Hoffnung geben
"Ich will sterben, Herr Doktor, bitte geben Sie mir doch einfach ein Spritze...".
Manchmal beginnen die Gespräche bei Patienten mit diesen Worten, wenn totale Erschöpfung, Traurigkeit und (Seelen-)Schmerz zusammenkommen und der Ausstieg aus dem Leben der einzige Ausstieg aus der so belastenden Situation erscheint.
Sterben wollen, jetzt und sofort, alles zurücklassen und nichts mehr von dem verbliebenen Guten sehen wollen und können, ist oftmals Ausdruck einer unendlichen Verzweiflung - häufig hervorgerufen durch das Leid und die belastenden Beschwerden, die Patienten durchleben müssen.
Dabei ist es gar nicht immer nur der physische Schmerz, sondern oft auch unglöste, innere Probleme und Bausstellen oder schlichtweg die Einsameit, die den Wunsch zu sterben so groß werden lassen. Erschöpft vom Leben. Nicht satt und innerlich aufgeräumt, aber erschöpft.
Was macht man dann da als Therapeut, als Begleiter, .... ja als Mensch?
Erstmal aushalten und den Patienten all das sagen lassen, was ihn bedrückt. Seinen Schmerz artikulieren lassen. Seine Traurigkeit in Worte oder Tränen bringen lassen. Seine tiefe Erschöpfung an die Oberfläche hervortreten lassen - OHNE, dass es immer gleich eine Antwort auf ungelöste Fragen geben muss und kann. OHNE, dass es immer eine Lösung sofort braucht. Und OHNE, dass Medikamente nur den Deckel auf einen gärenden Seelentopf legen.
Ich zumindest habe nicht immer eine Lösung oder eine Antwort. Aber in all den Jahren habe ich gelernt und gemerkt, dass es das auch nicht immer braucht, denn über das, was so belastet, reden zu dürfen, ohne als Patient, als Mensch, gleich bewertet zu werden, ist für viele schon ein erster Schritt in die eigene "Heilung".
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Da sein und da bleiben. Zuhören. Nähe geben oder auch Raum. Vor allem aber reden lassen. Aussprechen lassen. Benennen lassen. Hinschauen lassen. Und dann mit hinschauen. Und wenn gewollt, Wege gemeinsam finden und aufzeigen.
Ich will sterben bedeutet so oft, dass man einfach "so nicht leben will". So, wie es gerade ist. So, wie es weiterzugehen scheint mit Schmerz oder Angst oder Luftnot. So, wie es keinen Ausweg zu geben scheint, außer dem Ganzen durch den Tod zu entfliehen.
"Ich will sterben, Herr Doktor"... Und dabei meinte die alte Dame eigentlich, dass nicht mehr allein sein und nicht ständig voller Schmerzen im Liegen und Bewegen sein wollte. All das war so eine Last, dass aus dem Leben, wie es war, zu fliehen, die einzige Lösung schien.
Reden wir nicht auf diese Menschen ein, stigmatisieren wir sie nicht einfach und sehen wir in Sedierung nicht einfach den leichten schnellen Weg. Fragen wir doch einfach immer mal, "was denn sein müsste, dass sie nicht sterben wollen."
Und wir werden sehen, dass es nicht immer die großen Lösungen braucht.
Zeit. Wirklich zuhören. Warmherzigkeit leben. Nähe geben und da sein. All das hilft oft mehr als rein medikamentöse Therapie.
Hoffnung geben, dass das was noch bleibt, das ist, was uns trägt und schützt und liebt und begleitet.
Reha Fachberater bei Bruder RehaTech
2 JahreWenn wir auf diese Fragen immer eine Antwort hätten würde uns die Menschlichkeit fehlen
Stifterin, Unternehmerin, zert. Traumafachberatung, ISEF Kinderschutzfachkraft, Expertin für Kinderhospizarbeit und gesetzliche Nachsorge, PalliativCare und Pflege
2 JahreSo ist es Danke 🙏
Fremdsprachenkorrespondentin/-kauffrau Englisch, Arztsekretärin, Assistenz. Sprechen Sie mich gern an!
2 JahreDanke für den Beitrag. Ich bin privat in einer diesbezüglich schwierigen Situation, vielleicht kann ich davon etwas umsetzen...
Mensch sein & Mensch werden I Reiki Lehrerin I Wegbegleiterin I #reiki #pantarhei #lifebalancing #miteinanderunterwegs
2 JahreLieber Dr. Jörg Cuno, so darf ich das bei meinen Kund*innen auch erfahren, dass in einer Krise einfach zuhören und da sein so viel heilen darf und kann. Und so viel LebensEnergie spendet ;-). Vielen Dank an dieser Stelle für Ihre Beiträge. Ich lese sie immer sehr gerne und darf viel daraus für mich und meine Arbeit mitnehmen. Herzlich, Evelyne Adam Wegbegleiterin & Reiki Lehrerin EvA EnergieArbeit
Dipl. Psych., Psychotraumatologin, 1998 bis 2023 Lehrbeauftragte Universität Bamberg
2 JahreDanke für diesen Beitrag. Ich kann dem voll zustimmen. Ich habe in Sterbebegleitungen stets die Erfahrung gemacht, dass dass dieser Satz mit Todeswunsch zum einen der Beziehungstest war, ob man den Patienten wertschätzt und eben NICHT sterben lässt, sondern die Ursache der Verzweiflung gehen hilft......Und ob ein Terminal kranker Mensch auch mal richtig verzweifelt sein darf und ich sicherer Raum dafür und für ihn und seine Lebenszeit bin.Zu dieser Frage gibt es von Cicely Saunders sehr gute Übersetzungsangebote.