G20: Grün reden, braun investieren

G20: Grün reden, braun investieren

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Guten Morgen liebe Freundin und lieber Freund, sehr geehrte LinkedIn-Community,

nicht ohne Stolz verkündet die International Energy Agency (IEA) in Paris einen Rückgang der weltweiten Subventionen für fossile Brennstoffe. Minus 40 Prozent in 2020, nach einem Rückgang von 30 Prozent in 2019. Das ungeschulte Publikum könnte meinen: Endlich! Es geht voran mit dem Klimaschutz.

Doch die guten Nachrichten sind ein Potemkinsches Dorf der Zahlen. Diese Rückgänge verdankt das Weltklima im Wesentlichen drei Faktoren:

  1. Einem scharfen Rückgang des Energiekonsums in der Pandemie
  2. Einem Preisrückgang auf den Märkten für fossile Brennstoffe
  3. Einem höchst unvollständigen Blick der Energy Agency auf das Treiben der Staaten

Betrachtet man nämlich die gesamte Breite der staatlichen Unterstützung für die fossilen Brennstoffe, also auch die Investitionen in staatliche Raffinerien und Energiekonzerne, die Subventionen für herkömmlich befeuerte Industrieanlagen, die Steuervorteile und staatlichen Kreditzusagen für große CO2-Emittenten, ergibt sich ein gänzlich anderes Bild, wie ein Bloomberg-Report schonungslos offenlegt. Dieser Bericht wurde via Bloomberg Philanthropies finanziert und damit aus dem persönlichen Vermögen von Michael Bloomberg, der sich seit Längerem schon für den Klimaschutz engagiert. Das hier sind die Kernaussagen der Analyse:

  • In den fünf Jahren zwischen 2015 und 2020 addieren sich allein die Zahlungen der G20-Regierungen, wozu Deutschland, die USA, China, und Russland gehören, für die direkte und indirekte Unterstützung von Kohle, Gas und Öl auf 3,3 Billionen US-Dollar.

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  • Diese direkten und indirekten Subventionen weisen im Betrachtungszeitraum eine Reduktion um lediglich zehn Prozent auf, von 706 Milliarden in 2015 auf 636 Milliarden in 2019. Der Bloomberg-Report spricht von einer „dickköpfig hohen Unterstützung“ für die fossile Energieerzeugung.
  • Derweil es signifikante Rückgänge bei den Subventionen pro Einwohner in einigen der G-20-Staaten gibt, vorneweg in Saudi-Arabien, Argentinien und Italien, haben andere Regierungen ihre Subventionen pro Einwohner deutlich erhöht, darunter Russland, Mexiko, das Vereinigte Königreich, Indonesien, Kanada und Australien.

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Nicht berücksichtigt in diesen Zahlen ist die politische Unterstützung für große fossile Energieprojekte wie die Gaspipeline Nord Stream 2 durch die deutsche Bundesregierung. Diese Pipeline, die Russland mit Deutschland verbindet und jährlich eine Gasmenge von 55 Milliarden Kubikmetern nach Deutschland befördern soll, ist das größte Projekt zur Einspeisung fossiler Brennstoffe in den deutschen Energiekreislauf:

  • Zum politischen Ziel im CDU/CSU-Wahlprogramm (Klimaneutralität bis 2045) will diese Aktivität wenig passen.
  • Der soeben beigelegte Widerstand der USA gegen die Pipeline bezog sich nicht auf den CO2-Ausstoß, sondern auf den Absender. Die USA wollten das russische Gas durch Fracking-Gas „made in the USA“ ersetzen.

Fazit: Die Regierungen der G20-Staaten reden grün und handeln konventionell. Der Abschied von Öl und Gas findet in ihren Reden statt, aber nicht in ihren Staatshaushalten. Politik als Pose – oder wie Hegel zu sagen pflegte:

Die Wahrheit einer Absicht ist die Tat.

Ich wünsche Dir einen heiteren Start in das neue Wochenende. Es grüßt Dich auf das Herzlichste

Dein Gabor

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PS: In der Gesamtausgabe des Morning Briefings – für das Du dich hier kostenlos anmelden kannst – schreibe ich außerdem über folgende Themen:

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  • Die gestrige VW-Hauptversammlung nutzte Konzernchef Herbert Diess, um den Klimawandel und seine Elektrifizierungsstrategie zu verknüpfen und sich als Vorreiter zu positionieren.

Und auf unserem Nachrichten- und Podcast-Portal ThePioneer.de möchte ich Dir heute folgende Lese- und Hörempfehlung geben:

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