Endlich gibt es Geld für die Übergangspflege - zumindest in Bayern!

Endlich gibt es Geld für die Übergangspflege - zumindest in Bayern!

Endlich ein erstes Ergebnis! Die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) hat sich mit den Krankenkassen auf ein Entgelt für die Übergangspflege geeinigt. 255 Euro gibt es nun pro Tag für das Krankenhaus, unabhängig davon, ob und wenn ja, welchen Pflegegrad ein Patient hat. Die Einigung kommt spät, denn seit dem 1. April 2022 könnte die Klinik die Übergangspflege gegenüber den Kassen abrechnen, sogar rückwirkend für Fälle mit Aufnahme seit dem 1. November 2021. Bisher liegen aus anderen Bundesländern keine Ergebnisse vor.  

Worum geht es bei der Übergangspflege? Patientinnen und Patienten haben einen gesetzlichen Anspruch auf Übergangspflege von maximal zehn Tagen im Krankenhaus, wenn sie unmittelbar nach einer stationären Behandlung Pflege benötigen – zu Hause, Kurzzeit- oder vollstationäre Pflege – oder eine medizinische Reha, aber kein entsprechendes Angebot verfügbar ist. Das heißt: Sie haben Anspruch, länger als medizinisch notwendig im Krankenhaus zu bleiben. Besonders für ältere Patientinnen und Patienten mit mehreren Krankheitsbildern ist das eine sehr gute neue Regelung. Hier herrscht bisher oftmals das Problem, dass Krankenhäuser diese Patienten eigentlich entlassen müssten, da die akutmedizinische Versorgung abgeschlossen ist, es häufig aber keine zeitnah freien Plätze für eine notwendige Anschlussbehandlung gibt. 

Der Gesetzgeber, also die Politik, hat diesen Anspruch festgelegt. Richtig so! Er hat aber nicht geregelt, wie hoch die Vergütung sein soll, die dafür künftig von den Krankenkassen an die Krankenhäuser fließen wird. Das sollen Krankenkassen und Kliniken auf Landesebene klären. Die Verhandlungen kamen bisher jedoch nicht voran. Bayern hat nun als erstes Bundesland ein Ergebnis präsentiert.  

Ist der Freistaat nun ein Vorbild für die anderen Länder? In gewissem Sinne ja, denn die Krankenhäuser in ganz Deutschland ebenso wie die Patientinnen und Patienten warten sehnlichst auf verlässliche Regelungen. Auch die vereinbarte Höhe von 255 Euro pro Tag erscheint auf den ersten Blick vertretbar: Versucht man eine kalkulatorische Annäherung über die InEK-Kostenmatrix für den Bereich der Normalstation, ergeben sich Tageskosten zwischen 150€ und über 450 €. Darin enthalten sind die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, Grund- und Behandlungspflege, Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, die Aktivierung des Patienten und das Entlassmanagement. Kosten für ärztliche Behandlung sind grundsätzlich nicht enthalten, schließlich haben Patienten in der Übergangspflege definitionsgemäß hier keinen Bedarf mehr. Sollte im Einzelfall dennoch ein Bedarf für eine ärztliche Behandlung bestehen, sind die Kosten dafür mit der Tagespauschale bereits abgegolten.    

Allerdings haben die Patientinnen und Patienten abhängig von der vorangegangen medizinischen Behandlung unterschiedlichen Pflegebedarf. Die meisten Fälle im Krankenhaus fallen bei den Pflegekosten nach eigenen Schätzungen in die Cluster 200 bis 300 Euro oder 300 bis 400 Euro.  

Und hier liegt das Problem der Vergütungsvereinbarung in Bayern: Durchschnittswerte setzen Fehlanreize. Denn sehr viele Fälle werden dadurch untervergütet (alle, die aufgrund ihres Pflegebedarfs höhere Kosten im Krankenhaus verursachen), sehr viele übervergütet (alle, die geringere Kosten verursachen). An untervergüteten Fällen hat ein Krankenhaus kein Interesse, ebenso wenig wie die Kassen an den übervergüteten Fällen.  

Sinnvoller wäre also eine gestaffelte Vergütung. Dafür können zwei denkbare Wege gegangen werden: hausindividuelle Pflegekosten/Tag oder differenzierte bundeseinheitliche Zusatzentgelte. Hausindividuelle Regelungen haben den Vorteil, dass die spezifischen Kostenstrukturen eines Hauses berücksichtigt werden, aber den Nachteil aufwendiger Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Kliniken vor Ort.  

Besser ist der Weg eines bundeseinheitlichen Zusatzentgelts (ZE). Das fordert auch der Deutsche Evangelische Krankenhausverband (DEKV). Dieses sollte allerdings krankheitsbezogen differenziert ausfallen. Hier käme das InEK ins Spiel. Dieses DRG-Institut kalkuliert auf Basis von Sach- und Infrastrukturkosten die Fallpauschalen (DRGs), die die Krankenhäuser mit den Krankenkassen für ihre Leistungen abrechnen. Auf dieser Basis legt das InEK bereits heute auch ZE fest.  

Sinnvoll wäre eine kombinierte Vergütung DRG-basierter Sach- und Infrastrukturkosten auf Normalstation als gestuftes ZE (ähnlich wie das ZE für den erhöhten Pflegeaufwand, das sich am bestehenden Pflegegrad orientiert), ergänzt um das hausindividuelle Pflegeentgelt/Tag, das sich aus dem Pflegebudget eines Krankenhauses ergibt. Der Erlös für die Übergangspflege könnte also auf Basis der Ausgangs-DRG des Behandlungsfalls errechnet werden. Das ist sinnvoll, weil der Anlass, weshalb ein Patient überhaupt ins Krankenhaus gekommen ist, für die Schwere und damit die Kosten der Pflege ausschlaggebend ist. 

Damit sich die Kalkulation von ZE in diese Richtung verbessert, muss der Gesetzgeber nochmal tätig werden. Anstatt langer Verhandlungen auf Landesebene könnte das InEK als neutrale Institution mit exzellenter Datenbasis eine entsprechende Kalkulation vornehmen. Das hat nicht nur den Vorteil, dass über differenzierte Preise Fehlanreize vermieden werden, sondern sorgt auch für Klarheit in allen Bundesländern. Andernfalls ist zu befürchten, dass mancherorts auch in einigen Monaten noch kein Ergebnis vorliegt.  


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