Der Gesang der Ahnen
In den nebelverhangenen Hügeln des alten Éire lebte einst ein junges Mädchen namens Siobhan. Sie war bekannt für ihre außergewöhnliche Gabe, die Stimmen der Natur zu hören - das Flüstern der Bäume, das Raunen der Steine und die Melodien des Windes. Doch als der gefürchtete Schwarze Winter nahte, der alle sieben Generationen das Land heimsuchte, wurde ihre Seele von Furcht ergriffen.
Die Ältesten hatten sie auserwählt, zum heiligen Hügel der Vorfahren zu reisen, um dort das uralte Ritual der Erneuerung zu vollziehen. Ohne dieses Ritual würde das Land in ewiger Dunkelheit versinken. Doch der Weg dorthin führte durch den Schattenwald, wo die Geister der Vergangenheit hausten.
In der Nacht vor ihrer Reise erschien ihr ihre Großmutter im Traum, die große Geschichtenweberin Aoife, die vor einem Jahr in die Anderswelt gegangen war. "Kind", sprach sie sanft, "deine Angst ist wie Nebel über dem Moor - sie lässt alles größer und bedrohlicher erscheinen als es ist. Erinnere dich: In dir fließt das Blut aller, die vor dir waren."
Sie lehrte Siobhan einen uralten Gesang: "Wenn die Furcht dich zu überwältigen droht, dann singe: 'Ich bin der Lachs, der durch die silbernen Stromschnellen springt, ich bin der Hirsch, dessen Geweih den Mond berührt, ich bin der Falke, der über den Wolken schwebt, ich bin die Weide, die sich im Sturm biegt und nicht bricht, ich bin das Feuer in der Höhle der Ahnen...'"
Als Siobhan am nächsten Morgen aufbrach, begegnete sie all den Schrecken, von denen die alten Geschichten erzählten. Nebelmänner, die mit kalten Fingern nach ihrer Seele griffen. Irrlichter, die sie vom Weg locken wollten. Der heulende Wind, der ihre dunkelsten Ängste in ihr Ohr schrie.
Doch jedes Mal, wenn die Angst sie zu lähmen drohte, erinnerte sie sich an die Worte ihrer Großmutter. Sie begann zu singen, erst leise, dann immer kraftvoller. Mit jedem Wort spürte sie die Kraft ihrer Vorfahren in sich erwachen. Der Mut der Kriegerin, die Weisheit der Druidin, die Ausdauer des Wanderers, die Sanftheit der Heilerin - sie alle waren Teil von ihr, hatten nie aufgehört zu existieren.
Die Naturgeister hörten ihren Gesang und erkannten in ihr die Stimmen all jener, die vor ihr gekommen waren. Die Nebelmänner wichen zurück, die Irrlichter zeigten ihr den wahren Weg, und der Wind wurde zu ihrem Verbündeten.
Als sie den heiligen Hügel erreichte, erkannte Siobhan eine tiefe Wahrheit: Ihre Angst war nicht verschwunden, aber sie hatte gelernt, dass sie größer war als ihre Furcht. In ihrem Herzen trug sie die Kraft unzähliger Generationen, die in der Natur weiterleben - im Rauschen der Bäume, im Flug der Vögel, im Plätschern der Quellen.
Das Ritual, das sie vollzog, war von solcher Macht, dass der Schwarze Winter sich zurückzog und das Land erneut erblühte. Die Menschen erzählen sich noch heute, dass in stürmischen Nächten Siobhans Gesang zu hören ist, der all jenen Mut macht, die sich ihren Ängsten stellen müssen.
Und so lehrt uns ihre Geschichte: Wer in schweren Zeiten die Verbindung zu seinen Wurzeln sucht, der findet sie überall. Denn nichts geht jemals verloren - es verwandelt sich nur, wie der Nebel, der sich in Morgentau verwandelt.
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1 MonatEine der fünf Quellen des mutigen Handelns: die Verbundenheit, das freudige JA zu all dem, was Geist, Seele und Körper nährt.