Das TV-Dilemma in der Schweiz, ein Exkurs

Wie ist es möglich, in Zukunft als Produktionsfirma in der Schweiz TV Formate zu realisieren und zu vermarkten? Diese Frage stellten wir uns vor über 4 Jahren, als wir pro Jahr über 30 Sendungen der Autosendung „Tacho“ für das Schweizer Fernsehen SRF produzierten. Schon damals war klar, dass dieses Engagement irgendwann zu Ende gehen wird. Produktionen für das SRF zu realisieren, wird für unabhängige Produktionsfirmen immer schwieriger.

Ein Hauptgrund sind Sparmassnahmen, aber auch die immer weniger werdenden, langwierigen und kostspieligen Ausschreibungsverfahren.

 Dilemma #1

Die TV-Medienlandschaft in der deutschen Schweiz wird nach wie vor vom SRF mit 29,2% Marktanteil dominiert (Quelle: Mediapulse.ch). Die restlichen Schweizer TV-Sender teilen sich einen viel kleineren Kuchen untereinander auf. Die Privatsender, angeführt von CH Media (nationale Sender), erreichen mit sieben Sendern gerade mal 5,7 % Marktanteile in der Deutschschweiz (Personen ab 3 Jahren), die Regionalsender (inkl. TeleZüri) 2,5 % und Sat1 CH und Pro7 zusammen CH 5,7%. Wobei letztere nur wenige, kleine und teure Sendeplätze zu vergeben haben.

Diese Kanäle haben durchaus Potential, doch die Erfolgschance, ein gutes Produkt zu entwickeln, zu finanzieren und nachhaltig zum Erfolg zu bringen, sind gering. Zu gross sind die Kosten für den Sendeplatz und die Produktion, zu klein die Marktanteile und das Interesse vom Markt. 

 Dilemma #2

Lineares TV bleibt wichtig. Der Markt wird auch weiterhin Geld ins TV investieren, ob in Form von Werbung oder Sponsoring. Gerade Letzteres wird aber weniger, während die Produktionskosten steigen. Hinzu kommt: Gelder wandern immer mehr ins Digitale Marketing ab. 

Neue Wege mit überraschendem Ausgang

Mit diesen Erkenntnissen haben wir vor gut vier Jahren das Mobilitätsformat „GO! Das Schweizer Mobilitätsmagazin“ ins Leben gerufen. Die Onlineverbreitung steht im Vordergrund, während das lineare TV in einer zweiten Phase ausgestrahlt wird. Bereits in der Planung und Realisierung werden die verschiedenen Formen der Distribution berücksichtigt. Die Inhalte werden modular realisiert und feiern als einzelne Beiträge im Netz Premiere, bevor sie in einer Sendungsform im TV ausgestrahlt werden. Mit bluenews.ch (ehemals bluewin.ch), nau.ch und blue Zoom (ehemals Teleclub Zoom) im TV haben wir die richtigen Partner, um diesen Vertriebsweg zu gehen. 

Die Agrola AG wurde als Partner bereits in der Planungsphase involviert und hat massgeblich bei der inhaltlichen Ausrichtung auf eine nachhaltige Mobilität mitbestimmt. Dank des Vertrauens der Agrola in den neuartigen Hybrid aus Online und Privat -TV wurde das Format erst möglich. 

Seit der Lancierung im März 2019 produzierten wir tägliche Posts auf allen wichtigen Social-Media-Kanälen, über 100 journalistische Beiträge für bluenews.ch und 40 TV-Sendungen auf blue Zoom und im blue Pay TV. 

Heute, am Ende der zweiten Staffel, ist GO! mit sämtlichen Beiträgen auch auf nau.ch, mit Trailern auf PassengerTV und GasstationTV, beim Staffelstart in allen Blue Cinema's und aktuell auch auf Wilmaa.ch. Unser Format kann am Handy, beim Tanken, im Bus, gestreamt und im TV geschaut werden. Die Zahlen geben uns definitiv recht. Über 1,7 Mio. Views auf YouTube, Rekordwerte von 50'000 Page Impressions auf nau.ch und im Schnitt über 4500 Video Views auf bluenews.ch zeigen, dass das Format ein Bedürfnis erfüllt. Was uns besonders überrascht, ist der TV-Markt: GO! erreicht im Schnitt über 70'000 Zuschauer in der Netto Reichweite auf blue Zoom (bei den letzten vier Sendungen). Damit haben wir im Schnitt eine höhere Einschaltquote, als wir mit “Tacho” auf SRF2 hatten. Einerseits ist sicher der gute Sendeplatz für den Erfolg verantwortlich, andererseits hat das SRF mit der Entscheidung keine Schweizer Mobilitätssendung mehr zu produzieren, ein Geschäftsfeld offengelassen hat, welches wir nun exklusiv besetzen.

Die wichtigste Erkenntnis ist: Es gibt auch weiterhin ein grosses Bedürfnis nach linearem TV und einen Markt dafür. 

Das GO! im 2021 in die dritte Staffel geht, bestätigt, dass wir den richtigen Weg gehen.

Ohne innovative Firmen und Partner, die an dieses neuartige Format geglaubt haben, wäre diese neue Form von TV nicht möglich gewesen.

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