Die Psychologie des Gelingens
Wer seine persönlichen Wünsche und Träume in die Tat umsetzen will, der muss sich vor allem mit den Hindernissen beschäftigen, die sich auf dem Weg dorthin ergeben können.
Erst das Befassen mit den Hürden, insbesondere den inneren, in ihnen selbst liegenden Hindernissen, liefert den Menschen die Energie und den Weg, die sie zum Erreichen ihrer Ziele benötigen.
So lautet die zentrale Erkenntnis, die Gabriele Oettingen – Professorin für Psychologie an der New York University und zu Gast in der neuen Folge der „SMP LeaderTalks“ – in vielen Jahren der Forschung gewonnen hat.
Dies stellt eine wichtige Differenzierung der so bekannten wie beliebten „positiven Psychologie“ dar. Um ihre volle Tragweite zu verstehen, lohnt ein Blick zurück.
Im Jahr 1986, kurz nach ihrer Promotion, ging Gabriele Oettingen an die University of Pennsylvania in Philadelphia. Dort arbeitete sie mehrere Jahre mit Martin P. Seligman zusammen, der damals schon bekannt war für seine Arbeiten über „erlernte Hilflosigkeit“ und heute zu den berühmtesten Vertretern seiner Zunft zählt. In ihm fand sie nicht nur ihren wissenschaftlichen Mentor, sondern auch einen Auslöser für ihre Forschung, die inzwischen als wegweisend gilt.
Zu jener Zeit war Seligman dabei, die Grundlagen für das zu legen, was heute als „positive Psychologie“ bekannt ist. Dabei wurde er angetrieben von einer Einsicht, die er Jahre später in einer Rede beschrieb. Danach habe sich die Psychologie nach dem Zweiten Weltkrieg zu stark auf das Negative fokussiert, auf psychische Störungen und Krankheiten sowie deren Linderung. Dies sei zwar wichtig und habe wertvolle Erfolge gebracht.
„Diese Erfolge hatten aber einen enormen Preis. Indem wir uns zu einer allein heilenden Zunft entwickelten, vergaßen wir unsere größere Mission: das Leben aller Menschen zu verbessern.“
Statt nur ein Reparaturbetrieb zu sein, solle die Psychologie künftig versuchen, auch das Geheimnis menschlicher Stärke zu erforschen. Es gehe darum, das Positive im Menschen besser zu verstehen und zu fördern: Optimismus, Mut, Arbeitsethos, Zukunftsorientierung, den persönlichen Umgang mit anderen, die Fähigkeit zur Freude und eine Haltung von sozialer Verantwortung.
Seligmans eigene Forschung dazu drehte sich anfangs um Optimismus. Und genau hier fand Gabriele Oettingen den Ansatzpunkt für ihre eigene Arbeit.
In ihrem Buch „Die Psychologie des Gelingens“ beschreibt sie, wie Seligman unter Optimismus vor allem rationale, auf Erfahrungen basierende Erwartungen verstand. Ein Fußballer, der gerade einen Lauf hat, ist guter Dinge, auch im nächsten Spiel wieder ein Tor zu schießen. Er hat eine „positive Erfolgserwartung“.
Oettingens eigene Erfahrung lehrte sie indes, dass SeligmansKonzept das Phänomen des Optimismus nur unzureichend erfasste. Bei Feldstudien in Ost-Berliner Gaststätten hatte sie zum Beispiel einen Maler kennengelernt, der keinerlei rationalen Grund zur Annahme hatte, jemals in den Westen zu gelangen – und trotzdem mit einem Lächeln davon sprach, dass er eines Tages Paris sehen werde. Sein Optimismus entsprang eher einer Fantasie, einer irrationalen Hoffnung.
Nur war es damals so: Fantasien oder Träume spielten in der Forschung schlicht keine Rolle. Nicht empirisch zu messen, nicht seriös genug – so beschreibt Oettingen die damalsherrschende Meinung unter Psychologen.
Sie selbst kam zu einer anderen Einschätzung. Sie war überzeugt, dass es zwei Arten von Optimismus gab: zum einen positive, auf Erfahrungen fußende Erwartungen und zum anderen „die eher schwebenden Gedanken und Bilder, die ihre Wurzeln in Wünschen und Sehnsüchten haben“.
Damit hatte Oettingen ihr Forschungsfeld gefunden. Sie wollte ausloten, wie positive Fantasien funktionieren und unser Verhalten beeinflussen. Vor allem wollte sie wissen, ob Träume die Bereitschaft beeinflussen, sich anzustrengen. Seligmans Forschung hatte gezeigt, dass Menschen mit positiven Erfolgserwartungen mehr Leistung an den Tag legten und mit größerer Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich Erfolge erlebten.
„Konnten Fantasien die Erfolgschancen in ähnlicher Weise verbessern?“,
fragte Oettingen. Konnten sie„Menschen mit der nötigen Energie versorgen, die sie brauchen, um zu handeln und ihre Träume wahr zu machen?“
Nein – so lautete zu ihrer eigenen Überraschung das Ergebnis ihrer ersten Untersuchung, bei der es um 25 übergewichtige Frauen ging. Jene, die sich ganz besonders positiv ausgemalt hatten, wie sie abnehmen, verloren deutlich weniger Gewicht als die Frauen, die weniger rosige Vorstellungen von sich selbst hatten.
Als sie ihre Studie veröffentlichte, hielten einige Kollegen sie für lächerlich, andere rieten ihr dazu, sich besser an das bewährte Konzept der positiven Erwartungen zu halten, wenn sie ernst genommen werden wolle. Doch Gabriele Oettingenließ sich nicht entmutigen. Sie hatte das Gefühl, etwas Spannendem auf der Spur zu sein, forschte weiter und sah ihre Erkenntnisse zu den Risiken positiven Denkens in diversenUntersuchungen bestätigt.
Daraufhin entwickelte sie WOOP, eine leicht anzuwendende Methode, bei der Menschen ihre Wünsche einem Realitätscheck – genannt „mentale Kontrastierung“ – unterziehen. Sie identifizieren das größte Hindernis und entwickeln konkrete Wenn-Dann-Pläne zu dessen Überwindung.
Heute ist WOOP eine frei verfügbare, weltweit genutzte Methode für Menschen, ob sie nun einfach nur abnehmen wollen, sich mehr Zeit für ihre Familie wünschen oder eine ganz neue Richtung für ihr Leben anstreben.
Mehr über die Probleme des Schwelgens in positiven Fantasien, WOOP als Lösung und die Bedeutung desZwischenmenschlichen im Leben erfahren Sie in der neuenFolge unseres Podcast „SMP LeaderTalks“ – ab sofort auf allen Plattformen, auf YouTube oder hier.
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Keynote-Speaker #FutureSkills I Rebels@Work Gründerin I Spiegel Bestseller Autorin I Agent of Change
1 Monatdas klingt sehr einleuchtend, lieber Georgiy Michailov! Gutes Thema!!
Jetzt erst recht!; "Getting discouraged is a total waste of your time!"; Unternehmensfinanzierungs-, Geschäftsmodell-und Kooperations-Praktiker; "Information ist nicht Wissen" ;Basketball-Enthusiast (NY Knicks!!.)
1 MonatHere we go...yep...mir gegenüber..an meiner "Wall of motivation" 😉 ...hängt auch dieses Statement..."Du bist nie zu alt, Dich neu zu erfinden"...und....unter anderem auch dieses...in der täglichen Praxis ganz wichtige Statement von John Doerr (VC, Kleiner Perkins)..."Ideas are easy; execution is everything"...die Zeit zwischen "ideas" und "execution"...die ist...erfahrungsgemäß...ganz entscheidend, um zumindest eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit zu erzeugen...Gutes Gelingen allerseits....jetzt erst recht!...HG
PhiloLyrik | Im Denken verwurzelt, im Fühlen beflügelt | GEISTreiche DICHTERIN & LEBENSTHEMAtikerin | SEIN-LEBENde (S)IN(N)SPIRATORIN | KREATIVphilosophische Visionen in Wirtschaft, Leben und Arbeit
1 MonatGeorgiy Michailov für mich ist das ein stimmiger Ansatz. Was bestechend ist, dass man eben gefordert wird, sich mit realistischen Wünschen und persönlicher Beeinflussbarkeit auseinanderzusetzen. Herzlichen Dank für das interessante Gespräch. 🙏🏻
Sinnorientiertes Coaching, Krisenbegleitung, Potentialentfaltung🌟 I Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl I Leitung und Trainerin bei ExitAsia Tanz
1 MonatSehr vielversprechende Methode und eine inspirierende Gesprächspartnerin, lieber Georgiy! Ich freue mich sehr aufs Anhören🙏🏻