mitarbeiter und Führungskräfte schon wieder schützend davon abzuhalten.

Den Tag, an dem ein tragischer Unfall mit einem autonomen Fahrzeug passiert, ist bereits traurige Geschichte. Der Tag, an dem der erste Mitarbeiter vom zentralen „DHRO“ (Digital Human Ressources Officer) gekündigt wird, steht uns kurz bevor. Diese Tage werden unser Verhältnis zu Maschinen neu definieren. Und das kann ja auch positiv ausgehen: Der erste autonome Chirurgie-Roboter, der erfolgreich einen diffizilen Hirntumor operiert, an den sich ein Mensch nicht herangewagt hätte. Der DHRO, der mir den Zuschlag für meinen neuen Traumjob gibt. Und so weiter.

Was ich an diesen Ereignissen besonders spannend finde, ist die Tatsache, dass wir hier Entscheidungs- und Handlungskompetenz an Maschinen übergeben und die Folgen direkt spüren werden. Gerechnet, simuliert und ausgewertet wird heute auch schon viel, aber Entscheidungshoheit und -transparenz bleiben bei uns Menschen. Das wird wohl so nicht bleiben. Irgendwann werden uns die Maschinen nicht mehr erklären (können/ wollen...), warum sie wie entscheiden. Jedenfalls werden wir es nicht nachvollziehen können.

Das bedeutet aber auch, dass wir dennoch eine Beziehung zu ihnen aufbauen werden, denn sie werden als handelnde Subjekte Mitglieder unserer Unternehmen und unserer Gesellschaft sein. Was halte ich denn vom Vertriebsroboter, der die Verhandlung mit dem Einkaufsroboter des Kundenunternehmens nicht gewonnen hat? Und mir dadurch meinen Bonus plattmacht?

Was machen wir denn im Teamentwicklungsworkshop mit dem Schlaumeierrechner, der mit seinen Kommentaren voraussichtlich auch noch Recht hat? Wir können ihm ja nicht mal mehr das Gegenteil beweisen und wissen, dass wir auf ihn hören sollten.

Je früher wir uns mit dem Gedanken befassen, eine Beziehung zu Maschinen, Robotern und Algorithmen aufzubauen, desto mehr werden wir in der Lage sein, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Wie so oft in der Geschichte der Menschheit wird die Welt nicht untergehen. Sie wird vielmehr neu entstehen.

Susanne Zimmermann

Leidenschaftlicher Business-Coach für Persönlichkeit, Führung und Kommunikation. Chefs, die Unternehmenskultur an erster Stelle sehen, erzielen nachweislich ein deutliches höheres Wachstum!

5 Jahre

Danke für den spannenden Artikel. Veränderungen machen uns besser, weil wir lernen schwierige Situationen für unseren Vorteil zu transformieren. 

Tarek Abouelela

Wir machen Champions! Steigern Sie Ihre Wirksamkeit im Vertrieb! Gründer der abouelela GmbH und LUDOKI GmbH, Host des Podcasts "Die Sales Couch" und Sportenthusiast 🏋️♀️

5 Jahre

Sehe hier auch viele Chancen. Auf mein erstes Duell mit einem Einkaufsroboter bin ich sehr gespannt. 😉

Andreas Stappert

CDO on Demand || Brückenbauer zur IT | Digitale Geschäftsmodelle realisieren | Data Driven Marketing Experte | Digitale Transformation | Interim | Fractional

5 Jahre

Lieber Thomas, wenn ich Deinen Artikel lese, muss ich irgendwie an den Gartner Hype Cycle denken. Die von Dir aufgebrachten Aspekte scheinen mir sehr weit gedacht, was sicherlich ein Stück weit Dein Job ist um Leute aufzurütteln.  Was mir fehlt ist die realitätsnähere Stufe dazwischen: z.B. wie kann ich das Zeug, das jetzt schon da ist, z.B. die allgegenwärtigen Apps im Privatleben, in ein gewinnbringendes Geschäftsmodell des Mittelständlers umwandeln? Wie erzeugen wir den Mut die gewohnten Pfade zu verlassen und etwas Neues daraus zu machen, auszuprobieren, gerne kontrolliert, mit agilen Vorgehensweisen?

Dr. Daniel Michaelis

Product Manager for Sensor Technology | PhD in Material Sciences

5 Jahre

In einer maschinenbeschleunigten Welt gilt es, dass die Menschen ihre Stärken im Bereich des “gesunden Menschenverstands“ und der Definition lohnenswerter Ziele (das Wozu). Jeder kennt es, dass man den Vorschlag seines Navis sinnvollerweise ignoriert hat - der Mensch trägt unglaublich viel implizites Wissen in sich, dass sich nur sehr aufwändig in neuronale Netze pressen lässt. Danke für den Beitrag, Thomas Wolter-Roessler

Daniel Suckfuell

Stay tuned for updates

5 Jahre

Eine Beziehung zu Maschinen, Robotern und Algorithmen aufbauen. Spannender Denkanstoss. Anfangs wird das eher wie eine Einbahnstrasse sein, dass wir uns mit den neuen Kollegen arrangieren müssen. Sollten wir irgendwann echte KI haben (das ist für mich noch nicht klar, ob wir das erreichen werden) muss die Beziehung allerdings definitiv bilateral sein. Die dürfen wir dann nicht einfach auf das Netz loslassen.

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