Die XXL Extrameile

Die XXL Extrameile

1000 Höhenmeter in weniger als zwei Stunden – nicht schlecht für einen Feierabendspaziergang, der uns doch so einiges abverlangte. Aber das wahre Highlight kam ganz am Schluss.

Manchmal sind Agenden überflüssig. Zum Glück. Ein guter Freund und ich treffen uns spontan zum Feierabendspaziergang. Der entpuppte sich schnell zum Power-Hike. Von Beginn an geht es steil bergauf, und bereits nach zehn Minuten laufen wir im Schweisse des Angesichts die steilen Pfade hinauf, begleitet von der Resthitze des Tages. Unsere Gesprächsthemen gehen uns auf dem Weg zum Gipfel nicht aus – die Puste beinahe schon.

Kurz vor acht Uhr erreichen wir unser Ziel, gerade noch rechtzeitig für ein kühles Getränk und eine Kleinigkeit auf der Restaurantterrasse, bevor die letzte Bahn ins Tal fährt. Dieser Berg, der sich selbst einen Adelstitel verliehen hat, ist weltweit bekannt und ein echter Touristenmagnet. Doch als ich die Rechnung für 17.80 CHF begleichen wollte, wurde ich darauf hingewiesen, dass Beträge unter 20 CHF nicht mit Karte bezahlt werden können. Also bestelle ich noch einen Espresso, um das Minimum zu erreichen, da weder mein Freund noch ich Bargeld dabei haben. Kundenorientierung? Hier offensichtlich ein Fremdwort. Enttäuschend!

Auf dem Weg nach unten ist der Wagen gut gefüllt mit Menschen aus allen Regionen des Erdballs. Gäste aus Indien, Korea, den USA, Spanien und weiteren Ländern, welche ich nicht zuordnen konnte. Es ist die letzte Fahrt des Tages und der Zugführer hat an diesem langen heissen Tag bestimmt hunderte Gäste gesehen. Trotzdem strotzt er vor Energie und Enthusiasmus.

An der Talstation angekommen, verabschiedet er die Gäste beim Aussteigen, greift zu seinem Büchel – dem kleinen Bruder des Alphorns – und spielt ein kurzes Stück. Die Reaktion der Gäste ist überwältigend, sie applaudierten, gehen auf ihn zu und stellen ihm viele Fragen. Obwohl er kein Englisch sprich, kommuniziert er mit Händen und Füßen und verständigt sich mit ihnen. Irgendwoher zaubert er eine Schweizer Fahne hervor, damit das Bild für die Gäste perfekt ist. Ich helfe gerne aus und mache Erinnerungsfotos für die Reisenden.

Diese Gäste werden daheim sicherlich von der Zahnradbahn und der Aussicht erzählen. Doch was ihnen wirklich im Herzen bleibt, ist die Herzlichkeit, das Überraschungsmoment – das Extra! Ein einzelner Mensch kann den Unterschied machen. Heute war es der Lokführer. Morgen vielleicht Sie?

Ein fröhlicher Gruss, Ralph Hubacher

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