Interaktives TV: Vom Zuschauer zum Mitgestalter mit meinrbb.de
Mit dem Voting-Tool meinrbb.de hat der rbb absolutes Neuland betreten. Als erster öffentlich-rechtlicher Sender in Europa ermöglicht er es seinen ZuschauerInnen, sich an zahlreichen Live-Sendungen direkt via Smartphone, Tablet oder PC an Abstimmungen zu beteiligen und mit ihrer Meinung in Echtzeit den Verlauf der Sendung zu beeinflussen. Zeit für eine erste Zwischenbilanz.
Auch in Zeiten digitaler Transformation und des wachsenden Erfolgs von Streaming-Plattformen und Social-Media-Kanälen spielt das lineare Fernsehen eine zentrale Rolle. Nach wie vor schauen etwa 2,5 Millionen BerlinerInnen und BrandenburgerInnen abends um 20.15 Uhr klassisch Fernsehen. Und das wird sich voraussichtlich auch in den nächsten Jahren nicht grundlegend verändern.
Was sich aber ändern wird, ist das Fernsehen selbst. Eine wesentliche Rolle spielt dabei das Thema "Interaktion mit dem Nutzer". Ähnlich wie in der digitalen Welt, wird es für ZuschauerInnen zunehmend Möglichkeiten geben, sich vom reinen Konsumenten zum mündigen Akteur zu wandeln. Die von FernsehmacherInnen gern beschworene "Nähe zum Zuschauer" bekommt dabei eine ganz neue Dimension. Aus dem Empfänger (Zuschauer) wird so auch in linearen Medien selbst ein Sender. Und der klassische (Fernseh-)Sender wird selbst noch viel stärker zum Empfänger. ZuschauerInnen als aktive Mitgestalter des Programms – das kann eine erfolgsversprechende Zukunftsstrategie für das lineare Fernsehen sein.
Der rbb hat die ersten Schritte in diese Richtung bereits unternommen: Als am 15. April 2020 die Abendschau beim Thema Corona ihre ZuschauerInnen zur Sinnhaftigkeit von Kontaktbeschränkungen befragte, beteiligten sich spontan über 9000 Menschen über meinrbb.de. Auch danach hat die Abendschau regelmäßig ihr Publikum nach dessen Meinung zu wichtigen Themen befragt.
Gerade die Votings bei der Abendschau führten zu vielen positiven Reaktionen der UserInnen: "Es ist gut, offen seine Meinung zum Ausdruck bringen zu dürfen", "…bin überrascht, wie sehr die Befragungsergebnisse von meiner Einschätzung der Situation abweichen", "Die richtige Frage zur richtigen Zeit bringt Ihnen aktuelle Befragungsergebnisse und uns als Zuschauer und Bürger die Chance zu sagen, wie wir das sehen. Prima! Weiter so!"
Das Besondere an meinrbb.de ist die Darstellung der ZuschauerInnen-Meinungen in absoluter Echtzeit. Noch während die ModeratorInnen die Frage formulieren, startet die Abstimmung auf dem Bildschirm und somit "vor aller Augen". Schon nach wenigen Momenten kennen ModeratorIn und Redaktion das Meinungsbild ihrer ZuschauerInnen, können Studiogäste mit dieser "Momentaufnahme" konfrontieren oder aber nach einer kontroversen Diskussion mit starken Argumenten über ein erneutes Voting einen möglichen Meinungswandel bei den ZuschauerInnen abfragen.
Beim rbb-Bürger-Talk "Wir müssen reden" ist meinrbb.de von Beginn an ein fester Sendungsbaustein. Regelmäßig nutzen dort bis zu 5000 ZuschauerInnen das Voting-Tool, um sich direkt an der Sendung zu beteiligen. Redaktionsleiter Thomas Baumann schätzt dabei vor allem die "absolut einfache Bedienbarkeit" und die Möglichkeit, selbst spontan während der Sendung Fragen zu formulieren und diese zur Abstimmung zu stellen. "Das ist das schnellste elektronische Umfrage-Tool, das ich kenne."
Etwa 150.000 UserInnen haben sich in den letzten Monaten im Rahmen von rbb-Fernsehsendungen mindestens einmal (viele öfter) an Umfragen über meinrbb.de beteiligt. Im Schnitt sind das etwa 1 - 4% aller ZuschauerInnen einer Sendung. Was wenig klingt, ist in Wahrheit eine Interaktions-Rate, die noch vor wenigen Jahren als völlig unerreichbar galt. Und sie ist massiv ausbaubar.
In welchem Umfang ZuschauerInnen das Voting-Tool nutzen, hängt maßgeblich von der Relevanz der gestellten Fragen ab. Je wichtiger der Frage-Gegenstand für das Alltagsleben unseres Publikums, je klarer die Antwort-Alternativen, desto höher auch die Bereitschaft der ZuschauerInnen, sich selbst einzubringen. Je transparenter und glaubwürdiger diese Meinungen von den Sendungsmachern als echtes Gestaltungsmittel genutzt werden, desto bewusster wird dem/r ZuschauerIn diese Möglichkeit zur aktiven Mitgestaltung und die daraus resultierende Macht als mündige/r MediennutzerIn.
Wenn sich FernsehmacherInnen – wie bei der "rbb Praxis" – dann auch trauen, die Dramaturgie ihrer Sendung durch das Voting ihrer ZuschauerInnen über meinrbb.de beeinflussen zu lassen, kann Fernsehen zu einem Mit-Mach-Erlebnis werden, wie es keine Streaming-Plattform je bieten kann.
Aber auch Radio- und Onlineredaktionen können mit meinrbb.de ihre HörerInnen und NutzerInnen enger einbeziehen. Würde ein/e RadiomoderatorIn via meinrbb.de ein Voting zu einer tagesaktuellen Frage auslösen, könnten umgehend alle HörerInnen auf ihren Handys abstimmen und gleichzeitig das Meinungsbild der Radio-Community ablesen. RadiomacherInnen wüssten sofort, was eine (nicht-repräsentative) Mehrheit ihrer HörerInnen denkt, statt nur 2-3 von ihnen am Telefon zu befragen.
Rund um meinrbb.de sind künftig auch komplett neue Formate denkbar. Auch deshalb, weil das Tool neben der klassischen Voting-Option noch viele andere – bislang von uns noch wenig genutzte – Möglichkeiten bietet. So können NutzerInnen problemlos ihre Kommentare zum Programm aber auch Audios und Videos an die Redaktionen senden.
Stellv. Redaktionsleiter, Redaktion Programmdaten; Projektmanagement bei Rundfunk Berlin-Brandenburg
3 JahreKlingt vertraut, die Idee 😉