Der DFB - Chance verpasst

Damit meine ich nicht das gestrige Spiel gegen Spanien, denn da gab es ja so gut wie keine, sondern, dass man es verpasst hat, Verantwortung zu übernehmen und Haltung zu zeigen.

In der heutigen Zeit und in einer immer komplexer werdenden Welt ist es nicht immer einfach Haltung zu zeigen, Werte zu vertreten und Verantwortung zu übernehmen, da sehr oft die Sachverhalte gegeneinander aufgewogen werden und es sehr schnell zu polarisierenden Diskussionen kommt, die man im Ganzen nicht immer überblicken kann. Für den DFB aber wäre es in diesem Fall sehr einfach gewesen und man hat eine große Chance verpasst.

Der Fußball geniesst aktuell schon einen Sonderstatus, was bei vielen Menschen auf Unverständnis stößt. Und zusätzlich fliegen die Profikicker durch Europa, nach dem sie kurz zuvor gegen eine Mannschaft mit Corona infizierten Spielern gekickt hat, um in der nach eigenen Aussagen angeblich nicht so wichtigen Nations League zu spielen.

Was entscheidend und sehr bedenklich ist, dass sich die Verantwortlichen (Sportchef und Trainer) hinstellen und so tun als könne man selber nichts machen und man durch die UEFA gezwungen werde zu spielen. Das Gesundheitsamt sagt zudem, dass man nicht dafür verantwortlich sei, dass das Spiel ausgetragen wird, aber vorher stuft man das Spiel als unbedenklich ein. So schiebt es jeder auf den anderen und keiner übernimmt die Verantwortung und keiner zeigt eine klare Haltung. Es ist natürlich viel einfacher die UEFA als Buhmann hinzustellen, da ihr Image ja ohnehin nicht das beste ist. Aber braucht es denn immer eine höhere Instanz, um die richtige Entscheidung zu treffen oder ist es nicht nur der einfachere Weg sich aus der Verantwortung zu stehlen?

Es wäre ein wichtiges Signal des DFB's gewesen, spätestens das Spiel der viel beachteten Nationalmannschaft gegen Spanien abzusagen und somit zu dokumentieren, dass man sich solidarisch erklärt und die aktuellen coronabedingten Kontakteinschränkungen sehr ernst nimmt.

Das Absurde ist, dass es bei einer Absage im Prinzip nur Gewinner gegeben hätte. Die zur Zeit sehr geforderten Spieler hätten etwas mehr Erholung, die Gefahr für Coronainfektionen und weitere Verletzungen wären geringer gewesen und der DFB hätte etwas für das Image des Fußballs getan. Hinzu kommt, dass das Spiel ohne Zuschauer im Stadion stattgefunden hat und die aktuellen Spiele nicht gerade zu den TV Quotenhits zählen. Also, warum will man unbedingt spielen? Am Ende sind dem DFB dann doch die Verträge und TV Gelder wichtiger als Solidarität?

Aber mal ehrlich, wenn ein Verband es sich leisten kann, dann ist es wohl der mitgliederstarke und einflussreiche DFB, der meines Wissens nicht kurz vor der Insolvenz steht. Und was würde denn passieren? Die UEFA verklagt den DFB, weil dieser in der aktuellen Ausnahmesituation eine vernünftige Entscheidung trifft?  

Um im Bild zu bleiben. Aus meiner Sicht lag der Ball für den DFB auf dem Elfmeterpunkt und leider ist der Schütze ausgerutscht und hat den Ball in den Nachthimmel gejagt.

Oliver Bierhoff sprach vor einigen Tagen noch von dunklen Wolken über der Nationalmannschaft. Nun ja, er hätte selber dazu beitragen können, diese ein wenig bei Seite zu schieben und man hätte sich zudem eine historische Niederlage erspart. Aber wer weiß wozu dieses Spiel gut war. Leider wird man jetzt verstärkt über den Trainer und die Spieler reden statt über die Tatsache, dass man das Spiel überhaupt ausgetragen hat.

In dieser Zeit sprechen wir viel darüber, was wir aus der Corona Zeit mitnehmen, ob sich unsere Haltung verändert, wie die Gesellschaft zukünftig zusammen leben möchte, welche Werte wir zukünftig vertreten sollten u.v.m. Und vor diesem Hintergrund ist es sehr schade, dass große Organisationen wie der DFB (auch wenn es hier nur um Fußball geht) so große Chancen liegen lassen.

Patrick Perret 18.11.2020