Die Wildcard für Ihre Karriere: Erfinden Sie sich neu
Joanna Kosinska, www.unsplash.com

Die Wildcard für Ihre Karriere: Erfinden Sie sich neu

Sich neu erfinden … das klingt erstmal abgefahren, zugegeben. Irgendwie nach Selbstfindungsseminar im Himalaya oder Volkshochschulkurs für Umstyling. Dahinter steckt aber eine Aufforderung, der sich moderne Karrieregestalter stellen sollten. Der Digitalisierungsexperte Michael Pachmajer bringt es im Interview mit mir auf den Punkt: „Wir können nicht mehr alles vorausplanen, so wie es im analogen Zeitalter möglich war. Wir müssen also eine Bereitschaft entwickeln, mit Unsicherheit umzugehen. Wir müssen lernen, dass wir uns in unserem Berufsleben mehrmals komplett neu erfinden. Dann ist es umso wichtiger, das zu suchen was man liebt und gut zu sein in dem, was man macht.“

Das bietet viel Gestaltungsmöglichkeit, kann aber auch Angst machen. Wir werden nicht mehr von einem Unternehmen durch die Karriere getragen, sondern sind selbst gefordert.

Die Zukunft ist jetzt

Ich spreche nicht über ferne Visionen. Die Zukunft ist heute schon da. Ich habe als Karriereberaterin selbst miterlebt, wie die Energiewende zu abrupten Veränderungen im Leben und in den Karrieren vieler Beschäftigter der Energiebranche geführt hat. Die Betroffenen haben sich, gezwungenermaßen, neu erfinden müssen. Wenn ich heute mit ihnen spreche, erzählen sie von den Chancen, die entstanden sind. Von dem, was sie zunächst glaubten verloren zu haben, reden sie kaum – denn sie haben nichts verloren, dem man nachtrauern müsste. Lesen Sie dazu die Geschichte von Frank Wolff, der nach einer plötzlich beendeten Überfliegerkarriere in einem Großkonzern nun seinen Traumjob gefunden hat.

Inspiration suchen

Wie können Sie sich nun dem Thema des Sich-neu-Erfindens strategisch nähern? Zunächst empfehle ich Ihnen: Suchen Sie sich Inspiration. Meine persönliche Inspiration ist Anna Mary Robertson Moses, besser bekannt als Grandma Moses. In den USA kennt sie jedes Kind, denn ihre Geschichte ist erstaunlich. Bis zu ihrem 75. Lebensjahr arbeitet sie als Farmerin, bis die Arbeit zu schwer für sie wird. Untätig sein ist aber keine Option für sie. Sie fängt an zu malen, bringt sich autodidaktisch Maltechniken bei und wird tatsächlich von der Kunstszene entdeckt. Heute gilt sie als wichtige Vertreterin der naiven Kunst Nordamerikas.

Grandma Moses liebt ihre Arbeit als Farmerin. Diese Arbeit fordert sie jedoch so stark, dass sie keine Chance hat, ihr durchaus schon früh sichtbares Talent zum Malen weiterzuentwickeln. Es bieten sich zwar gelegentlich Anlässe, ihr Können unter Beweis zu stellen, indem sie Wohnräume dekoriert oder kleine Bilder malt, die sie verschenkt. Dann, mit 75 Jahren, muss sie sich von der Landwirtschaft verabschieden und ein neues Feld für sich finden. So kommt das latent immer anwesende Talent auf die Hauptbühne. Dass das gelingt, ist fast ein Wunder. Und ein Beweis, dass berufliche Veränderungen in jedem Lebensalter möglich sind.

Geht es Ihnen auch so? Gehen Sie in Ihrer Arbeit auf? Tun Sie genau das, was Sie zufrieden macht? Aber was machen Sie, wenn es diese Arbeit nicht mehr gibt oder Sie ihr nicht mehr nachgehen können? Haben Sie andere Talente, die sie nutzen können? Was schlummert in Ihnen?

Sich selbst gut beobachten

Das ist meine zweite Empfehlung: Seien Sie sensibel für Ihre Bedürfnisse und Talente. Welche Optionen haben Sie? Was gibt es noch, das Sie begeistert und erfüllt? Jeder Mensch hat mehrere Möglichkeiten sein Berufsleben zu gestalten. In Zukunft, aber auch schon heute ist es immer wichtiger, dass Sie ein Ass im Ärmel haben: Die Wildcard für Ihre Karriere. Wie die aussehen soll? Beantworten Sie meine folgenden Fragen ehrlich und Sie werden in Ihren Raum der Möglichkeiten gelangen:

  1. Welche Tätigkeiten faszinieren Sie? Was wissen Sie darüber?
  2. Mit welchen Talenten stachen Sie als Kind hervor? Welche davon haben all die Jahre geschlummert?
  3. Wenn Sie ohne Geldnöte drei Monate von ihrem Job pausieren könnten: Welcher Arbeit würden Sie sich in dieser Zeit gerne widmen?
  4. Was würden Sie gerne lernen? Was gefällt Ihnen daran?
  5. Welche Entwicklungen im digitalen Umfeld faszinieren Sie und warum?

Schreiben Sie Ihre Gedanken auf oder erstellen Sie ein Visionboard. Fragen Sie sich nicht sofort, ob das alles realistisch ist. Das folgt erst im übernächsten Schritt. Jetzt geht es um kleine Lockerungsübungen, die Sie nach und nach mental beweglicher machen und Ihre Sicht erweitern. Das muss nicht gleich zum großen Durchbruch führen. Aber Sie betreten einen neuen Raum, richten den Scheinwerfer auf bis jetzt Verdecktes und bekommen Ideen für zukünftige Karrierealternativen. Wie sagte der große Heinz von Foerster: „Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird!“

Machen Sie sich bewusst, was in Ihnen steckt und fordern Sie sich selbst heraus. Verlassen Sie sich nicht auf das heute, sondern denken Sie an Ihre Karrieremöglichkeiten von morgen.

Ihre Caterine Schwierz

Ich bin COO bei von Rundstedt und Co-Creator der MondayMakers. Meine Mission: Ich unterstütze Menschen, glücklich bei ihrer Arbeit zu sein. Hier schreibe ich über die Zutaten, die zum Glück bei der Arbeit gehören. Wenn Sie mich bei meiner Mission unterstützen wollen, dann folgen Sie mir und geben Sie mir Feedback. Alle Artikel finden Sie hier.


Roland Raff

Economic financial market strategist. Coach Vertriebspartner bei Hajoona Genuss mit Funktion

6 Jahre

Nach 30 Jahren Unternehmertum, Einzel- und Großhandel in einem leider sterbenden Markt Schreibwaren und Bastelmaterialien. Zeige ich heute Menschen auf wie sie im Bereich personal-franchise sich neu entdecken können.  Eigenständig, selbständig und in einem Business mit Herz. Ohne Risiko multipliziere ich meine Arbeitskraft. Nehme meine Partner an die Hand, bis sie laufen können. Und das schöne, ich helfe dabei die Träume zu erfüllen, dabei erfüllen sich automatisch meine Träume. Gerne tausche ich mich dazu mit Ihnen aus. Ihre Veröffentlichungen haben mir gut gefallen. Ich freue mich auf den Kontakt! Danke

Wunderbar....!!! Als Kunst Therapeutin und Veränderungs-Coach bin ich genau auf diese Fähigkeiten der kreativen Neugestaltung des eigenen Lebens konzentriert. Wünsche mir ein Gespräch und vielleicht einen interdisziplinären Austausch.

Ivica Glavurtic

Service Manager bei A1 Telekom Austria AG

6 Jahre

Sehr interessanter Artikel, jedoch würde ich es nicht ganz neu erfinden nennen, sondern das besinnen auf die eigenen Talente und Stärken. Nicht jeder von uns sich dieser bewusst bzw. hatte sich nicht die Zeit genommen darüber nachzudenken. Die Lebensumstände (sozialer Druck, Verantwortlichkeit für die Familie,...) treiben einen auch dann in eine andere Richtung. Ich kenne die Geschichte von Grandma Moses aus dem Buch "Finde deine Stärken jetzt", und dort wird diese noch ein wenig näher ausgeführt. Sie war gezwungen die Farm zu führen, und konnte so nicht ihren Stärken nachgehen. Wie auch immer, auch heutige Unternehmen und dessen Manager sind eher daran interessiert die Schwächen ihrer Mitarbeiter durch Schulungen und Traingings zu egalisieren, anstatt die Stärken sinnvoll einzusetzen. Manch einer kennt nicht einmal seine Mitarbeiter gut genug, um die Stärken des oder der jenigen zu erkennen. Eigentlich Schade, dass es im heutigen Zeitalter fast keine Empathy mehr gibt, und dadruch die wahren Talente eines Menschen gar nicht zum vorschein gelangen. Denn unabhängig von der Branche lassen sich die Stärken eines Mitarbeiters einsetzen, welche zur erstrebten Erfüllung der Bedürfnisse führt und am Ende Glücklich macht. Ich empfähle jedem der sich seiner Stärken und Talente noch nicht bewusst ist, das zuvor erwähnte Buch, welches ebenfalls einen Online-Test beim Gallup-Institut beinhaltet, um seine Talente zu identifizieren. In diesem Sinne frohe Weiterentwicklung 

Holger H.

Orthopäde und Unfallchirurg Schön Klinik Bad Aibling und MVZ Hausham

6 Jahre

Ich kann die Euphorie nur mäßig nachempfinden. Wenn sich Chancen und Möglichkeiten immer schneller verändern - und das aus Gründen des bedingungslosen kurzfristigen Gewinnstrebens - ist das noch lange nicht positiv zu sehen. In Gegenteil - glücklich sind mit dem "sich neu erfinden" nur diejenigen, die aktuell in einem für sie nicht (mehr) attraktiven Job "gefangen" sind. Wer jedoch konstante Weiterentwicklung schätzt und dann durch Umstrukturierungen in eine Position kommt in der das bisherige Know-How nicht mehr en vogue ist wird nicht mit Freuden "sich neu erfinden". Ich würde langfristiges, nachhaltiges Denken in Bezug auf den Umgang mit dem unschätzbaren Gut "Know How" bzw. Erfahrung für wesentlich effizienter halten. Hier ist nur leider nicht der Arbeitnehmer in der entscheidenden Position das zu ändern... Gut ist natürlich der positive Ansatz in der Bewältigung dieser traurigen Realität.

Bendix Landmann

"... and if you get the impression that this life is a theatre, then choose a role that you really enjoy"

6 Jahre

Ein spannender und sehr interessanter Artikel die kognitive Umstrukturierung von uns Menschen in Lebenssituationen zeigt, in denen wir eher weniger Sicherheiten und Verlässlichkeiten festzustellen haben. Zweifelsohne bleibt z.Zt. nur noch das monitäre System für Verlässlichkeit und Sicherheit, das funktiniert wohl weiter so. Überrascht war ich, das in industriellen Produktionen solche Coach Angebote vergleichbar der therapeutischen Angebote angeboten werden. Ich vermute Frau Schwierz, sie werden nicht durch die gesetzliche Krankenkasse finaziert. Begünstigt wurde der Neuanfang durch die Fähigkeit in Kategorien der Gemeinwesensarbeit denken zu können. Vereine zu leiten und Verantwortung für Gruppen im staatlichen Sinne zu gestalten. Aber auch durch Yoga zusätzlich selbst geerdet zu sein, dass scheint ebenfalls hier ein weiterer tragender Gesichtspunkt zu sein. Ich mache in der klinischen Therapie auch nichts Anderes, manchmal wünsche ich mir dann auch mehr von der industriellen Seite der Wirtschaft zu erfahren. Dies ist hier besonders gut gelungen. Danke dafür…  

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