Die nachhaltige Illusion dynamischer Systeme II
Der Gedanke, dass dynamische Systeme nicht "nachhaltig" im herkömmlichen Wortsinn sein können, basiert auf der Natur des ständigen Wandels, dem diese Systeme unterliegen.
Sie müssen sich kontinuierlich an äußere Veränderungen anpassen, um zu überleben, was bedeutet, dass sie selten, wenn überhaupt, einen stabilen Zustand zu einem gewissen Zeitpunkt erreichen.
Dies gilt besonders in natürlichen Systemen, wo das Konzept des Gleichgewichts nie als statischer Zustand verstanden werden kann. Stattdessen spricht man von dynamischen Gleichgewichten, bei denen sich der Zustand eines Systems ständig verändert, jedoch innerhalb bestimmter Grenzen bleibt, die es funktionsfähig halten.
In der Natur sehen wir dies etwa in Ökosystemen: Ein Wald scheint stabil, doch in Wirklichkeit befinden sich Populationen von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen in ständiger Anpassung. Zum Beispiel reguliert sich die Population von Raubtieren und Beutetieren dynamisch, ohne jemals einen statischen Endpunkt zu erreichen. Ein Gleichgewichtszustand kann erst retrospektiv über längere Zeiträume erkannt werden.
Beispiel im Unternehmenskontext
Auch in Unternehmen – oder allgemein gesprochen in künstlich geschaffenen Systemen - ist es ähnlich.
Unternehmen agieren in einem Marktumfeld, das durch stetigen Wandel und Unsicherheiten geprägt ist – sei es durch technologische Innovationen, verändertes Kundenverhalten oder regulatorische Veränderungen.
Ein Unternehmen, das sich nicht ständig anpasst, wird obsolet.
Ein prominentes Beispiel ist Kodak. Es wurde zwar der Wandel im Rahmen der digitalen Revolution erkannt, man konnte aber mit der Veränderungsgeschwindigkeit nicht mithalten.
Hier liegt auch die zentrale Herausforderung im Management: im Komplexitätsausgleich zwischen Unternehmen und seiner Umwelt.
Das bedeutet, dass Unternehmen in der Lage sein müssen, sich der Komplexität seiner Umgebung flexibel anzupassen, ohne dabei aus dem (dynamisch verstandenen) Gleichgewicht zu geraten.
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Dies kann sich u.A. auf die Anpassung der Unternehmensstrategie, den Einsatz neuer Technologien oder die Veränderung der internen Organisationsstruktur beziehen.
Beispiel aus der betrieblichen Praxis
Ein Tech-Unternehmen wie Amazon operiert in einem äußerst dynamischen Umfeld und passt sich durch ständige Innovationen und das Erschließen neuer Geschäftsfelder wie Cloud Computing an.
Gleichzeitig muss es jedoch sicherstellen, dass die interne Organisation mithalten kann, um Skalierbarkeit zu gewährleisten. Diese Managementaufgabe des Komplexitätsausgleichs erfordert nicht nur schnelle Anpassung an äußere Veränderungen, sondern auch die Fähigkeit, die interne Struktur des Unternehmens dynamisch und in entsprechender Geschwindigkeit weiterzuentwickeln.
Warum kann Dynamik nicht "nachhaltig" sein?
Während Unternehmen sich dynamisch an Veränderungen anpassen müssen, läuft dies häufig konträr zu dem Ideal einer langfristig nachhaltigen Entwicklung. Denn das würde bedeuten: Wir wollen im Status Quo verharren.
Schnellere Marktanpassungen oder erforderliche Expansionsstrategien gehen oft mit der veränderten Nutzung von Ressourcen, verkürzten Innovationszyklen oder eines angepassten Einsatzes der menschlicher Arbeit einher. Die Frage der „Nachhaltigkeit“ im Sinne des Aufrechterhaltens einer bestehenden Struktur hat hier keinen Platz.
Denn wie sagte schon Charles Darwin: „It is not the strongest of the species that survive, nor the most intelligent, but the one most responsive to change.”
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Paul Slamanig & das BusinessClass Team