Die Maske des Doktors
Eines Tages betrat Nasrudin einen belebten Marktplatz, wo er einen Arzt sah, der mit großer Geste seine medizinischen Fähigkeiten pries. Der Doktor sprach von spektakulären Heilungen und behauptete selbstbewusst: „Ich habe jeden meiner Patienten geheilt!“
Nasrudin hörte eine Weile zu und lächelte still. Dann trat er näher und fragte: „Ehrwürdiger Doktor, dürfte ich Ihnen eine Frage stellen?“
„Natürlich!“, antwortete der Arzt stolz.
„Wie viele Ihrer Patienten sind tatsächlich gesund geworden?“
Der Doktor stockte. Seine selbstsichere Miene verrutschte.
„Nun ... die meisten natürlich!“, stammelte er.
Nasrudin zwinkerte schelmisch. „Die meisten? Oder alle, wie Sie vorhin behauptet haben?“
Der Doktor wurde rot. Die umstehenden Menschen begannen zu tuscheln.
„Die Wahrheit“, sagte Nasrudin sanft, „ist das beste Heilmittel. Sie heilt nicht nur Körper, sondern auch Seelen.“
Er wandte sich an die Menge: „Wer von uns trägt nicht manchmal eine Maske? Wer von uns spielt nicht eine Rolle, um besser, erfolgreicher, perfekter zu erscheinen?“
Ein nachdenkliches Murmeln ging durch die Menge.
Der Doktor senkte beschämt den Kopf.
„Wahre Größe“, fuhr Nasrudin fort, „liegt nicht darin, keine Fehler zu machen, sondern darin, zu seinen Fehlern zu stehen.“
Weniger Fassade, mehr Wahrheit.
Weniger Perfektion, mehr Menschlichkeit.