Das Rätsel des Lebens ist gelöst!
Carl Larsson und seine Frau begrüßen uns über dem Hauseingang im Carl Larsson Garten in Sundborn, Schweden

Das Rätsel des Lebens ist gelöst!

Aber was soll das sein? Eine berührende, provokante Antwort.

Als ich 15, 16 Jahre alt bin, gehört der schwedische Maler Carl Larsson (1853-1919) mit seinen Aquarellen zu meinen Favoriten.

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«Frühstück unter dem Birkenbaum» von Carl Larsson, Nationalmuseum Stockholm

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Das Motiv Carl Larsson's 120 Jahre danach. Die geliebte Birke steht noch immer da.

Seine Bilder sind so voller fluffiger Farben, Seele und Liebe zum familiären Zuhause. Die Erinnerung an diese Bilder ist bei mir eigentlich schon weitgehend verblasst, als wir diesen Sommer entscheiden, Skandinavien zu bereisen. Wir wollen als Familie raus aus unserem gewohnten Deutschland auf einen anderen Kontinent. Wir suchen Orte, die uns in ihrer Lebensart, Ökologie, Design, Wirtschaftsleben und bürgerlich-monarchistischem Demokratieverständnis inspirieren wird.

Als ich im mittelschwedischen Sundborn im Museum von Carl Larsson, seinem «Carl Larsson Garten», die Führung miterlebe, bin ich fasziniert. Jeder Raum ist ein ganz durchdachtes bis ins Detail gelebtes Installat. Carl und seine Frau Karin schaffen hier aus einer alten Hütte, umgeben von stinkigem Kuhdung und Bauschutt, im Laufe ihres Lebens ein Feld der Träume als einem Anwesen mit eben 14 schnuckeligen Zimmern, die alle eine einzigartige Aufgabe im Familienleben haben. Hier der Alkoven für Gäste mit den Türlädchen, in denen die Namen der Gäste wie in einem Gästebuch eingemalt sind, dort die duftende Blumenbank, die die Kinder gießen, da das Mittagsruhesofa von Carl, da die vom offenen Kamin beheizte Bastelwerkstatt von seiner Frau Karin und den Kindern. Hier wird gewoben und geschreinert.

Noch nie erlebe ich ein solch behagliches Heim. Carl und Karin bekommen acht Kinder, die dort mit den Haushälterinnen ihre Sommerfrische finden. Alles wird über Jahrzehnte von ihnen selbst, der Familie und mehreren befreundeten Handwerken von Hand erschaffen. Sie sind durchaus auch inspiriert von der «Arts and Crafts Movement» in England.

Als Carl, der aus dem hektischen Stockholm stammt, Jahre zuvor dieses abgeschiedene ärmliche winzige Hüttchen am See von seinem Schwiegervater gezeigt bekommt, liegt der Lärm der Welt, der industriellen Geschäftigkeit, der aufstrebenden Metropole unendlich weit entfernt. Hier spürte er, daß ihm die Energie zu malen endlich leicht zufließen werde.

Nach der Tour durchs Haus, im Buchladen des Museum vor Ort, bin ich überrascht, wie viele von Carl selbstgeschriebene und illustrierte Bücher über sein Familienleben existieren. Carl wäre heute mit Sicherheit ein Instagramer gewesen, denke ich fasziniert. Ich kaufe, was später zu koffern geht.

Es stellt sich heraus, daß Carl in seinem Werk eine richtige Vision und Mission manifestiert. In unserem modernen Bauhaus-Anwesen auf der Felsenstirn einer Schäreninsel, die Sonne geht gerade mit gewaltigem Sonnenfeuer unter, fange ich an, in den Büchern zu schmökern.

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Ich lese, wie Carl am Heiligabend 1898 dieses Buch "Das Haus in der Sonne" zu schreiben beginnt und dem Leser, also mir - sagt, daß er mich lieb habt und daß er weiß, daß es mein Interesse ist, was ihn ermutigt, mir seine Bilder und seine Innenansicht des Familienlebens zu erzählen.

Ihm ist es wichtig, Lust zu machen, zu erkennen und zu zelebrieren, eine Familie zu leben. Seine Reise geht nicht zu heroischen Themen, sondern nach innen in die nahe, eigene Welt.

Als ein ehemaliger Schüler das Manuskript mit Carl's Illustrationen anschaut, gibt er ihm als Kommentar. "Carl, Du hast das Rätsel des Lebens gelöst". Carl versteht erst Jahre später, was er ihm sagen wollte, als er sich dann mit der Hand auf die Stirn schlägt. "Ja, das habe ich! Und zwar als ich mich verheirate."

Carl sehnt sich sehr nach einer Partnerin, einer Frau, einem Menschen, einem Halt, einer Künstlerin, die er lieben, die ihm Heimat und ihn komplettieren kann. Er lernte die schwedische Künsterin Karin Bergöö nicht an der Stockholmer Kunsthochschule kennen, wo beide zu unterschiedlichen Zeiten studieren, sondern in der Pariser Kunstszene des Impressionismus. Er ist gleich Feuer und Flamme für sie. Später heiratet er sie in dem französischen Künstlerdorf.

Carl hat, wie es erst viel später durch sein letzten Buch, seine Autobiografie "Ich", bekannt wird, eine gefährliche Armut, einen zerstörerischen und überforderten, früh sich von ihnen trennenden Vater erlebt. Dadurch leidet er, der die harmonische Welt malt, oft an suizidablen Depressionen und Selbstzweifeln. Für ihn wird das Zuhause in Sundborn eine Heilung oder zumindest eine Besänftigung von all den Schmerzen, Dämonen und Sorgen. Heute gibt es aus den sie überlebenden sieben Kindern zwischen zwei- und dreihundert Nachfahren, die sich oft an diesem Ort wiedersehen und zeitweise in der Sommerfrische oder an Weihnachten zusammenleben.

Das Rätsel des Lebens ist gelöst! Es ist bei Carl Larsson, als er seine Frau Karin Bergöö nicht nur geliebt, sondern auch geheiratet hat. Damit beginnt auch seine wahre, wertvolle produktive Lebenszeit. Es war für ihn, wie er in seiner Autobiografie schreibt, das größte Glück. Karin Larsson überlebt ihn neun Jahre und schafft beeindruckende Möbel, Teppiche, Decken und Bilder, die heute oft von Ikea nachgebaut werden. Sie kümmert sich auch weiterhin intensiv um die Kinder, zu denen sie überall hinreist. Karin ist diejenige, die ihn anstösst, weil es regnet, sich nicht zu grämen, sondern das Malen der Familien in den Innenräumen zu beginnen. So findet er die Rolle seines Lebens. Karin ist die wichtigste Kritikerin, mit der er jedes Werk nach Fertigstellung bespricht.

Bei mir ist es meine Frau Svenja, mit der ich zwei wunderbare Goldschätze erleben darf. Ich liebe meine Kunden über alles, jeden Einzelnen, ich kann ihnen so viel geben, weil ich zuhause so eine wärmende Familie erlebe. Am Ende schreibt Carl, daß er sich freut, was aus seinen Kindern auch nach seinem Tod werden wird. Seine Güte und sein Schirm wachen noch heute über sie. Dann sagt er noch, daß nicht nur die eigenen Kinder deine sind, sondern alle Kinder deine sind. Und er meint, daß wer nicht in Heirat und Partnerschaft oder egal in welcher Weise lebt oder leben kann, daß es ihm oder ihr vielleicht auch irgendwie zur Inspiration, Erinnerung oder Anmahnung dienen könne.

Carl Larsson ist mit seinem Werk der große Inspirator und Hohepriester des Lebens nicht nur für die schwedische, sondern auch für viele Familien geworden. Sein Buch "Das Haus in der Sonne" verkauft sich in Deutschland 500.000 Mal bis heute. Als ich meiner Frau von dieser Geschichte erzähle, habe ich den Eindruck, daß es ihr gut tut. Auch sie lebt unsere Familie, aber oft hat sie das Gefühl, daß es gesellschaftlich garnicht so sehr gewürdigt und anerkannt ist. Sie muss so viele Rollen erfüllen. Es ist so, als ich ihr von dieser Aussage erzähle, als ob ein Riß, der durch ihre Seele geht, eine Linderung oder gar eine Heilung erfährt. Sie ist über mehr als tausend Blogposts zur führenden Mütterbloggerin in Deutschland geworden. Es ist das gemeinsame Essen, die Schulaufgaben, das Wäsche waschen, die Urlaube zusammen, die das größte Rätsel des Lebens sind. We are all one. Wir alle, Bäume, Tiere und Menschen sind soziale, familiäre Wesen. Haben wir Respekt davor. Und genießen wir, daß wir füreinander und miteinander da sind. Und jedes Lebensmodell, daß Dir gut tut, ist ein gutes Modell.

Danke liebe Karin und lieber Carl für diese Erkenntnis.





Christoph Redl

Say HELLO. We are HERE.

3 Jahre

Lieber Uwe, wie schön....dass Du mir diese Geschichte erzählst......das Leben schreibt die schönsten Geschichten - DANKE

Ines Flügge

Passionate Project Manager, Inspiring Team Leader & NLP Coach

3 Jahre

So eine lebendige und liebevolle "Story" - danke, Uwe! 💖

Nicole Degenhart

Interkultureller Coach, DaF-Trainerin und Dozentin für Deutsch in Pflege und Medizin bei ManageGerman!

3 Jahre

Aus Schweden strömen so viele „einfache“ und gleichzeitig tief wahre und heilsame Weisheiten. Wie sehr hat mich auch Lindgrens „Bullerbü“ seit meiner Kindheit geerdet. Und bei meinen Reisen durch Skandinavien bin auch ich immer wieder auf diese liebevollen gastlichen Details gestoßen, die man dann im Herzen mitnimmt. Und vielleicht sogar bei IKEA wiederfindet. Mein kleines Highlight heute!😊Lieben Dank für diesen wunderbar inspirierenden Artikel, Uwe!

Susan Bühler-Bolz DieKulturBotschaft

Markenkommunikation & Konzepte & Moderation für Wirtschaft & Kultur

3 Jahre

Yes ❤️

Simone Harre

Schriftstellerin, Glücksforschung. Biografiearbeit, Interviews (Deutschland bis China), literarische Porträts, Romane, Poesie

3 Jahre

Schön… wenn ein Mensch so etwas im Leben sagen und finden kann. Inwendig. Auch schön, so geliebt zu werden. Teil zu sein.

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