Der schleichende Tod des Flexi-Patriarchats – Warum jetzt auch Männer nicht immer können und was das mit dem Überleben Ihres Unternehmens zu tun hat!
Was auch immer Ihr jetzt erwartet habt: Sorry, es geht nur um Flexibilität und um Arbeitszeit und dass der steigende Flexibilitätsbedarf in den Unternehmen immer seltener durch Freiwilligensysteme abgedeckt werden können.
Aber fangen wir von vorne an: Was ist eigentlich mit Flexi-Patriarchat gemeint?
Bisheriges Modell: Papa bei der Arbeit, Mama zu Hause
Mit Flexi-Patriarchat ist gemeint, dass Männer im Beruf unglaublich flexibel sein können (zeitlich), weil sie sich zu Hause um nichts kümmern müssen, da ja die Frau sich um Haushalt und Kinder kümmert.
Viele Unternehmen beziehen auch heute noch die für das Unternehmen überlebenswichtige Flexibilität vielfach genau von diesen Männern, die freiwillig jederzeit länger bleiben können (früher gehen wollen sie aber in der Regel nicht, wenn weniger zu tun ist…). Über die Gründe kann man an dieser Stelle nur spekulieren…
Freiwillige Flexibilität nimmt ab
Für diese Unternehmen habe ich jetzt eine schlechte Nachricht: Diese Art der Flexibilität wird zunehmend weniger werden.
Zu tun hat dies mit einer sich seit ein paar Jahren radikal verändernden Väterrolle.
Bei meinem früheren Arbeitgeber wäre ich als Führungskraft degradiert worden , wenn ich so etwas wie Elternzeit auch nur in Erwägung gezogen hätte (mittlerweile ist dies auch dort möglich!)
Heute ist das komplette Normalität. Mittlerweile ist es auch bei Beratungsterminen normal, dass ein junger Vater vorab verkündet, dass der Termin nur bis 16:30 Uhr gehen kann, weil er dann ja sein Kind aus der Kita abholen muss. Auch das ist bis vor 3 Jahren in vielen Unternehmen fast undenkbar gewesen.
Was sich mittlerweile „normal“ anhört, hat tiefgreifende Auswirkungen für die Unternehmen. Wie ich bereits erwähnt habe, gibt es viele Unternehmen mit an sich starren Arbeitszeiten, die darauf bauen, dass sich freiwillig immer jemand finden wird, der kurzfristig einspringt.
Diese Haltung wird auch von Betriebsräten verstärkt, die das Prinzip der Freiwilligkeit hochhalten, weil ja keiner zu etwas gezwungen wird (zumindest nicht vordergründig…).
Der Pool an Freiwilligen hierfür waren bis dato Männer (egal ob mit oder ohne Familie) und Frauen ohne (Klein-)Kinder.
Es wird immer schwieriger Freiwillige zu finden
In unseren Projekten beobachten wir nun ziemlich flächendeckend, dass bereits heute der Enthusiasmus für Freiwilligkeit stark nachlässt. Dies hat mehrere Ursachen:
Neben der veränderten Väterrolle hat auch der demografische Wandel damit zu tun.
Gerade die älteren Kollegen sind häufig sehr mit den Unternehmen identifiziert und springen bei Bedarf ein (auch wenn es mal nicht so passt).
Mittlerweile steigt aber der Flexibilitätsbedarf fast überall an, so dass die Anfragen immer häufiger werden. Gleichzeitig nimmt aber die Leistungsfähigkeit gerade bei diesen älteren (i.d.R. immer gleichen) Kolleg(inn)en ab. Dies kombiniert mit der Tatsache, dass jüngere Kolleg(inn)en sich oft nicht beteiligen (so die ziemlich flächendeckende Rückmeldung unserer Kunden), führt dazu, dass auch die bis dato immer zur Verfügung stehenden Beschäftigten irgendwann nicht mehr wollen.
Flexibilität muss neu geregelt werden
Für das Überleben von Unternehmen ist Flexibilität im Hinblick auf Bedarfe und Kundenwünsche mittlerweile unabdingbar.
Wenn also die alten Flexibilitätsmechanismen nicht mehr funktionieren, müssen neu geschaffen werden.
Hierfür muss man erstmal herausfinden, wie groß der Flexibilitätsbedarf überhaupt ist, um dann unterschiedliche Flexibilitätsmodelle zu definieren, die diesen Bedarf decken.
Die Basisidee ist, dass man für Mitarbeiter attraktive Modelle mit unterschiedlichem Flexibilitätsgrad definiert, die die Mitarbeiter je nach Lebenssituation wählen oder auch abwählen können. Innerhalb des gewählten Modells ist die Flexibilität für den Arbeitgeber wiederum verbindlich abrufbar.
Es geht also darum, die für die einzelnen Mitarbeiter jeweils leistbare Flexibilität so zu kombinieren, dass die Gesamtflexibilität des Unternehmens abgebildet wird.
Wenn Ihr jetzt neugierig geworden seid, wie das funktioniert, dann folgt mir auf LinkedIn, sendet mir eine PM oder kontaktiert mich unter: www.ssz-beratung.de/kontakt
Fazit
Der Flexibilitätsbedarf in Unternehmen wird heute überwiegend über Freiwillige gedeckt, die oft durch in Vollzeit arbeitende Männer gestellt werden. Der steigende Flexibilitätsbedarf, alternde Belegschaften und eine andere Anspruchshaltung jüngerer Generationen sowie sich eine damit verändernde Väterrolle (was sehr gut ist!) führen zu immer weniger Freiwilligkeit wodurch die Überlebensfähigkeit von Unternehmen gefährdet werden kann.
Daher muss Flexibilität in Form von Flexibilitätsmodellen neu definiert und umgesetzt werden.
PS: Der Autor ist Jahrgang 68 und war und ist einer dieser Vollzeit-arbeitenden Männer, dessen Frau sich um die Kinder gekümmert hat. Aus heutiger Sicht wäre er froh gewesen, wenn man das auch anders hätte organisieren können
Business Assistant - Deutsche Telekom IT
4 JahreRollenbilder ändern sich einzig und allein durch die aktive Ausübung und das Erleben von Rollen. Bei mir (ähnlicher Jahrgang wie der Autor) und meinem Mann sind die Rollen vertauscht. Leider passt das nicht zu den nachhaltig verankerten Bildern mit denen wir Beide aufgewachsen sind, Heißt: niemand hält mir den Rücken frei während mein Mann sich anhören muss das Andere ganze Unternehmen leiten und er nichts tut außer sich um unser "besonderes" Kind zu kümmern. Motivation geht anders.
#diesoziokratieexpertin. Certified Sociocracy Expert CSE
4 JahreInteressant! Ich fand das lange ein echtes Problem für Menschen wie mich, wo es wichtig war zu einer ganz bestimmten Zeit zu Hause zu sein und oft von Meetings gehen zu müssen, die länger dauerten, als gesagt. Die interessanten Dinge wurden dann immer hinterher vereinbart.
Top 100 Excellent Speaker, Author, Helping Scrum Masters to gain their full potential
4 JahreToller Artikel. Danke 👍🏻
Geschäftsführer | LinkedIn Vertriebssystem & Business Consulting | Ganzheitliche Online-Vertriebskanäle für mehr passende Kunden und relevante Sichtbarkeit | Realisiere dein volles berufliches Potential
4 JahreDanke für deinen Artikel Guido Zander. In meinen Augen bietet Homeoffice für viele Väter, aber auch viele Mütter eine große Chance, um noch näher bei der Familie bzw. den Kindern zu sein.
Sehr schöner Artikel, Guido Zander, bei „Flexi-Patriarchat“ musste ich schmunzeln, ein sehr schöner Neologismus ;) Ansonsten stimme ich voll zu. Es ist gerade sehr viel im Wandel. Und wenn wir dieses Potential ausschöpfen, lässt sich in dieser Hinsicht vielleicht sogar schneller etwas verändern, als wir es denken könnten. Nochmals vielen Dank und Bosnian nächsten Artikel ;)