Ich bin der Schreibtisch von David

Ich bin der Schreibtisch von David

Grüezi, ich bin der Schreibtisch von David. Heute gebe Ihnen einen ungefilterten Einblick hinter die Kulissen seines Schreibprozesses. Ich erzähle Ihnen, wie er den Blogbeitrag «Wer sind Ihre Leser:innen» überarbeitet hat.

Vorab: David hat die Rohfassung des Blogbeitrags eine Woche vor der Veröffentlichung fertig geschrieben. Dann holte er bei Daniel eine Rückmeldung ein. Das ist bei Pentaprim üblich so: Alles, was geschrieben wird, wird zusammen besprochen und anschliessend entlang des Feedbacks überarbeitet.

Da ich gleich gegenüber von Daniels Schreibtisch stehe, konnte ich das Gespräch mitverfolgen. Zuerst kommt das Positive: Strukturiert und verständlich ist der Text. Das hört sich doch schon mal gut an.

Und schon bald kommen die beiden auf mögliche Verbesserungen zu sprechen: Der Text ist noch etwas «farblos» und «statisch». Zu viele Modalverben hat David verwendet (können, wollen, sollen und so weiter und so fort). Und dem Text fehlt es noch an Originalität. Wie wäre es zum Beispiel mit einem szenischen Einstieg? Oder mit der Beschreibung eines typischen Problems, mit dem man «relaten» kann (Modalverb!)? Wenn man da nicht nachbessert, bleibt der Text staubtrocken. Und das wollen (Modalverb!) beide nicht.

Sie sind in das Gespräch vertieft und auf der Stirn von David bilden sich tiefe Furchen. Er scheint nicht immer ganz glücklich mit den Rückmeldungen – denn er merkt, dass die Textarbeit noch nicht abgeschlossen ist. Die beiden besprechen nun noch die letzten Details für die Überarbeitung und nach etwa 20 Minuten bedankt sich David bei Daniel für das Feedback. Ich sehe es David an: Die genannten Punkte von Daniel sind einleuchtend und treffend. Die Botschaft muss aber noch ein paar Tage lang einsickern. Denn David ist schon klar: Der Text soll (Modalverb!) beim Lesen schliesslich fliessen.

Da sich die beiden gut kennen und ein eingespieltes Team sind, war das Gespräch konstruktiv und wohlwollend. Und trotzdem ringen sie um Formulierungen und suchen nach Argumenten, um die eine Textstelle doch so stehenzulassen und die andere zu streichen. Die beiden haben den Text sachlich besprochen und zuweilen sogar etwas gestritten. Und am Schluss sind die Kernpunkte des Feedbacks bei David angekommen, wenn auch noch nicht ganz eingesickert.

Zeitsprung: Nun ist fast eine Woche vergangen. David setzt sich hin und verschafft sich einen Überblick: Wie war das noch mit den Modalverben? Die machen den Text träge und unnötig lang … Er erinnert sich daran, dass er sich das beim wissenschaftlichen Schreiben angewöhnt hat. Und Gewohnheiten sterben schwer. Ist das überhaupt ein Sprichwort? Egal, Konzentration!

Ich sehe schon, wie es in seinem Gehirn rattert und knattert. Mal schauen, wie er die nächsten 30 Minuten nutzt. Ich lass ihn mal arbeiten – wenn er sich beobachtet fühlt, ist er nicht sehr produktiv.

Aha! Kaum hat er fünf Minuten gearbeitet, versucht er sich schon mit dem Handy abzulenken. Nichts da! Jetzt wird überarbeitet. Ich spreche ein Machtwort und siehe da, David wendet sich wieder dem Text zu. Stellenweise fühle ich mich eher wie ein Polizist als ein unbeteiligter Beobachter.

Nun geht es besser. 30 Minuten sind um und David ist mit der ersten Überarbeitungsrunde durch. Sichtlich zufrieden über die Anpassungen bedankt er sich bei Daniel nochmals für die wertvollen Hinweise.

Aber es ist noch nicht ausgestanden! Der Feinschliff kommt noch und die Konzentration scheint bei David heute früher ausstempeln zu wollen. Deshalb gibt es erst mal einen Kaffee und eine YouTube-Pause. Nachdem er den Text 10 Minuten ruhen gelassen hat, öffnet er das Dokument wieder und versucht sich zu konzentrieren.

Wir befinden uns auf der Zielgerade und sind im Endspurt. Jetzt nur nicht zu hastig. Sonst stolpert man über Fehler, das geht natürlich nicht. Nachdem er den Text ein weiteres Mal gelesen hat, braucht es einen anderen «Modus». David lässt sich den Text mit der Word-Funktion «Laut vorlesen» vom Computer vorlesen. Klingt komisch, hilft aber. Und prompt hört er den einen oder anderen Fehler, den er dann korrigiert.

Nach weiteren 15 Minuten ist die zweite Überarbeitungsphase fertig. David ist zufrieden – dank des Feedbacks hat der Text an Schärfe und Klarheit gewonnen. Er hofft, dass der Text nicht mehr so trocken ist und gibt ihn ein letztes Mal an Daniel. Mal schauen, ob er sein Feedback umsetzen konnte. Ich bleibe am Ball.

Siehe da: Nur ein Tag ist vergangen und schon stecken die beiden ihre Köpfe wieder zusammen – coronakonform, versteht sich. Daniel hat den Artikel ein zweites Mal gelesen und die Stimmung beim Besprechen der Überarbeitungen ist locker. Fazit: Es flutscht besser, viele Modalverben sind raus und der Text hat an Charakter gewonnen. Man merkt, dass die zwei sich freuen, den Artikel zu veröffentlichen. Jetzt wird noch an den letzten Sätzen gefeilt.

Nach einer Viertelstunde ist die Besprechung vorbei. David setzt sich an seinen Computer und überarbeitet den Artikel ein letztes Mal. Der eine Satz sitzt noch nicht ganz und die Aufregung vor der Veröffentlichung ist zu spüren. Nach 10 Minuten in die Tasten hauen, löschen, fluchen und wieder in die Tasten hauen ist auch dieser Satz fertig. Letzte Kontrolle: Alles nochmals durch den Duden-Mentor jagen und gut ist. Man merkt die Unruhe und Nervosität so kurz vor der Publikation.

Nun bereitet David die Veröffentlichung vor: Er stellt den Artikel auf die Website und publiziert ihn auch als LinkedIn-Artikel. Ob er Reaktionen auslösen wird? Wir werden sehen … Jetzt mal alles abschicken und dann gespannt auf die ersten Reaktionen warten. Nun legt sich die Aufregung und David trinkt zur Belohnung ein alkoholfreies Bier.

Mein Plattenspieler hat mich heute auch komisch angestarrt. Die ganze Zeit. Macht er sonst nie.

David Bisang

Schreib verständliche Fachtexte und Du kommunizierst erfolgreich 🏆 Schreibtrainer, Schreibcoach und Lektor ✒ Sparringpartner für starke Fachtexte 🎓

3 Jahre

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