Die Verantwortung als Arbeitgeber
Vor einem internen Web Meeting, Quelle: Kearney

Die Verantwortung als Arbeitgeber

Dieser Tage gewinnt eine Debatte über das Pro und Contra von Büroschließungen an Dynamik. Befürworter verweisen auf die Situation in beengten Großraumbüros, Skeptiker einer solchen Maßnahme fürchten um den wirtschaftlichen Schaden.

Ich weiß nicht, was dazu heute beim Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten beraten und gegebenenfalls entschieden wird. Aber meiner Meinung nach wird viel zu viel schwarz-weiß diskutiert und dabei übersehen, dass die übergroße Mehrheit der Arbeitgeber längst betriebsärztlich abgenommene Hygienepläne entwickelt hat und praktiziert. Nicht nur in großen Produktionsstätten, aber gerade hier, wurden seit dem Frühjahr Arbeitsprozesse umgestellt, um das Infektionsrisiko zu reduzieren. Ich erinnere mich zum Beispiel noch den Fall eines Klienten, in dessen Werke über Nacht die Schichtübergabe per Podcast erfolgte. Tracker, die eigentlich zur punktgenauen Lokalisierung von Maschinen und Produkten genutzt wurden, wurden so modifiziert, dass sie Mitarbeiter warnten, wenn sie die Mindestabstände nicht einhielten und die Kontakte untereinander speicherten, um mögliche Infektionsketten nachzuverfolgen. Und das sind nur zwei Beispiele von vielen. Wie wirkungsvoll all solche Maßnahmen sind, zeigen die nicht vorhandenen größeren Ausbruchsgeschehen im Bereich der industriellen Fertigung, wenn man vom Sonderfall Fleischbranche absieht.

Viele Unternehmen haben schon im letzten Frühjahr vorbildlich gehandelt.

Ich kann nicht beurteilen, wie es jenseits der Produktion in anderen Unternehmen aussieht. Als Kearney haben wir bereits zu Beginn der Pandemie entschieden, dass Mobiles Arbeiten von zu Hause die Regel ist. Nur in begründeten Ausnahmefällen soll das Büro aufgesucht werden, beispielsweise wenn Arbeiten im privaten Umfeld aus räumlichen oder familiären Gründen nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich ist. Zudem haben wir strenge Hygienekonzepte für unsere Büros erarbeitet, die betriebsärztlich abgenommen und ständig evaluiert werden. Dies beinhaltet auch Testoptionen und Guidelines für die Arbeit bei unseren Klienten, sofern sie sich nicht Remote bewerkstelligen lässt.

Die Mitarbeiter im Büro und die Chefs im Home Office? Geht gar nicht!

Es funktioniert also und staatlich angeordnete Büroschließungen würden daher mehr Schaden als Nutzen anrichten. Es gibt aber offenbar auch die andere Seite der Medaille. So zeigen Einzelberichte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Medien, dass es offenbar auch noch immer Führungskräfte gibt, die es mit ihrer Verantwortung gegenüber den eigenen Beschäftigten nicht so genau nehmen. Beispiel gefällig? Wenn Vorgesetzte sich ins Home Office verabschieden, aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bitte weiter ins Büro gehen sollen, dann hat das meines Erachtens nichts mit Unternehmertum im 21. Jahrhundert zu tun. 

Als Arbeitgeber obliegt uns eine Fürsorgepflicht. Dies gilt schon in normalen Zeiten, aber in den aktuellen erst recht. Wo immer möglich bedeutet das, dass flexibles Arbeiten von zu Hause nicht nur ermöglicht, sondern aktiv gefördert werden sollte. Und dort, wo aus betrieblichen Gründen eine Anwesenheit im Büro, in der Fabrik oder im Außendienst oder an der Supermarktkasse zwingend erforderlich ist, hat jede und jeder den bestmöglichen Schutz verdient, so wie wir es auch für uns selber wünschen.

Manfred Kwade

Partner Automotive at WP Board Services/Advisor/Turn Around Executive (interim or fixed)

3 Jahre

Wie immer wird es eine Kombination von Büro und Home Office sein.

Dr. Matthias Beth

Independent Board Advisor "Start up and Boost Your Business"

3 Jahre

Hallo Herr Eisenhut, Sie treffen den Nagel auf den Kopf: Schwarz-Weiß Debatten helfen in keiner Weise. Das verantwortungsvolle Handeln der Unternehmer in Abstimmung mit den Sozialpartnern ist da weitaus zielführender.....

Zum Anzeigen oder Hinzufügen von Kommentaren einloggen

Ebenfalls angesehen

Themen ansehen