Was hat Elektromobilität mit Cloud zu tun?

Eine Fiktion


Erst gestern habe ich mein neues Elektrofahrzeug - Baujahr 2025 - in Empfang genommen. Die Zahl der Elektrofahrzeuge ist innerhalb weniger Jahre sprunghaft angestiegen, nachdem Verbrennungsfahrzeuge mit einer knackigen Zusatzsteuer beaufschlagt wurden.

Meine erste Fahrt geht heute zu einem geschäftlichen Termin nach Berlin - 680km. Die Batteriezelle meines Wagens ist leider nicht voll geladen und daher habe ich über die Energiemanagement-App meines Fahrzeugs eine Ladesäule für 5kWh Recharge an einer Raststätte unterwegs gebucht.

An der Raststätte führt mich die App an die mir zugewiesene Ladesäule und lädt die Batterie in 5 Minuten für die verbleibende Fahrstrecke nach. Eine Vollladung würde leider immer noch mindestens zwei Stunden dauern, da das Energieversorgungsnetz nicht alle Ladesäulen gleichzeitig mit der benötigten hohen Ladeleistung versorgen kann, ohne zu überlasten und häufige Schnellladung die Batterien zudem immer noch vorzeitig altern lässt.

Alternativ hätte ich auch 3 Akkuzellen nachschieben können, denn ein Teil des Fahrzeugakkus ist in Form genormter Akkublocks austauschbar. Die Akkus werden dazu aus dem Magazin im Heck entnommen und geladene Wechselakkus nachgesteckt. Das System aus Leihakkus hatte sich mit der zunehmenden Elektromobilität schnell etabliert, nachdem sich die Hersteller auf ein einheitliches Bauformat geeinigt hatten. Das Leihsystem funktioniert über ein einfaches virtuelles Verrechnungssystem. Beim Tausch übertragen die Akkus ihren berechneten Nutzungsgrad aufgrund von Ladezyklen und Ladedauern auf das Leihsystem. Dieser Nutzungsgrad wird gegen den der Tauschakkus abgeglichen und über ein virtuelles Punktesystem im Leihsystem verrechnet, wodurch immer ein fairer Werteausgleich geschaffen wird. Mit der Einführung des EU-weit regulierten Akkutauschs wurde auch der schwungvolle Handel mit gefälschten Akkus endlich trocken gelegt.

Ich stelle mein Fahrzeug in einem Charger-Parkhaus in Berlin ab. Das Energiemanagement meines Wagens synchronisiert über meinen Smartphone-Kalender mein Nutzungsprofil und teilt der europäischen Energieleitzentrale mit, dass mein Termin voraussichtlich 6 Stunden dauern wird. Die Ladung kann daher mit geringerem Ladestrom erfolgen kann, um die kurzfristig benötigten Fahrzeuge im Parkhaus schneller laden zu können. Nach meinem Termin habe ich also ein geladenes Fahrzeug zur Verfügung.

Zuhause schließe ich mein e-Car an die Ladebox an, die – mit dem Smartmeter verbunden und zentral gesteuert - verhindert, dass eine Überlastung des lokalen Stromnetzes auftritt. Das intelligente, vernetzte Energiemanagement ermöglicht den Energieversorgern, die Leistung zu planen und dort bereit zu stellen, wo sie benötigt wird, denn die Zuleitungen in den Straßen, Trafostationen und Hausanschlüsse sind nicht in der Lage, alle Fahrzeuge gleichzeitig zu laden. Dabei dienen Fahrzeuge, die über das Nutzungsprofil mitgeteilt haben, dass sie die nächsten Stunden nicht genutzt werden, als Zwischenpuffer für Energie aus den Solaranlagen zum Laden anderer e-Cars und dem Besitzer wird die Batterienutzung als Bonuspunkte gutgeschrieben. So bleibt der erzeugte Solarstrom in den lokalen Netzen und belastet nicht noch zusätzlich die Fernleitungen.

Zum Vergleich: ein typischer Hausanschluss ist heute für 12-18kW Maximallast ausgelegt. Die mittlere Dauerlast eines Hausanschlusses, für die das lokale Stromnetz ausgelegt ist beträgt aber nur 2-2,5kW. Die Batteriekapazitäten in den Elektrofahrzeugen betragen ungefähr 70-90kWh. Allein daran ist erkennbar, dass bei der Annahme, dass zu jedem Haus nur ein einziges Fahrzeug gehört, die Energieinfrastruktur nicht in der Lage ist, diese Fahrzeuge auch nur annähernd gleichzeitig zu laden.

Mit der Wende zu erneuerbaren Energien haben die Energieversorger und Netzbetreiber die Herausforderung, dass sie im Sekundentakt für einen Ausgleich der erzeugten und der abgenommenen Leistung sorgen müssen. Die starke Zunahme von Windkraftanlagen und Solarparks und der gleichzeitige Wegfall vieler Großkraftwerke mit Ihrer ausgleichenden Funktion hat die ungünstige Nebenwirkung, dass wetterabhängig große Schwankungen bei der Stromerzeugung auftreten.

Diese Schwankungen müssen durch zusätzliche Pufferleistung ausgeglichen werden, da sonst Ausfälle und Netzfrequenzschwankungen im Energieversorgungsnetz drohen. Dies war 2019 mehrmals passiert, als die Energiebilanz nicht mehr ausgeglichen werden konnte.

Der Strombedarf und die Einspeisung von Elektrofahrzeugen, Haushalten und der Industrie, sowie Wind- und Solarkraftwerken wird über intelligente Fahrzeug- und Anlagensysteme laufend über Smartmeter gemessen und an die Energieleitzentrale gemeldet.

Diese riesigen Datenmengen werden in Datalakes gesammelt. Daraus extrahiert die Energieleitzentrale mit Algorithmen des Machine Learning Regelmäßigkeiten und unerwartete Schwankungen, hält Verbraucher und Erzeuger in Balance.

Zugegeben – die Geschichte ist eine Fiktion. Sie zeigt jedoch, wo die Herausforderungen sind.

Die grosse Herausforderung ist das übergreifende Informationsmanagement in der Elektromobilität.

Dies ist neben der schieren Datenmenge auch eine Herausforderung für den Schutz der zugrunde liegenden IT- und IoT-Infrastrukturen und der personenbezogenen Daten. Denn wie in dem fiktiven Szenario beschrieben, wird es nicht möglich sein, das Energiemanagement ohne detaillierte Kenntnisse des Erzeugungs- und Verbrauchsverhaltens, künstliche Intelligenz und hoch skalierende, ausfallsichere Cloud-Systeme durchzuführen.

Eine Aufgabe, der sich Energieversorger, Kommunen, IT—Unternehmen und Industrie aber auch der Verbraucher gemeinsam stellen müssen.

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