Die Unternehmens-IT im Aufbruch
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Die Unternehmens-IT im Aufbruch

Im dritten Teil der Serie "Die Zukunft des IT Service Management" geht es heute um die Konsequenzen für die Ziele und Aufgaben der IT und für die beteiligten Menschen.

Die IT steht vor grundlegenden Veränderungen in ihrer Arbeitsweise, Zielsetzung und Kultur der Zusammenarbeit. Heute möchte ich die acht in der letzten Woche vorgestellten Felder der Veränderung näher erläutern, um in den folgenden Wochen weiter auf konkrete Szenarien einzugehen. Zur Erinnerung vorab noch einmal die Grafik aus der letzten Folge:

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Neue Perspektive

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Jeder kennt das: aus der eigenen Sicht sind die Dinge klar und verständlich, man fühlt sich zu Hause. Jede Veränderung dieser Perspektive bedeutet, die Komfortzone zu verlassen. Niemand macht das wirklich gerne, es ist jedoch genau, was IT-Teams jetzt leisten müssen, um ihrer sich schnell verändernden neuen Rolle gerecht zu werden. Es geht um nicht weniger als eine 180 Grad Drehung der Perspektive, aus der heraus Annahmen getroffen werden, Planungen erfolgen und Maßnahmen initiiert werden. Bisher richtete sich der Blick von innen nach außen. Es wurde etwas provokativ gesagt daran gearbeitet, die vorhandenen Leistungen der IT für die Kunden interessant erscheinen zu lassen. Das funktioniert in einem zunehmend transparenten Umfeld immer seltener, denn die Bedeutung der IT für das Unternehmen wächst schnell. Informationstechnologie spielt eine wesentliche Rolle auch als Teil der Unternehmensprodukte, deren Vermarktung und für Vertriebskanäle. Damit sie dieser Rolle gerecht werden kann, muss die IT ihre eigene Sichtweise von der klassischen Sicht von innen nach außen hin zu einer Betrachtung aus der Sicht der Kunden, also von außen nach innen verändern.

Strategie wird flexibler

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Für die Gestaltung der Strategie ändern sich zwei Dinge: Die Perspektive und der zeitliche Horizont. Klassisch wurden Zeiträume von mehreren Jahren geplant, konkrete Ziele und Maßnahmen festgelegt und als Vorgabe für die Beteiligten verankert. Die zunehmende Veränderungsgeschwindigkeit führt nun dazu, dass diese Festlegungen oft schnell abseits der Realität der beteiligten Menschen liegen. Dann ist die Strategie in der Wahrnehmung kein gemeinsames Leitbild mehr, sondern ein abgehobenes Bild des Managements, das mit der eigenen Arbeitsrealität nur wenig zu tun hat. Natürlich ist eine Strategie auch zukünftig unverzichtbar, um als Leuchtturm für die beteiligten Menschen zu dienen und Leitplanken für Aktivitäten und Entscheidungen zu liefern. Ziele und Richtungsvorgaben sind also weiter wesentlicher Bestandteil der Strategie, werden jedoch zyklisch anhand der aktuellen Ergebnisse und Entwicklungen hinterfragt und bei Bedarf immer wieder sinnvoll angepasst. Abweichungen von der Strategie können also heute nicht mehr nur zur Korrektur der Handlungen, sondern auch zu einer Anpassung der Strategie selbst führen. Nur so sind längere Planungshorizonte in einer immer volatileren Umwelt möglich, ohne den Kontakt zur Realität zu verlieren.

Nutzenfokus statt technischer Sicht

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Der enge Bezug der IT-Teams zur jeweils eingesetzten Technologie führt bei der Definition von IT-Services bis heute oft zu einer starken Technologielastigkeit des Serviceangebotes. Natürlich ist Technologie wesentliche Voraussetzung funktionierender IT-Services. Steht sie allerdings auch im Servicekatalog im Vordergrund, ist das für die Nutzer so oft schwer verständlich. Nur wenn die Anwender den Nutzen eines Services für ihre konkreten Bedürfnisse verstehen, werden sie diesen akzeptieren. Die IT muss diesen Perspektivwechsel hin um Nutzen verstehen und vollziehen. Für die IT-Anwender ist der IT-Service nur ein Vehikel für den eigentlichen Nutzen, sie wollen keinen W-LAN-Service sondern einen Arbeitsplatz, von dem aus sie flexibel und sicher Zugriff auf ihre Arbeitsmittel haben. Servicekataloge, die aus einer Liste technischer Angebote bestehen, sollten umgebaut werden damit die Anwender im Unternehmen genau bekommen, was sie benötigen, um erfolgreich zu sein. Und zwar genau zu dem Zeitpunkt und an dem Ort, an dem sie es benötigen.

Abläufe orientiert am Nutzen für Akteure und Kunden

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Wohl jeder hat so etwas schon einmal erlebt: Man ruft beim Service Desk an, weil irgendetwas nicht funktioniert, die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter im Servicedesk versteht, dokumentiert und eröffnet, dass man auf die Lösung noch warten muss, weil der Prozess nun dies und das vorsieht. (vielleicht wartet man auch einfach ohne diese Information zu erhalten…). Diese Situationen sind bis heute keine Seltenheit. Frameworks wie ITIL haben viel zur Professionalisierung der IT-Services beigetragen. So wie sie leider oft interpretiert werden, erzeugen sie allerdings auch Situationen, in denen zu bürokratischen Prozesse zu negativen Erlebnissen der Nutzer führen. Damit das nicht passiert, müssen die internen Prozesse konsequenter an den Ergebnissen für die Kunden statt an vermeintlichen Vorgaben aus Frameworks ausgerichtet werden. Das klingt selbstverständlich, ist es allerdings in Unternehmen, die sich einfach an vorgegebenen Zielen und Abläufen aus Frameworks orientieren jedoch leider nicht. Diese Situationen sollten systematisch identifiziert und die entsprechenden Prozesse im Sinne der Services für die Anwender konsequent modernisiert werden. Im Mittelpunkt der Anstrengungen steht in Zukunft immer die Erfahrung der Anwender, die User Experience. Als nützliches Hilfsmittel, Services und Prozesse mehr an den Bedürfnissen auszurichten kann beispielsweise Design Thinking im Service Management dienen.

Neue Formen und Strukturen der Zusammenarbeit

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Die größte Veränderung bei der Gestaltung und Lieferung von Services und Produkten ist nicht technischer oder prozessualer, sondern kultureller Natur. Bis heute dominieren besonders in großen Unternehmen fachliche „Silos“ und Hierarchien. Diese Struktur stößt bei den heutigen Anforderungen an Serviceorganisationen schnell an Grenzen und wird durch Strukturen ersetzt werden, die sich nicht an der Fachlichkeit, sondern am Ergebnis für die Kunden orientieren. Es werden fachübergreifende Teams in horizontalen Netzwerken gemeinsam an den Produkten des Unternehmens und am dafür nötigen IT-Service arbeiten. Interdisziplinäre Zusammenarbeit und ganzheitliche Verantwortung der Teams beeinflussen deren Ergebnisse positiv. Diese grundlegende Veränderung der Zusammenarbeit ist jedoch nicht per Verordnung im Unternehmen umsetzbar. Es ist eine kulturelle Veränderung, die gemeinsam mit allen beteiligten Menschen gestaltet werden muss. Auf diese Weise zu Arbeiten setzt ein hohes Maß an Verantwortung bei allen Beteiligten und Vertrauen in die Entscheidungen der aller Beteiligten voraus. Es gilt, gemeinsam mit den Teams sinnvolle neue Strukturen und Prozesse der Zusammenarbeit zu entwickeln, damit zu experimentieren und sie stetig den Anforderungen und Bedürfnissen neu anzupassen.

Mehr Risiko mehr Tempo

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Die Veränderungsgeschwindigkeit der Umwelt und damit der Anforderungen an IT-Services ist spätestens seit dem Siegeszug der Digitalisierung groß und nimmt weiter zu. Die klassischen Service Management Frameworks haben jedoch ihren Ursprung in einer Zeit, in der Geschwindigkeit eine wesentlich kleinere Rolle gespielt hat. Deshalb geraten festgelegte starre Prozesse immer häufiger an ihre Grenzen. Ein Beispiel ist das Change- Management: Viel bürokratischer Aufwand, manuelle Eingriffe und starre Vorgaben führen zu Verzögerungen, die von Kunden nicht mehr akzeptiert werden.

Wichtiger als bürokratische, manuelle Genehmigungsstrukturen sind heute Geschwindigkeit und Frequenz der Implementierung von Neuerungen. Durch moderne iterative Herangehensweisen wird der alte Grundsatz „mehr Veränderungen = weniger Stabilität“ immer öfter in Frage gestellt. Es gilt vielmehr die Annahme, Änderungen durch die erhöhte Frequenz auch weniger komplex und damit besser kontrollierbar und vor allem automatisierbar werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass in Herangehensweisen wie beispielsweise DevOps alle Beteiligten inklusive der Betriebsteams von Beginn an in die Entwicklung einbezogen werden. So können diese Einfluss auf die Planung und Umsetzung der Transition nehmen und mit Erfahrungswerten zur Minimierung des Risikos beitragen. Grundsätzlich verändert sich der Fokus bei der Entwicklung und Betriebseinführung von linearem und sicherheitsorientiertem Vorgehen zu einer agilen und risikobereiteren Arbeitsweise.

Wachsender Einfluss der Kunden

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Der Einfluss der Kunden auf die IT hat sich deutlich verändert. Das Umfeld hat sich von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt entwickelt. Kunden wenden sich innerhalb kürzester Zeit dem breiten Angebot flexibler, schnell zugänglicher und bezahlbarer Angebote aus der Cloud zu. Das führt nicht nur zu Problemen für die Wahrnehmung der IT im Unternehmen, sondern auch zu neuen Herausforderungen für Sicherheit, Governance und Compliance. Will die IT diesen Herausforderungen wirksam entgegentreten, wird sie zukünftig viel besser die Wünsche und Bedürfnisse der Nutzer verstehen und diese schneller in nutzbare Services umsetzen müssen.

Eine Möglichkeit, dem zu begegnen ist die Veränderung des Angebotes von vornehmlich eigenen Leistungen zu einer durchdachten Mischung aus Angeboten verschiedener Quellen. Das Portfolio umfasst dann eine an den Bedürfnissen des Unternehmens ausgerichtete Mischung an eigenen und externen Leistungen sowie flexiblen Cloud-Angeboten, die permanent an den Bedarf der Kunden angepasst und in den Unternehmenskontext eingefügt werden.

Die IT als Serviceplattform

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Die interne IT konkurriert zunehmend mit innovativen und attraktiven Angeboten externer Anbieter wirtschaftlich interessanter, innovativer, benutzerfreundlicher und flexibler Services. Diese Angebote bestehen nicht aus der Bereitstellung der IT-Komponenten, sondern liefern eine integrierte Lösung für eine spezifizierte Aufgabenstellung. Bucht jeder Fachbereich eigenständig diese Leistungen, führt das zu weiterem Wachstum der sogenannten Schatten-IT. Statt darauf wie bisher mit Vorgaben und Verboten zu reagieren, kann die IT eine neue nutzbringende Rolle im Unternehmen einnehmen, indem sie als Plattform mit einem Angebot sinnvoller IT-Services für das gesamte Unternehmen auftritt. Das kann für die Fachbereiche attraktiver sein als die mühsame eigene Recherche, der Vergleich und die Auswahl externer Angebote. Für die Teams in der IT geht es zukünftig über technische Fachkenntnisse hinaus darum, Kunden zu verstehen, Angebote zu kennen und passende Lösungen zu finden. Die Aufgabe einer IT als Serviceplattform besteht darin, den Markt zu überblicken, Angebote zu bewerten, auszuwählen, anzupassen und den Kunden zu präsentieren. Wer die Leistung erbringt, wird für Kunden unsichtbar und irrelevant.

Peter Bergmann

Institut Digital Transformation - Interim CIO -Schwerpunkte Transformation | Sanierung | Restrukturierung

4 Jahre

ITaaS - Der Umbau bzw. Abbau von IT-Organisationen hat im fortgeschrittenem Stadium gezeigt, dass IT-gestützte Services nichts mehr mit der klassischen IT-Abteilung aus der C/S-Ära zu tun haben. Die Unternehmen und Verwaltungen brauchen keine schwerfällige IT-Organisation mehr, die sich hinter Ticketingsystemen versteckt. Service Brokerage gepaart mit einer bedingungslosen Dienstleister-Mentalität, so zeigen die Erfahrungen, erscheinen als die Maßstäbe der Zukunft. Ansonsten verliert sich die hauseigene IT-Organisation in einer zunehmenden Bedeutungslosigkeit.

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