Erinnerungen an den Kaiser und ein politischer Neuanfang
Foto: Carsten Knop

Erinnerungen an den Kaiser und ein politischer Neuanfang

Liebe Leserin, lieber Leser,

Franz Beckenbauer ist tot, und mein Kollege Jürgen Kaube hat ihn bewusst zum ersten Mal am 17. Juni 1970 spielen sehen : „Es war die Weltmeisterschaft in Mexiko, und ich durfte länger aufbleiben. Das Halbfinale gegen Italien dauerte vor dem Fernsehgerät bis weit nach Mitternacht. Und es schien nicht aufzuhören. Die Italiener hießen Sandro Mazzola, Giacinto Facchetti, Tarcisio Burgnich. Die Deutschen hießen Schulz, Löhr, Patzke.“ So klar, wer gewinnen würde, war es im Verlauf des Spiels nicht mehr, trotz der frühen Führung und der klangvollen Namen der Italiener. In Kaubes Text geht es aber nicht nur um die spektakuläre Verlängerung, sondern besonders um die Spielkunst Beckenbauers. Auch wenn Sie schon andere Nachrufe auf Beckenbauer in dieser Woche gelesen haben, so ist dieser Text einen weiteren Blick wert. Denn bleiben muss vor allem die Erinnerung an den Libero.

Lesenswert ist zum Jahresbeginn, in dem gerne in die Zukunft geschaut wird, das Gespräch, das Patrick Bernau und Alexander Wulfers mit dem Ökonomen Moritz Schularick geführt haben, dem Präsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Schularick warnt vor Deutschlands Zukunft als Wohlstandsmuseum . Und das größte Wachstumshemmnis sieht er im Wohnungsmarkt: „Wir brauchen viel mehr Veränderungswillen, auch Risikobereitschaft. Schauen Sie sich an, welche Babyschritte wir bei der Digitalisierung diskutieren, während in Amerika und anderswo die Künstliche Intelligenz abhebt“, sagt Schularick unter anderem. Und: „Wir haben ein großes Problem mit unserem Staat, da fehlen Kompetenz und Leistungsfähigkeit. Gerade im öffentlichen Sektor sehen wir in vielen Bereichen überbordende Bürokratie und unflexibles, risikoarmes Denken. Erfolge gibt es im öffentlichen Sektor oft nur noch dann, wenn Sie Kniffe kennen, wie Sie um die Regeln herumkommen. Das ist die Definition eines dysfunktionalen Systems.“ Leider hat Schularick noch manche andere schlechte Nachricht parat: „Wir steuern auf ein gefährliches Jahrzehnt zu – politisch, ökonomisch und sozial. Mit dem rapiden technologischen Wandel, der Klimatransformation und der veränderten Sicherheitslage kommen enorme Herausforderungen auf uns zu. Und die treffen auf politische Radikalisierung im In- und Ausland. Das wird eine Herkulesaufgabe. Ohne einen echten Veränderungswillen kann das zur gesellschaftlichen Zerreißprobe werden.“ Gewiss wird es um solche Themen auch in der kommenden Woche beim Weltwirtschaftsforum in Davos gehen, von dem wir ausführlich berichten werden.

Vor diesem Hintergrund solcher Entwicklungen muss man auch den Gründungsakt verstehen, der zu Beginn der Woche in Berlin vollzogen worden ist. Dort haben 44 Menschen die Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW) aus der Taufe gehoben . So berichtet es die Frau, deren Name die Partei trägt, wenige Stunden später in der Bundespressekonferenz in Berlin. Markus Wehner hat zugehört und ordnet ein: „Sie ist bemüht, die Breite der neuen Partei zu betonen. Ehemalige Linken-Politiker seien dabei gewesen, auch Unternehmer, Ärzte, Professoren und sogar Theologen.“ Es ist ein Text, der das Fundament dafür legt, um zu verstehen, was rund um die BSW-Partei in diesem Jahr wichtig wird. In Sachsen, Thüringen und Brandenburg müssen Landesverbände gegründet und auf Wahlversammlungen Listen aufgestellt werden. Wagenknecht zeigt sich am Montag optimistisch, dass das gelingt. „Die Menschen erwarten, dass wir antreten, und ich gehe davon aus, dass wir das schaffen“, sagt sie. „Wir werden Listen aufstellen mit lauter kompetenten Menschen“, verspricht sie. Und De Masi verspricht, was das Personal angeht, für die kommenden Wochen „weitere Überraschungen“. Warten wir es ab.

Viele Grüße, zum neuen Jahr die besten Wünsche,

Ihr Carsten Knop

Toller Beitrag, vielen Dank für die Erinnerungen! ⚽️

Dr. Tobias C. Haupt

Psychologe I Coach I MBA I Speaker für Wirtschaft, Management & Führung I Expertise in Business, Change Leadership, Transformation & Kulturwandel 📈

11 Monate

Klingt nach einem unglaublichen Spiel!

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