Die Vaterrolle - immer noch ein Tabuthema für junge Männer?
© 2019 I Philipp M. Hohenthanner (private Aufnahme)

Die Vaterrolle - immer noch ein Tabuthema für junge Männer?

In einer Kolumne für die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete kürzlich ein junger Mann, wie es sich für ihn anfühlte zu erfahren, dass er mit 22 Jahren noch während seines Studiums Vater wird. Eine Situation, die mich stark an meine eigne erinnerte. Auch ich selbst befand mich noch inmitten meines Bachelor Studiums im Fach Psychologie, als ich das erst Mal Vater wurde.

In der Kolumne berichtet der Autor von seinen Zweifeln und Ängsten, aber auch von Ratschlägen anderer Männer, die wenig hilfreich waren. Auch diese Situation ist mir gut bekannt. Gerade von jungen Männern wird die Vaterrolle oft immer noch als eher negativ konnotiert wahrgenommen. Obwohl in der Öffentlichkeit scheinbar ständig über Themen wie mehr Gleichberechtigung und eine gerechtere Verteilung von Aufgaben und Verantwortung gesprochen wird, nehmen anscheinend viele junge Menschen den Typus des zielstrebigen Karrieristen, immer noch als erstrebenswerten Archetypen wahr.

Aber warum ist das so?

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© 2018 I Philipp M. Hohenthanner (private Aufnahme)

Warum haben scheinbar immer noch so viele junge Menschen Angst davor, Familie und Studium unter einen Hut zu bringen und warum ist es so schwer für uns alte Rollenbilder endlich über Bord zu werfen?

Früh Eltern zu werden, kann eine enorme Herausforderung darstellen. Klar. Das aber trifft Frauen und Männer gleichermaßen. Kinder sind anstrengend. Kinder kosten oft Zeit und manchmal Nerven. Kinder sind eine enorme Verantwortung, aber ist es wirklich die Scheu vor dieser Herausforderung die viele junge Menschen immer noch davon abhält früh eine Familie zu gründen?

Ich glaube, gerade in den Köpfen vieler junger Männer herrscht leider immer noch eine völlig falsche Vorstellung von der Vaterfigur!

Schaut man sich nur einmal die Darstellung von Vätern in den Medien an, so geben diese oft ein geradezu katastrophales Bild ab! (Man denke nur einmal an Homer Simpson, Al Bundy oder den Vater in der Kinderserie Peppa Pig). Oft werden Väter als unfähig, übergewichtig und uninspiriert dargestellt. Wer mit solchen Vorbildern groß wird, der braucht sich nicht wundern, wenn er Angst davor hat Verantwortung für seine Vaterrolle zu übernehmen. Während Frauen sich völlig selbstverständlich gegenseitig zu ihrer Schwangerschaft beglückwünschen und ganze Parties dafür schmeißen, gehen Männer mit so einer Neuigkeit eher verschämt in die nächste Kneipe. Dort bekommt man(n) dann von den Kumpels eher das ein oder andere Trostbier gestiftet und es wird darüber philosophiert, welche Einschnitte und großen Herausforderungen diese neue Rolle nun mit sich bringt. Auch von Eltern, Verwandten und manchen Bekannten ernten junge Männer häufig statt Glückwünschen eher kritische oder sogar bedauernde Blicke und es werden Fragen gestellt.

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© 2021 I Nina Hohenthanner - LND Media GmbH.

"Wie machst du das denn jetzt mit deinem Studium?", war eine dieser Fragen die ich häufiger zu hören bekam...

Eine ziemlich dumme Frage im Übrigen. "Wie macht man(n) das denn mit der Arbeit?", hätte ich wohl damals die (meist bereits älteren) Männern fragen sollen. Warum sollten sich Elternschaft und Studium ausschließen? - Ein Studium ist nicht weniger zeitintensiv als ein Vollzeitjob, aber auch nicht mehr. Alles andere ist eine Frage der Planung und ohne größere Probleme lösbar. Dass man nicht mehr auf jeder WG-Party und Kneipenrunde erscheinen kann, durchaus verschmerzbar. Zumindest für mich war es das. Viel schlimmer finde ich hingegen die Stigmatisierung die junge Eltern, aber vor allen Dingen junge Väter erfahren und die auch ich selbst erlebt habe. Eine frühe Elternschaft gilt in weiten Teilen unserer Gesellschaft weiterhin als "unvernünftig" und so werden junge Eltern schnell als unreif und unfähig abgestempelt. Viele Arbeitgeber bevorzugen auch weiterhin oft junge Männer ohne familiäre Verpflichtungen, da sie denken, dass diese mehr Flexibilität und Leistungsbereitschaft zeigen würden. Derweil ist eigentlich genau das Gegenteil der Fall. Wer sich entschließt seine Elternrolle anzunehmen und das noch während eines Studiums, der beweist meiner Meinung nach am Besten, dass er bereit ist Verantwortung zu übernehmen und dass er auch einmal auf etwas verzichten kann.

Wenn ich heute zurückblicke, dann kann ich mit Fug und Recht behauptet: Früh Vater zu werden war eine gute und richtige Entscheidung und es hat weder meinem Studium noch meiner Freiheit geschadet. Im Gegenteil!

Es hat mich zu einem verantwortungsbewussteren und zielstrebigeren Menschen gemacht. All meine Bedenken und Ängste waren genauso unnötig wie die sinnfreien Ratschläge und Fragen die ich mir zuvor anhören musste. Trotzdem ist und bleibt eine frühe Elternschaft immer noch ein Tabuthema und das obwohl die Ausbildungszeiten immer länger werden. Es ist an der Zeit, dass sich hier grundlegend etwas ändert. Nicht nur die Rolle des Vaters als "Antiheld" gehört endlich abgeschafft, sondern auch die Vorstellung, dass eine frühe Elternschaft hinderlich für die Karriere ist. Das gilt natürlich gleichsam für Männer, wie für Frauen. Auch die Angebote auf dem Arbeits- und Bildungsmarkt müssen endlich an die Anforderungen unserer moderne Welt angepasst werden. Dazu gehört neben mehr Flexibilität bei den Arbeits- und Studienzeiten auch mehr Verständnis und Offenheit für die Bedürfnisse, aber auch Ängste und Sorgen junger Menschen vor der Elternschaft.

Hier der Link zur FAZ Kolumne!

Riccardo Lifrieri

Fotograf Automobil & Lifestyle

1 Jahr

Sehr guter Artikel, Danke fürs teilen.

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