Die Abschiedsreise

Die Abschiedsreise

Liebe Planetary-Business-Freunde,

ich schreibe diesen Text in Österreich, in einem traditionellen Skigebiet. Eine von vielen schönen Kindheitserinnerungen ist für mich das Skifahren, und so scheint es mir selbstverständlich, dass ich auch meinen Kindern diese wunderbare Erfahrung in der Natur ermögliche. Es ist nur nicht mehr so, wie ich es kannte. Eher fühlt es sich an wie eine perverse Mischung aus Sommer- und Winterurlaub. Soweit das Auge reicht, ist hier – kein Schnee. Selbst auf 2.000 Metern Höhe fühlt es sich an wie Anfang Mai. Die Skiausrüstung verursacht Hitzewallungen, und die Vorstellung, wie viel Wasser und Energie der Kunstschnee verbraucht, gibt mir den Rest. Spätestens jetzt ist klar: Dies ist eine Abschiedsreise.

Ein erstes, noch kleines Beispiel für das, was das Bundesverfassungsgericht meinte, damit, dass wir die Freiheiten unserer Kinder einschränken, wenn wir nicht jetzt viel konsequenter Umwelt und Klima schützen.

Eine Skipiste in Österreich: nur ein schmaler Streifen Schnee ist zu sehen, rundherum liegen Wiesen undErdboden offen.
Ein trauriges Bild: Österreich im Januar 2023


Unsere Klimaziele sind viel zu schwach

Wie deutlich muss unser Planet eigentlich noch werden, bis wir handeln? Die neuesten Zahlen zeigen, dass nicht mal ein Land wie Deutschland, in dem wirklich andauernd über das Klima geredet wird, die Treibhausgasemissionen im Jahr 2022 auch nur einen Hauch reduziert hat. Was wir haben, sind selbstzufriedene Absichtserklärungen, dass wir vielleicht irgendwann die Dekarbonisierungspläne umsetzen, die wir jetzt mit viel Wunschdenken zu Papier bringen.

Nochmal zum Mitschreiben: Die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens sind viel zu schwach. Die Tatsache, dass sich die Weltengemeinschaft im Wesentlichen darauf geeinigt hat, heißt doch nicht, dass der Planet mit einem Net-Zero-bis-2050-Plan klarkommt. Wir tun so, als könnten wir uns mit leichten Reduktionen und ein paar Effizienzverbesserungen durchmogeln bis ins nächste oder übernächste Jahrzehnt. Wenn ich mir vorstelle, wie sehr sich die Lage allein in den letzten fünf Jahren verschlimmert hat, ist eine Frist bis 2050 absoluter Wahnsinn.

Die Lösungen sind da

Es gibt Lösungen. Carbon Capture and Storage/Usage können wirkungsvoll und kostengünstig werden. Und vor allem sind nature-based Solutions wie der Schutz von Wäldern und Mooren seit Jahrmilliarden bewährt und eigentlich ein no-brainer. Denn sie sind auch überlebenswichtig für die Arten, für gesunde Böden und reines Wasser. Selbst die Dekarbonisierung geht voran, allerdings mehr im privaten als im öffentlichen Sektor, scheint mir. Und das ist irre. Aber nach wie vor will kaum jemand an den vierten Hebel ran, an die Dematerialisierung. Da geht es nämlich tatsächlich an die Gewohnheiten. Den Strom woanders her zu beziehen, verlangt ja kein echtes Umdenken. Aber grundsätzlich weniger Material zu verbrauchen? Schweigen im – kranken oder abgeholzten - Walde.

Das lässt sich nur damit erklären, dass die Menschheit den Schuss echt noch immer nicht gehört hat. Vielleicht wäre 2023 ein gutes Jahr, um zu Verstand zu kommen?

Ich wünsche Ihnen allen viel Energie und wirkungsvolle Ideen, damit wir hier endlich vorankommen.

Herzliche Grüße,

Ihre Stefanie Hauer

Dr. Thomas Pieper

Founder & Senior Researcher | aqua sustainament

2 Jahre

absolut, liebe Stefanie Hauer. Sehr gut und insbesondere sachlich auf den Punkt gebracht 🤗

Christian Krauß

Manager bei KHI Immobilien

2 Jahre

„Selbstzufrieden“, „absoluter Wahnsinn“, „das ist irre“, „dass die Menschheit den Schuss echt noch immer nicht gehört hat. Vielleicht wäre 2023 ein gutes Jahr, um zu Verstand zu kommen?“ Das sind für meine Begriffe zu viele aggressive und beleidigende Phrasen, die am ernsten Thema vorbeigehen und eine Diskussion nur in der eigenen Bubble erlauben. So überzeugst Du, liebe Schwester, mich als passionierten Skifahrer nicht. Gerne löse ich in Deiner Welt einen Shitstorm aus, aber 2 Wochen zuvor bin ich bei 1 Meter Neuschnee und -12 Grad in Österreich Ski gefahren. Daher ist ein einzelnes Wetterereignis immer zu wenig. Auch in den Vorjahren war dies so, in 2020 fiel so ziemlich der meiste Schnee seit 20 Jahren, in 2017 waren wir im Januar eingeschneit. Auch in der vorindustriellen Zeit gab es Wärme- und KältePerioden, die extremer waren als dies heute der Fall ist. Ich bin auch sehr gegen unnötige Schneekanonen und die damit verbundene Energieverschwendung. Auch fahre ich nur in präparierten Gletschergebieten, wenn darauf genug Schnee liegt. Deswegen, nimm ein bisschen die Aggression heraus, und gestatte für Diskussionen auch andere Meinungen ohne Deine Nase zu rümpfen.

Fritz Lietsch

Publisher, Key-note speaker, Social Entrepreneur

2 Jahre

Hallo Stefanie, Du sprichst mir aus dem herzen. Willst Du diesen wundervollen Text noch etwas ausbauen und ihn auf forum Nachhaltig Wirtschaften veröffentlichen. Ich denke eh, wir sollten uns im Sinne von SDG 17 zusammentun und Seite an Seite Zukünfte gestalten. Herzliche Grüße Fritz Lietsch www.forum-csr.net

Jochen Hauff

Accelerating renewable energy and adaptation to climate change

2 Jahre

Dass erst die Bilder des Jahres 2023 die Schlussfolgerung „Abschiedsreise“ auslösen, zeigt eindrucksvoll das Problem: Die Information / Erkenntnis, dass Skifahren auf Kunstschnee oder Gletschern nicht nachhaltig ist, hatten Sie, Frau Hauer ja sicher auch schon wesentlich früher. Und dennoch braucht es das konkrete Erleben, bis auch der gebildete Mensch sein Verhalten ändert. Ich selbst bin keine Ausnahme, wobei ich das Skifahren schon seit Sommer-Wanderungen in den 1990ern eingestellt habe, nachdem ich die verwüsteten Wiesen mit Stahlgerüsten und Betonblocks gesehen habe. Der time-lag zwischen Erkenntnis und Handeln ist das Problem. Viele Jugendliche haben das erkannt und sie verzweifeln an der Behäbigkeit der Entscheider aus den Eltern- und Grosselterngenerationen, die wider besseres Wissen ihr Handeln nicht ändern wollen. Kinder hin oder her.

Tobias Götz

MTV vifit – Mehr als ein Fitnessstudio. Individuelle Betreuung, Massage, Physio, Sauna & einzigartige Atmosphäre in Münchens schönster Indoor-Sportstätte. Gesundheit in Bewegung – für deine Ziele! Passion for Longevity.

2 Jahre

„Vielleicht kommt der Schnee noch?“, dachte ich die Tage. Und ja, ein bisschen hat es sich nach hinten verschoben, denn die letzten Jahre hat es Mitte April nochmal richtig viel geschneit. Doch dann musste ich mir auch eingestehen, das sind nur Gedanken zum Trennungsschmerz… ich muss zugeben, es fällt mir noch richtig schwer, loszulassen. Aber deutlich reduzieren hat schon geklappt! Daher danke für die Inspiration. Als Rudeltier möchte Mensch ja meist nicht alleine dastehen. 🙏🏼🌱

Zum Anzeigen oder Hinzufügen von Kommentaren einloggen

Weitere Artikel von Stefanie Hauer

  • Warum ignorieren wir die Ozeane?

    Warum ignorieren wir die Ozeane?

    Wir unterschätzen komplett die Gefahren – und die Chancen. Ein kurzer Blick auf einen Globus genügt, und es ist klar:…

    8 Kommentare
  • Keine Einigung: Warum die COP 16 trotzdem einen Fortschritt markiert

    Keine Einigung: Warum die COP 16 trotzdem einen Fortschritt markiert

    Während das Amazonasgebiet kippt und Spanien überflutet wird, endet die Weltnaturkonferenz der UNO ohne eine Einigung…

    6 Kommentare
  • Gar nicht so dunkel

    Gar nicht so dunkel

    In diesen Tagen wird viel geklagt, dass früher alles besser war, dass nicht genug unternommen wird, dass unsere…

    3 Kommentare
  • Impact Investing – Wie kommt Kapital dorthin, wo es der Welt dient?

    Impact Investing – Wie kommt Kapital dorthin, wo es der Welt dient?

    Geld ist genug da. Asset-Manager verwalten Billionen und haben immer mehr Auswahl und Daten, um die besten…

    32 Kommentare
  • Die Verantwortung der Business Schools

    Die Verantwortung der Business Schools

    Wir lernen nicht für die Schule, sondern für das Leben. Was aber, wenn die Schule uns nicht für das Leben vorbereitet?…

    21 Kommentare
  • Louis Vuitton, Eckart von Hirschhausen und ich

    Louis Vuitton, Eckart von Hirschhausen und ich

    In den letzten Wochen habe ich ein paar der relevantesten Sustainability-Konferenzen Europas besucht und war Teil der…

    8 Kommentare
  • Ein Happy End ist nicht wahrscheinlich. Aber möglich.

    Ein Happy End ist nicht wahrscheinlich. Aber möglich.

    Gibt es eigentlich noch so etwas wie gute Nachrichten? Ich muss inzwischen tief Luft holen, bevor ich mich auf den…

    9 Kommentare
  • Mein erstes Mal beim World Economic Forum in Davos

    Mein erstes Mal beim World Economic Forum in Davos

    Liebe Planetary-Business-Community, Davos ist die höchste Stadt Europas. Durch dieses Reizklima schüttet der Körper…

    20 Kommentare
  • Planetary-Business: Das Klassentreffen

    Planetary-Business: Das Klassentreffen

    Liebe Planetary-Business-Community, heute und morgen wird in Düsseldorf der Deutsche Nachhaltigkeitspreis verliehen an…

    9 Kommentare
  • Bitte keine Pauschalurteile!

    Bitte keine Pauschalurteile!

    Warum wir einen funktionierenden Markt für die freiwillige CO₂-Kompensation brauchen. Heute geht es um ein Thema, das…

    9 Kommentare

Ebenfalls angesehen

Themen ansehen