Hidden Champions, macht euch sichtbar

Hidden Champions, macht euch sichtbar

Der Begriff Hidden Champions gilt für Unternehmen als Auszeichnung. Doch verborgen zu sein ist keine erstrebenswerte Unternehmensstrategie. Diese Weltklasseunternehmen müssen sich endlich sichtbarer machen.

In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es mehr als 1500 Weltmarktführer. In der Öffentlichkeit sind viele dieser Unternehmen kaum bekannt. Und das, obwohl sie für ihr Marktsegment einzigartige Produkte entwickeln und sich durch ein außerordentliches Know-how auszeichnen. Sie verfolgen die bewusste Strategie der Konzentration auf Nischenmärkte, oftmals auch Premium-Marktsegmente.

Bei der Betrachtung der Hidden Champions fällt ein bestimmtes Denken und Handeln auf: Sie fühlen sich geehrt, wenn sie als Hidden Champion bezeichnet werden. Es gibt jedoch keinen guten Grund, darauf stolz zu sein, dass man als „versteckt“ beziehungsweise „unbekannt“ wahrgenommen wird.

Im Gegenteil: Weltmarktführerschaft dank Premium-Produkten ohne einen entsprechenden Premium-Markenstatus sollte bei diesen Unternehmen ein Störgefühl hervorrufen.

Denn: Markenbekanntheit ist ein Signal für Erfolg. Markenbekanntheit beeinflusst maßgeblich die Wahrnehmung, die Attraktivität und auch das Verhalten von Kunden und weiteren Anspruchsgruppen. Die Logik dahinter ist simpel: Es muss einen guten Grund dafür geben, dass eine Marke bekannt ist.

Regionalmeister statt Weltmeister

Warum akzeptieren diese deutschen Weltmarktführer, die so perfektionistisch, hungrig und global sind, dass sie in Sachen Marke vieles sind, nur keine Champions? Ihre Produkte sind einzigartig und heben sich von der Konkurrenz ab. Ihre Marke ist jedoch austauschbar.

Erfolgreiche Unternehmen, und damit auch die Hidden Champions, müssen sich heute zur starken Marke machen – und dementsprechend proaktiv agieren in Sachen Markenidentität, Markenbekanntheitsgrad und Markenreputation. Denn: Marken sind monetäre Vermögenswerte von strategischer Bedeutung – so bewertet Interbrand den Markenwert von Apple auf 184,154 Milliarden Dollar, Google kommt auf 141,704, Coca-Cola auf 69,733 und Mercedes-Benz auf 47,829 Milliarden Dollar.

Dieses Markenkapital in weiten Teilen ungenutzt zu lassen, indem man den Begriff „Marke“ nur als Name und Logo definiert und ihr Anwendungsgebiet primär im Vertriebsmarketing sieht, ist eine verlorene Chance und letztlich „Geldvernichtung“.

Professionalität sowie Ausdauer, Zielstrebigkeit und Weitblick haben sie in Sachen Produktpolitik erfolgreich gemacht. Dieses Erfolgsset findet in der Markenpolitik dieser Firmen jedoch kaum Anwendung. Von Ausnahmen wie Hilti, Engelbert Strauss, Stihl und Würth abgesehen, die nicht mehr „hidden“ sind.

Die mittelständischen Hidden Champions aus dem deutschsprachigen Raum, sowohl die etablierten als auch die jungen, sind für den globalen Wettbewerb im Produktbereich für die Zukunft bestens gerüstet – die oft zu hörenden Kassandrarufe in Sachen deutsche Wettbewerbsfähigkeit beruhen überwiegend auf Fehlwahrnehmungen.

Hinsichtlich Marke spielen viele Hidden Champions aber nicht in der Champions League, sondern in der Regionalliga. Ein problematischer Umstand. Denn Markenführerschaft ist neben Produktführerschaft der zweite maßgebliche Wachstums- und Erfolgstreiber auf den Weltmärkten.

Marktführerschaft heißt für Hidden Champions mehr als nur größter Marktanteil. Sie beanspruchen, Kunden, Wettbewerber und Märkte durch das Setzen von Standards und Benchmarks zu führen. Diesen Führungsanspruch gilt es auf das Gebiet der Marke auszuweiten. Erst dann sind diese Champions in einem umfassenden Sinne Weltklasse.

Produkte sind kopierbar, starke Marken nicht

Produkt-Fokussierung, Markt-Globalisierung und enge Kundenbeziehungen sind bis heute die wesentlichen Erfolgstreiber dieser Firmen. Um die Eintrittsbarrieren für neue Konkurrenten wie etwa aus China zu erhöhen, ist Markenbildung sinnvoll. Denn Produkte sind imitierbar – und chinesische Firmen sind stark im Kopieren. Sie werden auf absehbare Zeit zu den schärfsten und gefährlichsten Konkurrenten der Hidden Champions werden. Und diese gefährliche Tendenz wird sich durch einen weiteren chinesischen Trend verstärken: das Aufkaufen von Hidden Champions.

Der Wert der Marke: Im Januar 2012 übernahm Sany den schwäbischen Betonpumpen-Hersteller Putzmeister, ein langjähriger Weltmarktführer. Kurz danach wurde im März der deutsche Weltmarktführer bei Pkw-Autoschließsystemen, die Kiekert AG, von Lingyun aufgekauft.

Im selben Jahr stieg noch der chinesische Nutzfahrzeugproduzent Weichai Power beim Wiesbadener Gabelstaplerhersteller Kion ein. Im Januar 2016 kaufte ein Konsortium um die staatliche National Chemical Corporation (Chemchina) den traditionsreichen Münchner Spezialmaschinenbauer Krauss-Maffei. Und im Januar 2017 kam es zur spektakulären Übernahme des bayerischen Roboterbauers Kuka durch den chinesischen Hausgerätehersteller Midea.

In Fällen, in denen chinesische Firmen nur schwer kopieren können – zum Beispiel wegen Patenten –, wird das technologische Know-how einfach gekauft. Das nötige Kleingeld jedenfalls hat die chinesische Volkswirtschaft. Unsere Hidden Champions sollten sich wappnen – auch mit dem Schutzschild einer starken Marke.

Zudem gilt: Nur wer als Unternehmen sichtbar und als starke Marke wahrgenommenen wird, wird beim wichtiger werdenden Werben um die Fach- und Führungskräfte erfolgreich sein. Bei der Rekrutierung von gut ausgebildeten Mitarbeitern stehen viele Hidden Champions vor großen Herausforderungen – national wie international.

Fazit

Zusammenfassend lassen sich zwei Prioritäten für die mittelständischen Hidden Champions – und für deutsche Unternehmen generell – definieren:

ERSTENS. Die Sicherung der Marktposition in den hoch entwickelten europäischen und nordamerikanischen Märkten und der Aufbau und Ausbau von starken Marktpositionen in China sowie nachfolgend in Indien und Brasilien.

ZWEITENS. Marken müssen auf allen Unternehmensebenen und in allen Unternehmensbereichen als Vermögenswerte verstanden werden, und die Führungskräfte sollten die globale Markenleadership anstreben.

Die Globalisierung wird – trotz des trumpschen Protektionismus – der Wachstumstreiber par excellence auf Jahre hinaus für die Hidden Champions bleiben. So haben sich die globalen Exporte seit dem Jahr 2000 mehr als verdreifacht, und die Weltexporte sind in dieser Dekade weitaus stärker gestiegen als die nationalen Bruttoinlandsprodukte.

Aber: Der globale Wettbewerb wird an Härte und Intensität weiter zunehmen. China, Indien, Brasilien etc. holen Schritt für Schritt auf. Es gilt, sowohl mit starken Produkten als auch mit starken Marken dagegenzuhalten.

Die deutschen Hidden Champions haben eine sehr positive Zukunft vor sich. Sofern sie ihre Hausaufgaben in den Wachstumsstrategien Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produktentwicklung, Diversifikation und Markenprofilierung machen und aus ihrem „Versteck“ kommen.

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