Die Kunst der Verständigung: Schulz von Thuns Kommunikationsquadrat

Die Kunst der Verständigung: Schulz von Thuns Kommunikationsquadrat

Kommunikation ist wie Jonglieren mit Bällen - es erfordert Geschick, Klarheit und manchmal eine gute Portion Fingerspitzengefühl. Schulz von Thuns Kommunikationsquadrat ([1], S. 21 ff. und [2], S. 33 ff.) ist ein nützliches Werkzeug, das uns dabei hilft, die verschiedenen Ebenen einer Nachricht zu verstehen. Dieses Modell erklärt, dass jede Botschaft nicht nur eine, sondern gleich vier Seiten hat.

Das Kommunikationsquadrat im Überblick

1. Sachinhalt: Was wird gesagt?

Die offensichtlichste Seite der Nachricht ist der Sachinhalt. Hier geht es um die klare Übermittlung von Fakten, Informationen oder Ideen. Zum Beispiel: "Das Auto benötigt dringend eine Reparatur."

2. Selbstkundgabe: Was sagt der Sprecher über sich selbst?

Auf dieser Ebene teilt der Sprecher seine eigenen Gefühle, Meinungen oder Wünsche mit. Beispiel: "Ich mache mir Sorgen um die Sicherheit des Autos."

3. Beziehung: Wie steht der Sprecher zum Empfänger?

Die Beziehungsebene beleuchtet das Verhältnis zwischen Sprecher und Hörer. Es geht darum, wie die Nachricht die Beziehung beeinflusst. Beispiel: "Da wir beide das Auto nutzen, ist es mir wichtig, dass es sicher ist."

4. Appell: Was möchte der Sprecher erreichen?

Hier geht es um die Handlungsaufforderung oder den Wunsch des Sprechers. Beispiel: "Können wir gemeinsam eine Lösung für die Reparatur finden?"

Anwendung des Modells: Ein Beispiel

Stellen wir uns vor, du kommst nach Hause und siehst, dass die Spülmaschine voll ist, aber niemand hat sie ausgeräumt. Deine Aussage könnte lauten: "Die Spülmaschine ist fertig." Schauen wir uns das mit Schulz von Thuns Modell genauer an:

Sachinhalt: Du informierst darüber, dass die Spülmaschine ihren Zyklus beendet hat.

Selbstkundgabe: Du könntest gestresst sein, weil du die Situation als unordentlich empfindest.

Beziehung: Du drückst möglicherweise aus, dass du Wert auf Ordnung legst und dass es wichtig ist, sich gemeinsam um den Haushalt zu kümmern.

Appell: Die indirekte Aufforderung könnte sein, dass jemand die Spülmaschine ausräumen soll.

Das Dilemma der unterschiedlichen Ebenen: Missverständnisse und Konfliktpotenzial

Einer der Aspekte von Schulz von Thuns Kommunikationsquadrat ist die Möglichkeit, unterschiedliche Interpretationen aufgrund von Verzerrungen zwischen den Ebenen aufzuzeigen. Nehmen wir an, der Sender fokussiert sich stark auf die Sachinformation, während der Empfänger die Nachricht auf der Beziehungsebene interpretiert. Hier können Missverständnisse entstehen.

In unserem Beispiel könnte es zum Beispiel zu folgenden Verzerrungen kommen: Der Sender sagt: "Die Spülmaschine ist fertig." Sender (spricht auf der Sachebene): Die Information betrifft den Zustand der Spülmaschine. Empfänger (hört auf der Beziehungsebene): Der Sender möchte mitteilen, dass er denkt, der Empfänger solle die Spülmaschine ausräumen.

Diese Diskrepanz zwischen Sender- und Empfängerinterpretationen kann zu Konflikten führen. Der Sender könnte sich missverstanden fühlen, während der Empfänger möglicherweise das Gefühl hat, dass eine unausgesprochene Erwartung auf ihn zukommt.

Konfliktpotenzial und Lösungsansätze

Konflikte können sich aus solchen Missverständnissen entwickeln, da jeder auf seiner eigenen Wahrnehmungsebene verharrt. Um dieses Potenzial zu mindern, ist es wichtig, bewusst zu sein, dass Nachrichten auf verschiedenen Ebenen interpretiert werden können. Offene Kommunikation und das Klären von Missverständnissen können dazu beitragen, Konflikte zu verhindern oder zu lösen.

Lösungsansätze:

Klarheit schaffen: Verifiziere die Interpretationen auf verschiedenen Ebenen, um Missverständnisse zu vermeiden.

Empathie zeigen: Versuche, die Perspektive des anderen zu verstehen, um Konflikte frühzeitig zu erkennen.

Explizite Kommunikation: Wenn es wichtig ist, eine bestimmte Ebene zu betonen, teile dies explizit mit, um Missverständnisse zu minimieren.

Wie ich das Kommunikationsquadrat im Coaching einsetze

In meinen Coachings nutze ich das Kommunikationsquadrat als kraftvolles Instrument zur Verbesserung der Selbstreflexion und zwischenmenschlichen Kommunikation meiner Klient:innen, sowohl in Einzel- als auch Teamcoachings. Durch die Analyse von realen Kommunikationssituationen auf den vier Ebenen erlangen Klient:innen ein tieferes Verständnis für ihre eigene Kommunikation und die Dynamik in ihren Beziehungen.

Anwendungsbeispiele im Coaching:

Selbstreflexion fördern: Das Modell ermöglicht es Klient:innen, ihre eigene Kommunikation zu analysieren und bewusster zu gestalten.

Beziehungsdynamik verstehen: Klient:innen erkennen, wie ihre Botschaften die Beziehungsebene beeinflussen und können so gezielter an einer positiven Kommunikation arbeiten.

Konfliktlösung unterstützen: Durch die Analyse von Missverständnissen auf verschiedenen Ebenen entwickeln Klient:innen Strategien zur Konfliktvermeidung und -lösung.

Schulz von Thuns Modell des Kommunikationsquadrats ist ein vielseitiges Werkzeug, um die kommunikativen Fähigkeiten zu verbessern und uns bewusster zu machen, was wir sagen und wie unsere Worte auf andere wirken. Es ermutigt uns, nicht nur den offensichtlichen Inhalt einer Botschaft zu sehen, sondern auch die subtilen Nuancen, die eine Kommunikation so einzigartig machen.

Quellen:

[1] Schulz von Thun, Friedemann. 2019. Miteinander reden 1- 4 (Faltschachtel): Störungen und Klärungen / Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung / Das «Innere Team» und situationsgerechte Kommunikation / Fragen und Antworten. Vol. 2. N.p.: ROWOHLT Taschenbuch

[2] Schulz von Thun, Friedemann, Johannes Ruppel, and Roswitha Stratmann. 2003. Miteinander reden: Kommunikationspsychologie für Führungskräfte. N.p.: Rowohlt.

Das Thema ist fast schon fundamental für eine erfolgreiche Zusammenarbeit und sollte in keinem Teambuilding fehlen.

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