Experts: Karsten vom Bruch - Die Rolle des Betriebsrats in der Gestaltung der Zukunft: Über den Rahmen hinausdenken

Einleitung

In Unternehmen gibt es viele Aufgaben und Verantwortlichkeiten, denen sich der Betriebsrat widmen muss. Von Beteiligungsrechten über Informationsrechte bis hin zu Initiativrechten im Mitbestimmungsrecht, sind die grundlegenden Aufgaben des Betriebsrats in den Schulungen für jedes Mitglied klar definiert. Doch stellt sich die Frage, ob der Betriebsrat nicht auch die Möglichkeit und Verantwortung hat, über die Gegenwart hinauszudenken und aktiv an der Gestaltung der Zukunft mitzuwirken. Als ehemaliges Betriebsratsmitglied eines großen Automobilzulieferers möchte Karsten vom Bruch seine Erfahrungen nutzen, um darüber nachzudenken, wie Betriebsräte und Arbeitnehmervertreter:innen ihre Rolle definieren können, um kreativ zu agieren und die Zukunft aktiv mitzugestalten.

Herausforderungen der Zukunft

 „In meiner langjährigen Tätigkeit im Bereich der Diesel-Abgasnachbehandlungsentwicklung wurde mir klar, dass die starke Abhängigkeit von fossilen Energieträgern langfristig ein Problem darstellen würde. Angesichts des dringenden Klimaschutzes und der Notwendigkeit einer Mobilitätswende war es offensichtlich, dass eine Veränderung notwendig war. Als Betriebsrat stellte sich für mich die Frage, wie wir als Arbeitnehmer und ihre Vertreter mit diesen Herausforderungen umgehen sollten. Sollten wir uns ausschließlich auf das beschränken, was das Betriebsverfassungsgesetz vorgibt, oder sollten wir proaktiv die Zukunft mit gestalten?“ – so Karsten vom Bruch .

Neue Denkweisen und Perspektiven

Es ist unumstritten, dass der Betriebsrat dazu beitragen muss, die Zukunft des Unternehmens und die Beschäftigung der Mitarbeiter:innen zu sichern. Dies kann unter anderem durch die Arbeit in einem Wirtschaftsausschuss geschehen, in dem Vorschläge für alternative Strategien und Geschäftsmodelle entwickelt werden können. Obwohl der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, diese Vorschläge anzunehmen, hat der Betriebsrat das Recht, sie zu machen. Darüber hinaus kann der Betriebsrat den Dialog mit den Beschäftigten suchen, um sie aktiv in den Prozess einzubeziehen und ihre Interessen zu vertreten. Dies erfordert jedoch ein Umdenken und die Bereitschaft, etablierte Geschäftspraktiken und -modelle kritisch zu hinterfragen.

Die Rolle des Betriebsrats in der Gestaltung der Zukunft 

„Es war meine feste Überzeugung, dass eine langfristige Abhängigkeit von Verbrennungsmotoren zu einem Problem führen würde. Statt die Realität zu ignorieren, versuchte ich, meine Kolleginnen und Kollegen sowie das Betriebsratsgremium davon zu überzeugen, dass wir uns frühzeitig Gedanken machen sollten, um alternative Arbeitsbereiche und Tätigkeiten zu identifizieren. Ich schlug vor, dass wir mit den Beschäftigten zusammenarbeiten, um neue Ideen zu entwickeln und diese der Geschäftsführung vorzulegen. Leider stieß ich auf Widerstand und sogar Ablehnung innerhalb meines Betriebsratsgremiums. Ein Kollege äußerte sogar den Wunsch, dass ich mein Amt niederlege und Visionen nur in der Geschäftsführung entwickeln solle.“ - So Karsten vom Bruch.

Dennoch ließ Karsten sich nicht entmutigen und gründete eine Community namens "Zukunftsschwärmer" im Bosch-Intranet. Diese Plattform diente dazu Kolleg:innen weltweit einzuladen, gemeinsam über die Zukunft nachzudenken, Ideen auszutauschen und innovative Geschäftsmodelle sowie Produkte zu diskutieren. Obwohl es anfangs eine Herausforderung war, gewann die Community schnell an Bedeutung und wurde zu einem Ort des offenen Austauschs.

Die Bedeutung einer aktiven Gestaltung der Zukunft: 

Es ist wichtig zu erkennen, dass die Sicherung von Arbeitsplätzen und Beschäftigung nicht nur darauf beschränkt sein sollte, an veralteten Geschäftsmodellen festzuhalten. Wenn ein Geschäftsmodell nicht mehr tragfähig ist und von Disruption bedroht wird, sind alternative Lösungen gefragt. Anstatt ausschließlich auf den Erhalt von Arbeitsplätzen zu fokussieren, sollten Betriebsräte und Arbeitnehmervertreter die Chance nutzen, um neue Perspektiven zu entwickeln.

Es geht darum, die Fähigkeiten und das Know-how der Beschäftigten neu zu bündeln und alternative Einsatzgebiete zu identifizieren. Ähnlich wie bei einem Lego-Bausatz kann man die vorhandenen Bausteine nehmen und etwas Neues, Zukunftsorientiertes daraus schaffen. Dies erfordert Fantasie, Mut und die Bereitschaft, etablierte Denkmuster zu hinterfragen.

Schlussfolgerung

Die Aufgaben des Betriebsrats beschränken sich nicht nur auf die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben. Vielmehr sollte der Betriebsrat eine aktive Rolle bei der Gestaltung der Zukunft einnehmen. Es ist wichtig, über den Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes hinauszudenken und sich aktiv an der Entwicklung neuer Ideen und Strategien zu beteiligen. Indem der Betriebsrat innovative Lösungen vorantreibt und die Beschäftigten in den Prozess einbezieht, kann er dazu beitragen, die Zukunft des Unternehmens und die Arbeitsplätze der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sichern.

Es ist an der Zeit, dass Betriebsräte und Arbeitnehmervertreter die Möglichkeit erkennen, die Zukunft zu gestalten. Durch den offenen Austausch von Ideen, die Entwicklung alternativer Geschäftsmodelle und die Förderung einer zukunftsorientierten Denkweise können sie einen positiven Einfluss auf die Entwicklung von Unternehmen und die Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen haben.

Auch ist es an der Zeit, dass Betriebsräte den Mut haben, Visionen zu entwickeln und aktiv an der Gestaltung der Zukunft mitzuwirken. Indem sie ihre Rolle erweitern und sich nicht nur auf die Vergangenheit und Gegenwart konzentrieren, können sie einen wertvollen Beitrag zur Schaffung einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Arbeitswelt leisten.

Wer ist Karsten von Bruch?

Karsten ist von der Ausbildung her Maschinenbauingenieur und hat zwanzig Jahre beim weltgrößten Automobilzulieferer gearbeitet. Schwerpunktmäßig am Thema Abgasreinigung. Im Jahr 2006 wurde er erstmals in den Betriebsrat gewählt, 2014 wurde er freigestellt. Sein Kernthema war die Beteiligung der Beschäftigten am Thema Beschäftigungssicherung und Nachhaltigkeit. Dazu hat ermehrere Intranetcommunities gegründet. Als letztes die partizipative Innovationscommunity "ZukunftsSchwärmer".

Heute begleite er als Partner der Unternehmensdemokraten Menschen & Organisationen auf dem Weg zu mehr & besserer Partizipation & Nachhaltigkeit.

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