Digitale Währungen sind auf dem Vormarsch und keiner kann sie mehr stoppen
Nachdem der Bitcoin/USD-Kurs auch dieses Jahr wieder stark gestiegen ist und sich bislang oberhalb der 500-US-Dollar-Marke hält, könnte selbst der letzte Finanzmarktexperte verstanden haben, dass sich Bitcoins vollends in der Welt der Finanzen als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel etabliert haben.
Ein Artikel von Oliver Bossmann, Finanzexperte bei ETX Capital.
Bitcoins nehmen momentan in der Welt der Kryptowährungen die gleiche Position ein, die der US-Dollar in FX-Markt einnimmt, nämlich die einer Leitwährung. Nach Meinung der Experten beginnt nun die Ära der zweiten Generation an Kryptowährungen. Das Potential von Smart Contracts in Verbindung mit der Blockchain-Technologie und seinen Anwendungsmöglichkeiten kann noch gar nicht abgesehen werden. Die meisten Experten sind sich jedoch einig, diese Technologie wird in Zukunft unserer Leben verändern. Relativ neue Kryptowährungen wie Ethereum und Steem könnten den Weg für die zweite Generation bereiten.
Bitcoin ist ein Problem für viele Notenbanken
Mit dieser Entwicklung Schritt zu halten fällt vor allem dem Staat und Finanzinstitutionen schwer. So könnten einige Notenbanken noch damit beschäftigt sein, zu verhindern, dass sich Bitcoins weiter in ihrem Wirtschaftsraum etablieren. Die Gründe für dieses kontra-produktive Verhalten sind von Notenbank zu Notenbank verschieden. Ein gutes Beispiel ist hier das so genannte „Seigniorage“. Der anglo-amerikanische Ausdruck Seigniorage stammt von dem französischen Wort „seigneur“ ab und bezeichnet einen mittelalterlichen Fürsten. Im Mittelalter lag das Recht der Münzprägung beim Fürsten. Heute lieg dieses Recht, wie wir alle wissen, in den Händen des Staates oder unabhängiger Notenbanken. Der Begriff Seignorage steht für nichts anderes als für die Inflationssteuer, die der Staat erhebt, wenn er die Geldmenge erhöht. Denn die so erzeugte Inflation führt am Ende zu erhöhten Steuereinnahmen. Vor allem Staaten, die große Teile ihres Staatshaushalts über Seigniorage finanzieren, also Ländern mit durchschnittlich hohen Inflationsraten wie Bolivien, Ecuador, Bangladesch und Vietnam, die übrigens schon allesamt Bitcoins in ihrem Einflussbereich verboten haben, könnten mit digitalen Zahlungsmitteln ein großes Problem bekommen. Denn nachdem sich die Leitwährung der „Kryptowelt“ als eine wahre Alternative zu Gold etabliert hat, besteht für die Bevölkerung die Möglichkeit, das klassische Seigniorage zu umgehen. Die Anonymität und die hohe Netzwerksicherheit der Blockchain-Technologie machen es möglich und Kapitalverkehrskontrollen werden durch die Schaffung von digitalen Werten wirkungslos. Dazu kommt, dass auf Seiten der Bevölkerung in Zeiten hoher Staatsschuldenberge und ultra-lockerer Geldpolitiken die Skepsis und der Vertrauensverlust gegenüber dem Fiat-Geldsystem größer wird.
Blockchain-Technologie erst am Anfang
In den westlichen Industrienationen geht man konstruktiver mit dem Thema Bitcoins und Kryptowährungen um, wie es zum Beispiel die Bank of England tut, die zusammen mit der London School of Economics eine Forum für die Blockchain-Technologie geschaffen hat. In der Regel wird unter den westlichen Zentralbanken neben dem Wirtschaftswachstum viel wert auf Preisstabilität gelegt. Das Problem für die westlichen Notenbanken mit Kryptowährungen könnte demnach anders gelagert sein, als es für Staaten mit traditionell hohen Inflationsraten der Fall ist. Mit der Verbreitung von direkten und sicheren Peer-to-Peer-Anwendungen wird ein belastbares Netzwerk geschaffen, dass den Intermediär beseitigt. Im Falle von Geldtransfers und Zahlungsabwicklungen ist es in der Regel ein Finanzdienstleistungsinstitut oder eine Bank, die durch die Anwendung der Blockchain-Technologie ersetzt wird. Für sich genommen ist dieser Prozess höchst effizient, denn die Kosten- und Aufwandsersparnis für den Anwender dieser Technologie ist signifikant. Jedoch für die nationalen Währungshüter könnte der Kontrollverlust, der mit dem Wegfall des Intermediär einhergeht, fundamental sein. Zum einen gehen wichtige Informationen, die für eine gute diskretionäre Geldmengensteuerung in einer komplexen Welt notwendig sind, verloren. Wenn Notenbanken aber nicht umfassend über die monetäre Lage in ihrem Hoheitsbereich informiert sind, dann könnten Fehlentscheidungen die Folge sein. Ein gutes Beispiel dafür, dass die Notenbanken immer und zu jeder Zeit bestens informiert sein müssen, ist die Rezession, in die die US-Wirtschaft 1982 rutschte. Damals wurde die US-Ökonomie durch die unvorhergesehene und immer noch ungeklärte Verminderung der Umlaufgeschwindigkeit des Notenbankgeldes (in diesem Fall M1) in eine tiefe Rezession hineingezogen. Da die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes in den sechziger und siebziger Jahren beständig wuchs, konnte keiner ahnen, dass sich dies plötzlich ändern sollte. Die US-Notenbank Fed war zu jener Zeit damit beschäftigt, die hohe Inflation zu bekämpfen und leitete eine restriktive Geldpolitik ein. Hätte sie gewusst, dass die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes deutlich sinkt, dann hätte die US-Notenbank wahrscheinlichen ihre anti-inflationäre Politik nicht aufgelegt, denn eine sinkende Umlaufgeschwindigkeit des Geldes wirkt per se wie eine restriktive Geldpolitik. Das Resultat war eine der tiefsten US-Rezessionen nach der großen Depression der dreißiger Jahre. Heutzutage wäre die Fed wahrscheinlich besser für solch einen Fall gerüstet. Aber das Beispiel zeigt, wie wichtig es für Notenbanken ist, das gesamte Bild zu sehen.
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Entmachtung der Notenbanken?
Auch der monetäre Transmissionsmechanismus könnte erheblich durch die Verbreitung und Anwendung von digitalen Währungen gestört werden. Der monetäre Transmissionsmechanismus ermöglicht der Notenbank, dem Wirtschaftsverkehr Geld zu entziehen oder es hineinzupumpen. Dafür braucht eine Zentralbank einen Transmissionskanal. In einem Fiat-Geldsystem ist dies zumeist ein Oligopol aus Finanzdienstleistern und Banken. Wenn Gläubiger und Schuldner in unserem vorherrschenden Geldsystem so gut wie nie direkt aufeinander treffen, dann können die Vertragskonditionen für Kredite aller Art von dem Intermediär und damit der Notenbank, bei der sich der Intermediär refinanziert, vorgegeben werden. In einer Welt mit weit verbreiteten Peer-to-Peer-Anwendungen könnte der monetäre Transmissionsmechanismus in seiner Wirksamkeit stark beeinträchtigt werden, da es keine Möglichkeit mehr für die Notenbank gibt, Einfluss auf den Preis von Geld auszuüben, nämlich den Zinssatz. Spinnt man das Rad konsequent weiter, dann könnten die nationalen Notenbanken von den Kryptowährungsanwendern entmachtet werden. Jedoch stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob und welche Kryptowährungen in Zukunft das Zeug dazu haben, den Status und die Akzeptanz eines globalen Zahlungsmittels zu erreichen? Und was würde das für die globale Wohlstandsverteilung in der Zukunft bedeuten?
Die Frage nach einer globalen Währung
Bitcoins könnten aufgrund ihrer programmatischen Ausstattung eher die Anforderungen für ein digitales Wertaufbewahrungsmittel erfüllen, denn die Anzahl an emittierten Bitcoins steht unwiderruflich und für alle Zeit fest. Eine gut geölte Weltwirtschaft braucht aber eine moderate Inflation, damit sich Wirtschaftswachstum und Fortschritt entfalten können. Sollte eine globale Währung entstehen, dann könnte befürchtet werden, dass die armen Länder dieser Welt, die vorher die nationale Geldpolitik benutzten, um den Wechselkurs auf- und abzuwerten, diese wirtschaftspolitische Option verlieren würden. Diese Länder könnten in einer Zukunft mit nur einer globalen Währung dem geballten Produktivkapital der westlichen Nationen wehrlos gegenüberstehen. Die Zukunft wird es zeigen, wie die Politik reagiert. Aber eins sollte den politischen Entscheidern klar sein, der Kryptowährungsgeist ist aus der Flasche und keine Macht der Welt kann ihn wieder einfangen.
Über den Autor:
Oliver Bossmann ist bei ETX Capital als Finanzmarktanalyst tätig. Er arbeitet seit über zehn Jahren in der Finanzbranche und hat sich während dieser Zeit auf den Bereich CFD und FX Trading spezialisiert. Unter anderem war er bei dem größten amerikanischen Forex-Broker FXCM als Marktanalyst angestellt und leitete den Unternehmensbereich FXCM Research in Deutschland. Bis 2009 verwaltete er als Head of Trading beim Broker FX Flat private und institutionelle Kundengelder in Form eines Managed Accounts.
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