Was ist neu in ITIL 4?
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Was ist neu in ITIL 4?

In der neuen Folge der Artikelserie "die Zukunft des IT Service Management", die jeden Sonntag exklusiv hier auf LinkedIn erscheint, geht es heute um eines der vielen Werkzeuge, die für die Gestaltung des ITSM nützlich sein können: ITIL 4

ITIL hat sich bereits in den bisherigen Iterationen in vielen Unternehmen als Leitfaden für die Gestaltung des Service Management etabliert und hat nicht unerheblich zur Professionalisierung der IT in den zurückliegenden Jahren beigetragen. Es gibt allerdings auch Schattenseiten, denn die oft leider gedankenlose Nutzung solcher Frameworks als Ersatz für fehlende eigene Zielsetzungen führt auch zu Fehlentwicklungen an den Bedürfnissen der ITSM Teams und vor allem der Kunden vorbei.

In ITIL 4 versucht der neue Rechteinhaber Axelos den Fokus mehr auf den Nutzen für die Kunden und darauf, dass dieser Nutzen nicht einseitig "bereitgestellt" werden kann sondern gemeinsam mit den Kunden erarbeitet werden sollte. Der Begriff dafür lautet Value Co-Creation. Aber was genau ändert sich in der aktualisierten Version? Wer es in Ultrakurzform haben möchte:

Der Lifecycle aus ITIL 3 ist Geschichte und wird durch das Service Value System (SVS) und Value Chains ersetzt, die alten 4P sind jetzt die vier Dimensionen des Service Management und spielen eine deutlich zentralere Rolle. Statt Prozessen gibt es jetzt Praktiken, die zwar Prozesse enthalten aber auch die anderen drei Dimensionen betrachten und das ganze wird durch sieben Leitprinzipien zusammengehalten.


Service Value System, Value Chain und Value Streams

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Das Service Value System bildet den Rahmen für alle Aktivitäten im Service Management. Ziel ist immer, den erwarteten Nutzen für die Kunden zu erzeugen. Trigger für die Aktivitäten im Service Value System (SVS) sind dabei nicht mehr nur Anforderungen der Kunden, sondern auch Chancen, die der Markt und das Umfeld bieten. So wird die Value Chain der neuen Rolle der IT als Innovationstreiber gerecht. Das Rückgrat des SVS bildet die Service Value Chain. Sie liefert ein durchgängiges Modell für Planung, Design, Transition, Betrieb und kontinuierliche Verbesserung. Die Phasen des bisherigen Service Lifecycle sind hier gut erkennbar. Die Value Chain beschreibt ein Betriebsmodell für verschiedene Aufgabenfelder und die notwendigen Praktiken, Fähigkeiten und Ressourcen. Für spezifische Einzelaufgaben können der Value Chain mehrere detaillierte Value Streams zugeordnet werden.

Die Value Chain besteht aus sechs Hauptaktivitäten. Plan schafft ein gemeinsames Verständnis für den Ist- und Sollzustand der Organisation in allen Dimensionen, sowie für Produkte und Services. Improve befasst sich mit der kontinuierlichen Verbesserung in alen Dimensionen. Engage beschreibt alle Interaktionen mit Stakeholdern außerhalb der Value Chain. In Design & Transition dreht sich alles um die Gestaltung der Produkte und Services entsprechend der Bedürfnisse der Stakeholder an Qualität, Kosten und Bereitstellungszeit. Obtain/Build sorgt für die Entwicklung oder Beschaffung der benötigten Ressourcen und Komponenten. Deliver & Support organisiert die vereinbarungsgemäße Serviceerbringung.

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Vier Dimensionen des Service Management

die vier Dimensionen haben den Zweck, Sie haben den Zweck, Service Value System, Value Chains und Praktiken ausgewogen in allen relevanten Perspektiven des Service Management zu betrachten. Sie bilden neben dem Service Value System den Rahmen für alle Aktivitäten im Service Management. Die vier Dimensionen sind:

●          Organisationen und Menschen

●          Informationen und Technologie

●          Partner und Lieferanten

●          Value Streams und Prozesse

34 ITIL Management Praktiken

Die Praktiken bilden den Werkzeugkasten für die Gestaltung der Value Chain und der Value Streams. Sie sind gegliedert in 14 allgemeine Management Praktiken, 17 Service Management Praktiken und drei technische Management Praktiken. Statt sich wie die bisherigen ITIL Prozesse auf die Beschreibung der Prozessaktivitäten zu beschränken, beschreiben die Practices orientiert an den vier Dimensionen, die Aktivitäten, Prozesse, Wertströme Rollen, Strukturen, Werkzeuge und Ressourcen je Aktivitätenbereich im Service Management. 

Alle 34 Praktiken sind in einer durchgängigen Struktur beschrieben. Das erste Kapitel beschreibt den Zweck, die Konzepte und Begriffe sowie Erfolgsfaktoren und Key Metriken. Die folgenden vier Kapitel gliedern sich entsprechend der 4 Dimensionen:

  • Wertströme und Prozesse: Beitrag zur Service Value Chain, Prozesse und Aktivitäten
  • Organisationen und Menschen: Rollen, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten, organisatorische Strukturen und Teams
  • Informationen und Technologie: Inputs und Outputs, Automatisierung und Tooleinsatz
  • Partner und Lieferanten: Beziehungen zu beteiligten Dritten, Sourcing

Die Beschreibung der Praktiken ist nicht mehr Teil der Bücher der Kernliteratur. Sie werden online bereitgestellt und können beim Rechteinhaber Axelos abonniert werden. Teilnehmer einer ITIL® Prüfung erhalten derzeit kostenlosen Zugang für ein Jahr. Die Grafik zeigt, wie alles zusammenhängt.

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Sieben ITIL-Grundprinzipien als Leitplanken für die Umsetzung

Mit der ITIL 4 werden „Guiding Principles“ eingeführt. Sie sollen als übergeordneter Rahmen und Leitplanken für die praktische Umsetzung dienen. Das ist besonders wichtig vor dem Hintergrund neuer Formen der Zusammenarbeit, in denen die Akteure tendenziell mehr Verantwortung übernehmen und Entscheidungen nicht mehr in der Hierarchie, sondern dort getroffen werden, wo Ergebnisse erzeugt werden. Prinzipien helfen, bei diesen Entscheidungen eine gemeinsame Richtung beizubehalten. Im Unterschied zu grundlegend prinzipienorientiertem (Service) Management, das in vielen Unternehmen an Bedeutung gewinnt, beziehen sich die ITIL Prinzipien oft konkret auf die Umsetzung der ITIL Empfehlungen. die Sieben Prinzipien lauten:

  1. Halte den Fokus immer auf dem Nutzen für deine Kunden 
  2. Beginne, wo du heute stehst und nutze die vorhandenen Erfahrungen und aktuelle Ergebnisse
  3. Arbeite in überschaubaren Iterationen und verarbeite Feedback der Teams und Nutzer regelmäßig
  4. Arbeite über Silos hinweg zusammen und binde die Beteiligten von Beginn an ein. Sprich über Erfolge
  5. Denke und arbeite ganzheitlich. Kein Fachbereich, Service oder Prozess steht für sich allein
  6. Gestalte Prozesse und Verfahren so einfach wie sinnvoll möglich. Eliminiere alles ohne nützlichen Output
  7. Optimiere alle Abläufe so gut es geht und automatisiere danach wo immer möglich

Fazit

Die gute Nachricht für alle, die sich bereits an bisherigen ITIL Versionen orientieren ist, dass es keinen Grund gibt, etwas zu verändern, was heute schon funktioniert. Allerdings war das Verantwortlichen aus der Praxis vermutlich ohnehin längst klar, denn ITIL bleibt auch in der neuesten Version das, was es im Prinzip schon immer war: Ein sehr nützliches und breites Angebot, das nach Bedarf eingesetzt werden kann oder eben auch nicht. Schließlich kommt auch niemand auf die Idee, alle Produkte eines Supermarktes in einer Mahlzeit zu verarbeiten, nur weil sie verfügbar sind.

Nick Schaller

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Martin Beims

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Mehr Details zum Thema ITIL 4 gibt es übrigens in der heute erscheinenden 5. Auflage meines ITSM-Buches. Falls jemand das Buch mit persönlicher Signatur bestellen möchte, dann geht das natürlich weiterhin hier: itsm-buch.aretas.de

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