"Für uns Schweizer ist Innovation die Triebfeder schlechthin"
Klaus Brammertz führt seit sechs Jahren den Parketthersteller Bauwerk Boen Group in St. Margrethen. Durch die Verlagerung des Mengengeschäfts nach Osteuropa ist es ihm gelungen, den Heimmarkt Schweiz in einem schwierigen Marktumfeld abzusichern. Im Interview spricht er über Kostenoptimierung, Nachhaltigkeit und warum Frauen für seine Firma wichtig sind.
Herr Brammertz, welchen Parkettboden haben Sie zuhause?
Ich habe einen schönen grossformatigen Parkettboden aus Eichenholz – genannt Landhausdiele. Die Oberfläche ist mit unserer neusten Matt-Lackierung überzogen, die die natürliche Optik einer geölten Oberfläche mit der Belastbarkeit einer versiegelten Oberfläche verbindet.
Viele haben einen Parkettboden aus Eiche. Warum ist das Holz so beliebt?
Eiche hat eine wunderschöne Struktur, ist sehr belastbar und auch kratzbeständig. Sie ist ein guter Kompromiss zwischen Nutzung, Optik und Design. Eichenparkett ist speziell in der Schweiz sehr beliebt. In Deutschland waren Buche und Ahorn einmal stark. Aber auch dort hat man mittlerweile auf Eiche gewechselt.
2013 hat sich Bauwerk Parkett in einem schwierigen Marktumfeld mit der norwegischen Boen Group zusammengeschlossen – rückblickend eine gute Entscheidung?
Eine sehr gute. Bauwerk Parkett ist ein Schweizer Unternehmen und macht 50 Prozent seines Umsatzes in der Schweiz und 50 Prozent ausschliesslich im Euro-Raum und dort überwiegend in Deutschland und Österreich. Als 2011 der Schweizer Franken so stark wurde, mussten wir rasch reagieren. Wir sind der einzige Mengenproduzent in der Schweiz. Andere Marktteilnehmer haben von der Importware profitiert, die aus dem billigeren Euroraum kam und überwiegend auch in Euro abgerechnet wurde. Für uns hat sich das nachteilig ausgewirkt. Wir haben uns deshalb mit verschiedenen Fragen beschäftigt: Sollen wir ein Werk in Osteuropa, wo nachhaltiger Rohstoff zur Verfügung steht, aufbauen? Sollen wir mit einem Unternehmen kooperieren? Im 2013 haben wir uns dann mit Boen zusammengeschlossen. Das norwegische Unternehmen stand zum Verkauf, passt gut zu uns und hat in den letzten 15 Jahren seine Mengenproduktion von Norwegen nach Litauen verlagert.
Wie unterscheiden sich Boen und Bauwerk?
Boen hat sich auf die schwimmende Verlegung des Parketts für den Grosshandel spezialisiert. Dabei wird das Parkett mittels eines Klicksystems miteinander verbunden. Dieses System wurde für den Do-it-yourself-Bereich entwickelt. Bauwerk steht hingegen für vollflächig verleimtes Parkett, das von einem professionellen Bodenleger verlegt wird. Die beiden Unternehmen unterscheiden sich auch in ihrer Marktorientierung. Boen ist weltweit tätig; Bauwerk braucht ein funktionierendes Handwerksystem und ist auf Zentraleuropa eingeschränkt und letztlich auch auf Märkte, die einen sehr hohen Baustandard haben, welcher mit der Schweiz vergleichbar ist.
Bauwerk hat den Produktionsstandort in Litauen ausgebaut. Ist die Schweiz zu teuer für Sie?
Nein, aber es wird immer schwieriger, Nischen für das Preis-/Leistungsverhältnis der Schweiz zu finden. Die Produkte, die wir heute in der Schweiz anfertigen, sind technisch sehr anspruchsvoll und werden auch überwiegend dort vertrieben. Es sind Produkte, die zudem einen sehr hohen Innovationscharakter haben. Durch die Verlagerung des Mengengeschäfts nach Litauen ist es uns gelungen, das Geschäft im Heimmarkt Schweiz abzusichern.
Woher stammt das Holz für Ihre Parkettproduktion?
In West- und Zentraleuropa – und gerade in der Schweiz – haben wir sehr viel Nadelholz, etwa Fichte und Tanne. Das ist Weichholz, das wir für die Unterkonstruktion des Parketts verwenden. Die Laubhölzer wie Eiche kommen überwiegend aus Osteuropa. Deshalb ist es für uns sehr wichtig, möglichst nahe am Rohstoff zu produzieren, weil der Transport in der Wertschöpfungskette auch ein sehr hoher Kostenfaktor ist.
Lange Transportwege sind auch nicht nachhaltig. Welche Rolle spielt denn die Nachhaltigkeit für Sie?
Für uns sind nachwachsende Rohstoffe unabdingbar. Erstens setzen wir ausschliesslich zertifiziertes Holz ein, von dem wir ganz genau wissen, dass es nachhaltig aufgeforstet wurde. Zweitens ist für uns die sogenannte Wohngesundheit sehr wichtig. Das heisst, wir fügen dem Holz keine chemischen Stoffe zu, die den Rohstoff beeinträchtigen könnten und verwenden in der Parkettherstellung nur wasserbasierte Leime und Lacke. Wir haben uns deshalb auch dem Sentinel-House-Institut angeschlossen und unterliegen damit den europaweit strengsten Anforderungen an Wohngesundheit. Darüber hinaus sind wir Cradle-to-Cradle-Partner, die Konzepte und Produkte entwickeln, um einem Parkettboden ein zweites oder gar drittes Leben zu geben. Ein Beispiel dazu: Eine unserer wichtigsten Innovationen ist ein vollflächig verleimter Parkettboden, der ohne Beschädigung entfernt werden kann. Wir nehmen das Parkett zurück und schleifen es ab. Das Untermaterial wird dabei recycelt. Gleichzeitig können wir dem Boden eine neue zeitgemässe Oberfläche geben und auf Wunsch derselben Kundschaft wieder zur Verfügung stellen.
Neben Parkett stellen Sie Briketts her. Wie passt das in Ihre Geschäftsstrategie?
Das macht Bauwerk erst richtig nachhaltig. Wir sind Selbstversorger in Sachen Wärme und Dampf, den wir für die Holztrocknung benötigen. Und wir stellen aus Holzabfällen Briketts und Pellets her, die wir an den Landhandel in der Schweiz verkaufen. Bei uns gibt’s praktisch keinen Abfall, da wir das Holz zu 100 Prozent verwerten.
In Ihren Produktionswerken sind bereits viele Vorgänge automatisiert. Welche Rolle spielen der Mensch und das Handwerk noch für Sie?
Vorgänge können nur automatisiert werden, wenn klar ist, was das Endresultat ist. Bei einem Holzstamm, der zu Parkett verarbeitet wird, ist das komplexer – die Beschaffenheit des Holzes ist unterschiedlich und muss kontrolliert werden. Deshalb ist der Mensch bei der Sortierung und bei Inspektionsaufgaben für uns unersetzlich.
In der Sortierung sind auffallend viele Frauen tätig. Arbeiten sie genauer als Männer?
Ja, verlässlich genauer. Wir haben diese Positionen in unseren Werken nur mit Frauen besetzt. Aus Langzeitstudien und Beobachtungen wissen wir, dass Männer mehr Fehler machen, weil sie sich über längere Zeiträume nicht so gut konzentrieren können. Frauen haben auch mehr Feingefühl – das ist für die Beurteilung der Parkettoberfläche sehr wichtig.
Welche Trends beeinflussen Ihr Unternehmen?
Trends folgen sehr stark den individuellen Wünschen von Frau Konsumentin. Wir entwickeln dazu Produkte, die die Kreativität anregen – etwa in der Art, wie der Boden verlegt werden soll. Ein weiterer Trend ist auch das nachhaltig wiederverwendbare Parkett und nicht zuletzt auch dessen Farb- und Formgebung. Während Parkett früher glatt war, hat es heute mehr Struktur. Parkett ist ein sinnliches Produkt, das man am besten barfuss erfühlen sollte.
Entscheiden mehrheitlich Frauen bei der Auswahl des Parkettbodens?
Ja, genauso wie bei der gesamten Inneneinrichtung. Männer sind eher technisch orientiert. Wir betreiben in der Schweiz zehn eigene Ausstellungen. Dort beraten wir Endkunden, ohne ihnen Parkett direkt zu verkaufen. Dabei stellen wir immer wieder fest, dass die Frau überwiegend die Entscheidung bei Farbe und Form trifft.
Sie bieten auch eine hausinterne Akademie für Handwerker an.
Die Akademie ist für uns sehr wichtig, um die Bodenleger in den neusten Verlegearten zu schulen, neue Leimtechniken aufzuzeigen und auch, um ihnen gemeinsam mit unseren Partnern Wissen zu vermitteln. Denn heutzutage reicht es nicht mehr aus, wenn der Bodenleger Parkett verlegen kann. Er muss die Frau – unsere Endkundin – auch gut beraten können. Und genau dort setzen wir den Hebel an.
Studien zufolge leben wir 2030 in einem intelligenten Zuhause – die Inneneinrichtung ist dann digital miteinander vernetzt. Wie bereiten Sie sich auf diese Entwicklung vor?
Unsere Mitarbeitenden sind auf Designer-, Möbel- und Beleuchtungsmessen präsent, um eine aktive Rolle in dieser Vernetzung zu spielen. Wir können uns auch vorstellen, dass der Parkettboden einmal eine funktionelle Rolle übernimmt. Beispielsweise gibt es Überlegungen, den Boden für die Energiegewinnung einzusetzen. Im Weiteren gibt es Bestrebungen, die Beleuchtung oder auch die Heizung bereits im Parkett zu integrieren.
Was ist die grösste Herausforderung für Bauwerk Boen in Zukunft?
Die grösste Herausforderung ist, die Innovation so voranzutreiben, dass genügend Treffer dabei sind. Für uns als Schweizer Unternehmen ist Innovation die Triebfeder schlechthin. Verstehen wir die Wünsche und Bedürfnisse der Kundschaft besser als andere und können wir Lösungen schnell genug umsetzen, um vorne zu sein, dann ist mir nicht bange um Preis-/Leistungsdiskussionen und etwaige Kostennachteile im Vergleich zu anderen Märkten.
Steckbrief
Name: Klaus Brammertz
Funktion: CEO Bauwerk Boen Group
Karriere: Brammertz studierte Betriebswirtschaft in Mannheim. Anschliessend arbeitete der Süddeutsche in verschiedenen Managementfunktionen im Bauzulieferbereich und in der Fussbodenbranche. 2001 wechselte Brammertz zur Leica Geosystems AG in Heerbrugg, wo er eine Geschäftsdivision leitete. Seit 2009 ist Brammertz CEO der Bauwerk Boen Group.
Unternehmen: Durch den Zusammenschluss der beiden Parketthersteller Bauwerk und Boen entstand 2013 der führende Entwickler, Produzent und Anbieter von Parkettboden im Premium-Segment sowie der zweitgrösste Marktteilnehmer im Holzbodenmarkt. Der Hauptsitz sowie ein Produktionsstandort von Bauwerk Boen befinden sich in St. Margrethen. Daneben unterhält die Gruppe Europas grössten Parkettproduktionsstandort in Litauen. Die Bauwerk Boen Gruppe erwirtschaftete 2014 einen Nettoumsatz von rund 282 Millionen Franken und beschäftigte insgesamt rund 1700 Mitarbeitende.
Privates: Brammertz ist verheiratet und hat zwei Töchter im Alter von 14 und 18 Jahren. Der 56-Jährige wohnt mit seiner Familie in Au/SG und wird in Kürze Schweizer Staatsbürger. Zu seinen Hobbys zählen Skifahren und Golf.
Das Interview ist im Wirtschaft regional erschienen.
Foto: Daniel Ospelt
L'agilité du progrès
9 JahreKonventionelle Produktion in LSS umgestalten bringt 40% mehr Wertschöpfungsanteil. Hier sind leider die Westlichen Unternehmen zu 80% blind. Und müssen Billigländer benutzen. Für Innovation sind Erfindungen fremdlich abgelehnt. Na ja, vor 500 Jahren war die Erde auch flach und Universumzentral. Doch immerhin entscheiden halbstarke, so braucht die Menschheit 50 Jahre wo in 5 Tage alles drin ist.
Professioneller Fotograf für Portraits, Corporate + Werbung
9 JahreSchade wurde mein Foto so dermassen verschnitten. Es wurde nur etwa 1/3 des Fotos abgedruckt. Sinn und Style gingen verloren und das tut richtig weh!
There are no Problems, only Solutions.(John Lennon)
9 Jahre"Freie Sicht zum Mittelmeer, weg mit den Alpen"
Gesellschafter / Geschäftsführer MHC-Gruppe
9 JahreInnovativ sind die Schweizer vor allem beim Schutz ihres Schweitzer Heimmarktes durch allerlei bürokratische Hürden und reichlich Fränkli für jedes lächerliche Papierchen und völlig sinnentleerte "Kontrollen" und Behördenwillkür, mit dem Ziel, vor allem nicht-Schweizer Firmen so zu verteuern und behindern, um sie damit gegenüber den Schweitzern "aus dem Wettbewerb" zu nehmen.