Datenschutzblog 11.23
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Datenschutzblog 11.23

Die Digitalisierungswelle im Gesundheitswesen kommt! – Das Bundeskabinett hat den beiden Gesetzesentwürfen des Bundesgesundheitsministers zugestimmt. 

Das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) sowie ein Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG) wurden vom Bundeskabinett bestätigt. 

Damit konnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die rechtliche Grundlage für eine umfangreiche Digitalisierungsreform im Gesundheitswesen schaffen. 

Es ist hinreichend bekannt, dass die Digitalisierung in Deutschland in den letzten Jahren verschleppt worden ist. Insbesondere wurde dies während der Coronapandemie ersichtlich. 

Daher will der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nun mithilfe von neuen Gesetzen das Gesundheitssystem modernisieren bzw. die Digitalisierung vorantreiben. 

Dabei soll das Digital-Gesetz beispielsweise schwerpunktmäßig die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) sowie das elektronische Rezept (E-Rezept) erleichtern und somit fördern. 

Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz auf der anderen Seite soll die medizinische Forschung unterstützen, indem es die Erhebung, Verarbeitung und Übermittlung von Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken erleichtert. 

Bei diesem Gesetz hat der Bundesgesundheitsminister neben der unentgeltlichen Nutzung der Gesundheitsdaten auch die kommerzielle Nutzung befürwortet bzw. zumindest nicht gänzlich abgelehnt. 

Dies wird mit Blick auf die Betroffenenrechte sowie der besonders sensiblen personenbezogenen Daten in Verbindung mit dem Grundgesetz etwas restriktiver zu gestalten sein und daher noch für einige Diskussionen unter den Experten sorgen. 

Bevor hier näher auf die datenschutzrechtlichen Besonderheiten eingegangen wird, soll kurz ein Überblick über die Entwicklung der Gesetze gegeben werden, um die Zusammenhänge und Problematiken besser nachvollziehen zu können. 

Die bisherigen Schwierigkeiten bzgl. der Digitalisierung im Gesundheitswesen 

Fachkräftemangel 

Während andere Länder, allen voran die USA, Großbritannien, Japan und viele andere schon seit langem die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorantreiben, tat Deutschland sich bisher schwer daran mitzuziehen. 

Die Zurückhaltung Deutschlands wird damit begründet, dass die Speicherung und Übertragung von Gesundheitsdaten in digitaler Form strenge Datenschutz- und Sicherheitsmaßnahmen erfordert. 

Dies zu bewerkstelligen ist eine Mammutaufgabe, da neben den rechtlichen Grundlagen auch die entsprechenden IT-Fachkräfte vorhanden sein müssen, um den Betrieb ordnungsgemäß zu gewährleisten. 

Aufgrund des demografischen Wandels sowie der Sprachbarriere fehlen Deutschland im Vergleich zu den englischsprachigen Ländern verhältnismäßig viele IT-Fachkräfte. 

Kompatibilität der Systeme 

Im Gesundheitswesen wird eine Vielzahl von Informationssystemen verwendet. 

Daher ist es eine Herausforderung, die Kommunikation unter den Systemen zu gewährleisten und somit die Interoperabilität zu gewährleisten. 

Eine große Herausforderung, der man sich bisher nicht stellen wollte. 

Diesbezüglich müssen einheitliche Standards geschaffen werden. 

Es besteht zudem die Gefahr, dass bei einem Ausfall der Systeme die Patientenversorgung beeinträchtigt sein könnte. 

Daher stellt sich die Frage, wie Notfallpläne/Backup/Recovery Systeme eingestellt sein müssen. 

Darüber hinaus stellt sich auch die Frage nach den Rechenzentren. 

Soll der Staat seine Rechenzentren weiter ausbauen oder ist eine Beteiligung von privatem Anbieter geplant? 

Gewöhnungsprozess für Patienten und Mitarbeiter 

Die Umstellung bzw. Digitalisierung wird insbesondere nicht technikaffinen Menschen, insbesondere Senioren sowie alteingesessenen Mitarbeitern im Gesundheitswesen schwerfallen. 

Maßnahmen wie regelmäßige Schulungen und Workshops werden notwendig sein, um die Akzeptanz bei der Bevölkerung zu erhöhen. 

Budgetproblem 

Gerade mit Blick auf die derzeitige wirtschaftliche Lage, aber auch mit Blick auf die vergangenen Corona Jahre, könnten die erforderlichen Investitionen im Gesundheitswesen eine unzumutbare Belastung für die Gesundheitseinrichtungen darstellen. 

In Deutschland ist das Gesundheitswesen nämlich durch Gesetze sehr stark reguliert. 

Gerade der Umgang mit Gesundheitsdaten unterliegt sehr strengen Anforderungen. 

Diese strengen gesetzlichen Anforderungen mit den Anforderungen der IT-Sicherheit zu verbinden, stellte sich in der Praxis als äußerst schwierig dar. 

Misstrauen/Angst gegenüber der künstlichen Intelligenz (KI) 

Die KI hat durch OPENAI heute einen großen Bekanntheitsgrad erreicht. 

KI wird nicht mehr aufzuhalten sein. Weder im Privatleben noch im öffentlichen Bereich. 

Primär rückt der Einsatz von KI bei der Verarbeitung von Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken immer näher. 

Die KI muss mit Daten "Geladen" und trainiert werden, damit sie sich stetig selber optimieren und uns Menschen eines Tages bei der Diagnose und Behandlung von Krankheiten sinnvoll unterstützen kann. 

Fraglich ist allerdings, in welche Ausmaße die KI mit Gesundheitsdaten in Kontakt kommen soll. 

Dies ist nicht nur eine regulatorische Frage, sondern vor allem eine ethische sowie moralische Frage.   

Die künftigen Neuerungen im Gesundheitswesen 

Zunächst einmal werden die beiden Gesetze es Patienten ermöglichen, wichtige Gesundheitsinformationen an einem zentralen Ort abzulegen und mit Ärzten, Krankenkassen und anderen Institutionen aus dem Gesundheitswesen zu teilen. 

Ein weiterer Vorteil wird sein, dass Patienten künftig vollständigen Zugriff und Kontrolle über Ihre ePA haben. 

Damit wird den Patienten ein sog. Selbstbestimmungsrecht zugestanden, also selbst entscheiden zu dürfen, wem sie welche Gesundheitsdaten freigeben. 

Darüber hinaus können Sie einzelne Gesundheitsdienstleister davon ausschließen durch einen Widerruf. 

Das Problem der fehlenden Interoperabilität soll durch die ePA gelöst werden. 

Diese soll nämlich universal mit verschiedenen Gesundheitssystemen sowie Dienstleistern kompatibel sein. 

Dadurch kann der sichere Austausch von Gesundheitsdaten gewährleistet werden. 

Gesetzlich wurde die ePA bereits am 1.1.2021 gesetzlich eingeführt. 

Versicherten wurde damals erstmals die freiwillige Nutzung der ePA ermöglicht. 

Die Nutzung konnte durch einen Antrag bei der Krankenkasse beantragt werden. 

Der gravierende Unterschied liegt darin, dass die ePA den Zugriff auf relevante Patientendaten schneller ermöglicht. 

Schnelligkeit ist gerade bei der Diagnosestellung sowie während der Behandlung von großem Vorteil und kann im Ernstfall sogar Menschenleben retten. 

Trotz all dieser Vorteile und Errungenschaften, gibt es bedauerlicherweise auch einige Kritikpunkte, die nicht außer Acht gelassen werden können. 

Das Thema Cyberkriminalität sowie Datenlecks spielt gerade im Kontext von ePA eine besonders wichtige Rolle. 

Wer stellt die Infrastruktur, die Anwendungen und vor allem wie sehen die konkreten Notfallpläne aus? 

Fragen, die schon zuvor unbeantwortet blieben bzw. nicht näher erläutert worden sind. 

Darüber hinaus gibt es weiterhin auch technische Herausforderungen wie zum Beispiel die Wartung der Systeme, um die Funktionsfähigkeit der ePA zu gewährleisten. 

Gerade diese Punkte könnten Ärzte und medizinisches Personal vor Zweifel stellen, die ePA im Arbeitsalltag zu nutzen und bei den Patienten auch positiv zu bewerben. 

Gerade zu Beginn ist es nicht von der Hand zu weisen, dass die ePA erst in den Arbeitsalltag und den Betrieb der Gesundheitsdienstleister integriert werden muss. 

Dadurch wird die Verwaltung der Gesundheitsdienstleister mit einer erheblichen Mehrbelastung zu kämpfen haben. 

Dies wirkt sich zwangsläufig auf die Bearbeitungsvorgänge und somit auf die Effizienz negativ aus. 

Somit wäre genau das Gegenteil von dem Erreicht, was man ja versucht zu verhindern. 

Hierbei muss man aber erwähnen, dass dies nur kurzfristig sein wird und die ePA auf mittel bis langfristig das Gesundheitswesen effizienter gestalten wird. 

Die Einführung der ePA ist, wie bereits zuvor erwähnt, mit Kosten verbunden. 

Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Krankenkassen diese Kosten auf die Versicherten umwälzen bzw. die Gesundheitsausgaben gekürzt oder die Beiträge noch einmal stark angezogen werden. 

Schließlich gibt es immer noch keine Lösung bzw. entsprechenden Konzepte, wie beispielsweise Patienten ohne Internetzugang oder Patienten ohne hinreichende technische Kenntnisse an die ePA herangeführt werden sollen. 

Diese Patienten werde vermutlich nicht von den Vorteilen der ePA profitieren können bzw. würden dementsprechend benachteiligt werden. 

Letztlich ist noch zu klären, wie sich die kommerzielle Nutzung der Gesundheitsdaten gestalten soll und in welchem Maße technische Ausfälle zumutbar sind und ab welchem Zeitpunkt ein Super-GAU für das gesamte Gesundheitswesen und damit für die Patientenversorgung entstehen könnte. 

Es lässt sich festhalten, dass grundlegende Änderungen im Gesundheitswesen bevorstehen. Die Umsetzung dieser Änderungen weiterhin mit ein paar Herausforderungen verbunden ist. 

Daher heißt es erst einmal abwarten!  

Quellen: 

Bundeskabinett beschließt Digitalgesetze für bessere Versorgung und Forschung im Gesundheitswesen | bundesgesundheitsministerium.de 

Kabinettvorlage_Digital-Gesetz-DigiG.pdf | bundesgesundheitsministerium.de 

Kabinettvorlage_Gesundheitsdatennutzungsgesetz-GDNG.pdf |bundesgesundheitsministerium.de 

Kabinett beschließt Gesetze zur Digitalisierung im Gesundheitswesen | aerzteblatt.de 

Lauterbach will Gesundheitsdaten besser digitalisieren | tagesschau.de 

 

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