Gleichberechtigung in der Krise: Rolle rückwärts oder Schritt nach vorn?
Verstärkt die Corona-Krise alte Rollenbilder? Darüber ist eine Debatte in den Medien entbrannt. So schreibt @Julia Jaekel, CEO bei Gruner + Jahr: „Plötzlich in der Krise sind alle Frauen weg.“ Weiter sagt sie: „Homeoffice bedeute für tausende Frauen gerade vor allem home und wenig office.“ Und Frauenministerin @Franziska Giffey sieht durch die Corona-Krise ebenfalls Rückschritte in der Gleichstellung.
Ich bin in einer Führungsposition und übernehme derzeit Verantwortung in einem Krisenstab. Auch hier sind mehr Männer als Frauen in Abstimmungsrunden und Entscheider-Positionen. Aber nicht mehr oder weniger als vor der Krise. Ebenfalls nehme ich wahr, dass die meisten Kolleginnen, trotz der Herausforderung Homeoffice, Homeschooling und Haushalt unter einen Hut zu bekommen, diese außergewöhnliche Situation meistern – ohne ihre Sichtbarkeit zu verlieren oder beruflich zurückstecken zu müssen. Ich frage mich, woran liegt das? Wieso weicht die Realität bei @Yello Strom GmbH scheinbar vom Alltag vieler anderer Frauen ab? Natürlich liegt es immer auch daran, welche Absprachen man zuhause mit seinem Partner trifft. Aber ein wichtiger Faktor ist sicherlich auch, welche Bedeutung diverse Teams im Unternehmen haben und welche Rahmenbedingungen der Arbeitgeber, Männern und Frauen bietet, um Familie und Beruf mit einander zu vereinbaren - und das nicht erst in Krisenzeiten. Ich glaube, bei Yello sind wir da schon ziemlich weit. Auch wenn sicherlich noch Luft nach oben ist.
Neue Realitäten, mehr Akzeptanz und vielleicht ein Schub zu mehr Gleichberechtigung?
Aber die Krise schafft auch neue Realitäten. Die Sichtbarkeit von Vätern wird größer. In Videokonferenzen sehe ich auch Männer mit Kindern auf dem Schoß und bekomme mit, wie diese sich zwischendurch aus dem Meeting-Marathon ausklinken, um ihren Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen. Sie versuchen ebenso wie ihre Frauen, den Spagat zwischen Care-Arbeit und Job zu wuppen und sind damit ein Vorbild. Dadurch entsteht mehr Akzeptanz. Denn Chancengleichheit gelingt nur, wenn Männer und Frauen gleichermaßen diese leben und sich dafür stark machen. Vielleicht ergibt sich daraus ein positiver Schub, der uns bei Yello nach der Krise beim Thema Diversity noch ein Stück weiter voranbringen wird. Ich bin jedenfalls zuversichtlich.
Trotzdem finde ich es wichtig, dass diese Diskussion gerade jetzt öffentlich geführt wird. Denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es in Sachen Gleichberechtigung noch deutlich Nachholbedarf gibt. Wie nehmt ihr die Situation wahr? Und was muss geschehen, damit in der nächsten Krise genauso viele Frauen wie Männer mit am Tisch sitzen und mitentscheiden? Ich freue mich auf eure Kommentare.
CEO enercity AG - Gestalterin der Energiewende: Mit enercity für eine klimaneutrale Zukunft.
4 JahreTollen Artikel, Claudia!
Referentin für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit
4 JahreIch stimme Dir voll und ganz zu, Claudia. Und mehr noch: ich empfinde diese Zeit als zwangsweise und natürliche Gleichschaltung der Chancen, aber auch der Pflichten für Frauen und Männer. Wir sitzen ja alle im selben Boot, das in den meisten Fällen Home-Office heißt. Und mal abgesehen von ungleichen Arbeitszeitverteilungen sind wir alle derzeit Eltern, Kita-Betreuer, Lehrer, Stimmungsaufheller, Tröster, Haushaltshelden und eben Arbeitnehmer oder Unternehmer gleichzeitig und gleich verantwortlich. Die Kinder kommen zu Mama und Papa in die Telkos geschlichen, das Chaos in der Wohnung nervt alle Familienmitglieder gleichermaßen. Und Kurzarbeit, Jobverluste oder eben auch Stressphasen suchen sich nicht das Geschlecht aus. Ich erlebe sogar oft im Bekanntenkreis, dass die Männer zurücktreten, weil mehr Frauen in den so genannten systemrelevanten Berufen tätig sind und viel stärker eingespannt sind derzeit. Und ich persönlich bin froh, dass mein Mann viele familiären Aufgaben übernehmen kann, die ich im Arbeitsalltag gerade nicht so gut leisten kann. Super, dass Ihr das so bewusst antizipiert. Ich hoffe, dass wir in ganz Deutschland aus der Krise mit einem bewussteren Blick auf genau diese Entwicklungen rund um Diversity gehen werden.