enexion – Weekly zum Energiemarkt KW 41
Die Stromterminpreise tendieren weiter uneinheitlich. Die negativen Preisentwicklungen bei Kohle, Gas und CO2 belasteten die Preise in den kommenden Wintermonaten, wohingegen die Frontjahre leicht zulegen konnten. Bei der Kraftwerkskohle ist die Neujustierung der Weltmärkte in Folge des EU-Embargos gegenüber Russland in vollem Gange. Südafrika hat sich rasch als Spitzenreiter unter den Ersatzlieferländern erwiesen und seinen Anteil an den europäischen Importen von 7% im Vorjahr auf 36% im September dieses Jahres ausgeweitet. Zuvor hatte russische Kohle in Europa einen Marktanteil von etwa 65%. Die zu Anfang letzter Woche veröffentlichten Eckpunkte einer „Gaspreisbremse“ haben alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen, so dass die mindestens ebenso drängenden Probleme bei den Strompreisen etwas in den Hintergrund gerückt sind. Betrachtet man hingegen die fundamentale Situation im europäischen Strommarkt, so richtet sich der Blick einmal mehr sorgenvoll auf Frankreich, dessen verstaatlichter Energiekonzern EDF vom Wirtschaftsminister aufgefordert worden ist, zum 1. Januar 2023 eine nukleare Stromerzeugungskapazität von 50 Gigawatt sicherzustellen, eine Zielmarke, deren Erreichung ebenso wichtig wie zweifelhaft ist, betrachtet man die weiterhin andauernden Wartungen und Reparaturen an zahlreichen Reaktoren.
Der Strompreis dürfte mittelfristig vor allem von der Konjunkturentwicklung sowie den Gaspreisen beeinflusst werden. Die leichten Preisrückgänge der letzten Wochen sollten dabei nicht als Entspannungssignal gedeutet werden. Die Aufwärtsrisiken bei den Preisen sind nach wie vor größer als die Chancen auf signifikante Preisrückgänge, denn das Grundproblem einer insgesamt zu geringen gesicherten Erzeugungsleistung wird sich kurzfristig nicht beheben lassen, und damit sind die deutschen (und europäischen) Strompreise weiterhin stark abhängig von der naturgemäß hoch volatilen Erzeugungskapazität von Wind und Sonne.
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Die Preise für leitungsgebundenes Erdgas sind die dritte Woche in Folge gesunken. Milde Temperaturen, das Erreichen des Einspeicherungsziels von 95% in Zusammenhang mit niedrigeren Verbräuchen sorgten für ein preissenkendes Sentiment. Schlechte Finanzdaten und Inflationszahlen sorgten wieder für verstärkte Rezessionsängste, was den Ölpreis belastete. Währenddessen wurde in Deutschland mit dem Erreichen des 95%-Einspeicherungsziels eine wichtige gesetzlich vorgeschriebene Marke erreicht. Der Marktgebietsverantwortliche „Trading Hub Europe“ (THE), welcher im Auftrag der Bundesregierung Gasmengen beschafft und eingespeichert hatte, stellte sogar die ersten Mengen über den Terminmarkt wieder zur Verfügung. Milde Temperaturen und ein geringer Erdgasverbrauch von Haushalts- & Gewerbekunden sowie Industriekunden unterstützten diese Entwicklung in der vergangenen Woche. Auf europäischer Ebene kam es am Mittwoch zu einem weiteren Treffen der EU-Energieminister in Prag, bei dem über die Maßnahmen und Instrumente im Kampf gegen die hohen Energiepreise beratschlagt wurde. Geeinigt wurde sich jedoch nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner: Ab 2023 soll Gas gemeinsam eingekauft werden, um die Marktmacht der EU zu nutzen, und der Preisindex soll geändert werden, damit dieser resilienter gegenüber Preisspitzen und Spekulationen wird. Konkrete Maßnahmen sowie ein Gaspreisdeckel wurden jedoch nicht beschlossen.
Die Ungewissheit über die künftige Ausgestaltung der Energiepreise in der EU sorgt nach wie vor für Unsicherheit im Markt. Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einem weiteren Paket von Vorschlägen, welches morgen, am 18. Oktober 2022 vorgestellt werden soll. Die Aussagen der EU-Energiekommissarin Kadri Simons deuten darauf hin, dass eine Anpassung des Leitindex TTF Ziel von Maßnahmen sein wird. Daher wartet der Markt nun auf weitere Impulse der Politik und sollte auch in der kommenden Woche uneinheitlich bleiben und seitwärts tendieren. Milde Temperaturprognosen für die kommende Woche könnten zudem für etwas Ruhe im Handel und für Preisabschläge am kurzen Enden sorgen.