Ent-Schliessen ¦ Ver-Binden
Es gibt Entscheidungen, mit denen wir unser Leben in einen neuen Raum bringen. Und andere.
Es gibt grössere und kleinere Entscheidungen. Doch vielleicht geht es eher um eine Qualität als um eine Grösse, eine Quantität; vielleicht geht es um einen grundlegenden Unterschied: Es gibt möglicherweise Entscheidungen, bei denen im Wesentlichen alles beim Alten bleibt – einfach ein bisschen modifiziert. Und Entscheidungen, bei denen die Dinge wesentlich anders werden.
Eventuell liegt der Unterschied in der Bereitschaft, etwas zurückzulassen: Um wirklich einen neuen Raum zu betreten, muss man auch einen verlassen. Das aber ist schwierig, sehr schwierig, aus mehreren Gründen: Muss ich jetzt in Frage stellen, ob es überhaupt richtig war (so lange) in dem Raum zu sein, den ich jetzt allenfalls verlasse? Welche Sicherheiten bleiben mir? Ich kenne den neuen Raum ja noch gar nicht (ist zwar logisch, wenn man ihn eben betreten will, aber doch auch verunsichernd). Wie werden die anderen Menschen reagieren?
Und mitten im Sprung ins Neue wünschen wir uns – meist –, dass unser Leben verbunden bleibt.
Eine kraftvolle Entscheidung zu treffen, einen neuen Raum zu betreten, ist mutig und ist ein Akt der Autonomie. Macht das vielleicht auch einsam? Geht es nun darum, neue Verbundenheiten aufzubauen? Oder kommen alte mit? Welche meiner bisherigen Verbundenheiten sind im Grunde genommen gar nicht so das, was ich mir als Verbundenheiten wünsche? Wie legitim ist überhaupt ein Wunsch nach Verbundenheit in einer Welt der Ungebundenheit?
Kann ich mit mir selbst verbunden bleiben –, z.B. mit meiner Geschichte?
Können auch Organisationen sich neue Räume eröffnen?
Ich kenne eine Organisation, in der das Führungsgremium begann, die eigenen Entscheidungen, die Beschlüsse zu zählen. Offenbar war das für sie eine Kennzahl. Hat aber ein einziger ihrer Entscheidungen wirklich einen substanziellen Unterschied gemacht? Zudem: Hat sich die Sache in der Folge eines Beschlusses in eine gute Richtung entwickelt – oder in eine gegenteilige? Darüber sagt diese Kennzahl – wie so viele Kennzahlen – nichts.
Zudem, wie einmal ein Führungsspezialist mir sagte: "Nach Führungsentscheidungen wird zwar oft gerufen – wenn sie dann da sind, lösen sie aber selten das Problem."
Könnte es auch in Organisationen Entscheidungen geben, die neue Räume eröffnen? Mutige, öffnende Entscheidungen (statt verschliessende)? Wären das eher Entscheidungen, die "oben" getroffen wären oder solche, die "unten" gefällt (und vielleicht auch gleich umgesetzt) werden?
Lernen Entscheidungen?
Es gibt viele Definitionen von Lernen. Eine geht so: "Lernen ist, eine neue Erfahrung zu machen." Dann lernen wir durch grosse Entscheidungen besonders viel – weil ein neuer Raum viele neue Erfahrungen mit sich bringt.
Können wir lernen, gute Entscheidungen zu treffen? Kann man so richtig Übung kriegen, sich fortlaufend wunderbar zu ent-schliessen?
Herzlich eingeladen, daran gemeinsam weiterzudenken, inspiriert von Musik, Gast, Getränk: Das ist das Bildungsbier Nr. 7 – Dernièrenveranstaltung und zugleich Abschiedsparty: Christof Arn tritt aus der Leitung des Zentrums für Lernen und Lehren der Hochschule Luzern zurück.
Gast zum Thema «Übergänge» ist Diomira Uebelmann, Kunstschaffende.
28. Februar 17 bis 19 Uhr. Punkt. An-schliessend Verlängerung. Zum Flyer