Die Exponentialfunktion hat uns fest im Griff, v.a. im Gesundheitswesen

Thesenpapier für den Think Tank „European Security Architecture“ in Maastricht, 14./15. Juni 2019

These: Die Exponentialfunktion hat uns fest im Griff, v.a. im Gesundheitswesen, und wir haben als Gesellschaft nur noch ca. 3-4 Jahre Zeit, um eine Strategie festzulegen

1. Die Exponentialfunktion wirkt in IT, Technologie und Wissenschaft. Sie ist aber nicht so einfach wahrnehmbar.

Um dies verständlich zu machen, nutze ich eine anschauliche Analogie. Man stelle sich zwei Personen vor, die jeder insgesamt 30 Schritte gehen. Dabei geht die erste Person eine „normale“ Schrittlänge während die zweite Person „exponentiell“ voranschreitet, d.h. jeder Schritt ist doppelt so lang wie der vorhergehende; also 1, 2, 4, 8 usw.

Wie weit sind beide Personen nach jeweils 30 Schritten gekommen?

Die erste Person natürlich dreissig Schritte, während die zweite Person beinahe dreissig mal den Erdball umrundet hat.

Dieses Phänomen der Exponentialfunktion ist durch die Sinne nicht wahrnehmbar und findet deshalb nur schwer Eingang in die Gesellschaft und in die relevanten Diskussionen. Am bekanntesten ist noch Moore‘s Law seit 1965.

Relevant ist vor allem die Frage „wo stehen wir jetzt?“ bei der Entwicklung von z.B. AI / blockchain / cognitive devices / electroceuticals / personalized medicine / quantum computing / robotics / RPA / 3D printing oder auch self-replicating neural networks, die sich nicht nur optimieren, sondern vermehren.

2. Healthcare: Wir haben jeder nur diese eine Gesundheit. Meine Gesundheit ist NICHT Deine und man kann sie nicht handeln oder tauschen. Diese einfache Wahrheit hat mindestens vier Implikationen.

Ethik: Die individuelle Gesundheit ist eben kein Produkt oder Service wie ein Autokauf oder eine Urlaubsbuchung, sondern es ist ein Thema der Betroffenheit für die Gesellschaft.

Medizin: Als das Human Genom-Projekt 1990 gestartet wurde hat es beinahe 15 Jahre gebraucht, um HIV vollständig zu sequenzieren. Die Kosten sind allein seit dem Jahr 2000 von USD 100.000 auf fast USD 1 für die Analyse eines einzelnen Gen gesunken.

Technologie: Die Nano-Technologie wird sehr bald in der Lage sein z.B. bei Diabetes oder Krebs, diese Krankheiten zu behandeln und von tödlichen in chronische Krankheiten zu wandeln.

Daten: Es wird künftig patientenzentrierte Gesundheits-Cloud Plattformen geben, die als Basis für personalisierte Ökosysteme der Gesundheitsbehandlung dienen. Hierfür spricht eine einfache Betrachtung. Die Faktoren, die zur Gesundheit / Krankheit beitragen sind zu ca. 40% soziale Determinanten, zu ca. 20% individuelles Gesundheitsverhalten, zu ca. 25% genetisch determiniert und nur zu ca. 15% von der klinischen Behandlung abhängig. Allerdings, die ersten drei Faktoren produzieren > 1.100 terabytes an Daten während es nur 0,4 tb an klinischen Daten sind. Künftig wird es möglich sein, alle Gesundheitsdaten in Echtzeit am Point of Care zur Verfügung zu stellen. Die Mount Sinai BioMe Biobank oder auch die GesundheitsCloud vom HPI.de sind erste belastbare Belege.

 

Fazit: Mit dem Mapping des Humangenoms und der Digitalisierung medizinischer Daten spricht vieles dafür, dass die Gesundheitswirtschaft von der Wirkung der Exponentialfunktion voll erfasst wird. Mir scheint, dass diese Entwicklung nicht aufzuhalten ist. Ob sie aber zu einer Bedrohung für unsere Sicherheit in Healthcare wird, entscheiden wir in der unmittelbaren Zukunft. Der Think Tank adressiert genau diese Herausforderung.

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