Faire Löhne sind Führungsaufgabe
Der Lohn allein macht Mitarbeitende nicht glücklich. Aber faire Löhne sind zentral, um einerseits in Zeiten des Fachkräftemangels gute Mitarbeitende anzuziehen und andererseits Mitarbeitende zu halten. Zudem will kein Unternehmen wegen Lohndiskriminierung angeklagt werden. Führungskräfte sind sich der Verantwortung bezüglich Lohnfestsetzung aber oft zu wenig bewusst.
Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern ist in der Schweiz Fakt. Frauen verdienen im Schnitt 18,3 Prozent weniger als Männer. 56 Prozent davon können durch Faktoren wie Ausbildung, Dienstjahre, Kompetenzniveau etc. erklärt werden. Der andere Teil kann Diskriminierungen enthalten und bedarf einer genaueren Analyse. Lohnungleichheiten bestehen aber auch zwischen Inländern und Ausländern bei gleicher Tätigkeit. Auch hier lohnt es sich, genau hinzuschauen.
Wer ist verantwortlich?
Führungskräfte schieben die "Schuld" an unterschiedlichen Löhnen gerne auf die Mitarbeitenden ab, da sie z.B. beim Einstellungsgespräch oder bei Jahresgesprächen schlecht verhandelt hätten. Muss ich als Mitarbeiterin meine Vorgesetzte wirklich darauf hinweisen, dass der Lohn angepasst werden müsste oder ist das nicht Aufgabe der Führungskraft? Wenn ich mich für eine neue Stelle bewerbe, kenne ich die genauen Einstiegslöhne zudem meistens nicht. Die Verantwortung auf das Verhandlungsgeschick der Mitarbeitenden abzuwälzen, ist wohl zu einfach. Als Führungskraft bin ich in einem Dilemma. In der Regel bin ich für das Ergebnis meines Bereiches verantwortlich, d.h. ich muss mein Budget einhalten und einen Beitrag zum finanziellen Gesamtergebnis liefern. Verständlich daher die Freude, wenn ich - z.B. aufgrund schlechter Verhandlungen - beim Lohn einer neuen Mitarbeiterin gespart habe oder - weil nicht nachgefragt wurde - über längere Zeit bei einem Mitarbeiter keine Lohnanpassung gemacht habe. Nur, das ist kurzfristig gedacht und gefährlich.
Halten die Löhne dem Transparenztest stand?
Wenn ich morgen alle Löhne in meinem Team offenlegen müsste, könnte ich allen im Team die einzelnen Lohnunterschiede erklären? Sind meine Kriterien dafür klar, eindeutig, ausbalanciert und für alle nachvollziehbar? Gerade in stark wachsenden Unternehmen und in KMU ist das nicht immer einfach. Aufgaben der Mitarbeitenden ändern sich rasch, es bestehen u.U. wenig Vergleichsmöglichkeiten, wenn jemand eine spezielle Aufgabe in einem KMU übernommen hat. Häufig wird dann ein am Markt üblicher Lohn als Referenz herangezogen. Der ist aber im Team-Vergleich dann vielleicht nicht fair.
Wie fair kann ich sein?
Dazu kommt, dass es nicht ganz einfach ist, Leistungen richtig einzuschätzen oder das Können und Potenzial eines Bewerbers zu sehen. Das fordert immer wieder unsere Reflexionsfähigkeit heraus. Denn wir alle haben blinde Flecken oder "unconscious biases", wie es im Fachjargon heisst. Der gute, redegewandte Verkäufer kommt meist besser weg als die introvertierte fleissige Sekretärin. Schätze ich die Beiträge der einzelnen Mitarbeitenden richtig ein, z.B. wenn sie Teilzeit arbeiten? Fordere ich unbewusst von Frauen mehr als von Männern? Traue ich Ausländern weniger zu als Inländern, weil sie z.B. nicht perfekt Deutsch sprechen? Kenne ich die kulturellen Unterschiede im Verhandlungsverhalten wirklich?
Genau hinschauen lohnt sich
Auch wenn es schwierig ist zu jedem Zeitpunkt perfekt faire Löhne zu haben, können ein paar Massnahmen sehr wirkungsvoll sein: Transparente Kriterien mit nachvollziehbaren Beurteilungsskalen wirken sehr subjektiven Einschätzungen entgegen. Die eigenen Muster in Bezug auf Mitarbeitende zu kennen und sich selbst hinsichtlich der Beurteilungen kritisch zu hinterfragen wirkt den eigenen blinden Flecken entgegen. Und zu guter Letzt machen systematische Lohnanalysen durch Externe ebenfalls Sinn.
Mitarbeitende entscheiden sich für eine Firma und verlassen einen Vorgesetzten - oft auch wegen des Lohnes. Es ist unsere Verantwortung als Führungskräfte für faire Chancen und Löhne zu sorgen.
Mehr zu Unconscious Bias Trainings
Der Artikel erschien im HSG Focus, dem Magazin der Universität St. Gallen
Alles begann mit der Hartz Kommission
Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen (Goethe)
5 JahreIch finde es unsäglich, dass das nach wie vor ein Thema ist, das diskutiert werden muss. In viel zu vielen Köpfen von Politik wie Unternehmen ist immer noch das alte Familienmodell vorhanden, dass die Frau 'Dazu'-Verdienerin ist und das klassische Familienmodell die Regel ist. Die Realität sieht seit Jahren anders aus und glücklicherweise sind auch immer mehr junge Väter bereit, sich für einen gewissen Zeitraum mehr der Familie als der Karriere zu widmen (und erfahren deswegen zur Abwechslung dann auch mal gewisse Widerstände an ihrer Arbeitsstelle und Gehaltseinbußen). Minijobs und TZ-Tätigkeiten sind 'selbstverständlich' mehrheitlich nur für Frauen, doch bitte nicht für Alleinerziehende, die fallen ja ständig wegen ihrer Kinder aus und sind ein Unternehmensrisiko - und werden deswegen erst gar nicht eingestellt. Und gerecht und angemessen bezahlt schon gar nicht. Meiner Meinung nach sind Gehälter nach Tarifvereinbarung immer noch gerechter als freie und somit oftmals ungerechte Parteienvereinbarung. Es lassen sich aber immer weniger Unternehmen auf tarifliche Bindungen ein.... wobei ich dieses Arbeitsmodell gerade in unserer modernen flexiblen und mobilen Arbeitswelt als eher notwendig erachte.
Managing Director H2 Technology bei Office SHABGA Environement & Climate Diplomacy
5 JahreÖffentlich rechtliche Anstalten, wie die Unternehmen der Stadt Zürich haben ein Funktionsstufen Modell mit Klassifizierung nach Berufserfahrung. M.E. ist das ein ausgewogenes System - schafft aber auch nicht alle Lohnungleichheiten aus der Welt - betreffend der Lohngleichheit zwischen Mann und Frau funktioniert dies Dank der Unternehmensstrategie "Förderung des starken Geschlechtes" ganz gut. In der Praxis bedeutet das bei gleicher Qualifikation die Frau bevorzugt wird. Die Wirtschaft könnte hier einmal von den Verwaltungen etwas abschauen - nicht alles ist ineffizient wie sie handeln.
knowledge and experience are my capital - do hand down this capital to the next generations is my passion
5 JahreWie war Matthias!
Founder and Managing Partner at peopleXpert
5 JahreDie Lohngleichheit steht in der Verfassung und ist, denke ich, als Ziel unumstritten. Wer aber als Arbeitgeber über Löhne verhandelt, d.h. im Einzelfall auch weniger zahlt, wenn eine Bewerberin weniger fordert, kann die Lohngleichheit nicht einmal theoretisch sicherstellen. Das Ritual der Lohnverhandlungen gehört abgeschafft.