Immun gegen Preisverhandlungen

Immun gegen Preisverhandlungen

Frühstückszeit. Es gibt aber auch wirklich nichts Schöneres, als Sonntags am Kaffee zu Nippen, mit Brötchen rumzukrümeln, Zeitung zu lesen und sich mit den Lieblingsmenschen zu unterhalten.

Für mich darf ein wenig Lachs Sonntags nicht fehlen. Angenommen wir befinden uns beim Einkauf. Würden Sie für 100g Lachs 1,70 Euro bezahlen? Ja? Wie wäre es mit 2,60 Euro? Mit 4,20 Euro? Lindner Esskultur verkauft 100g Balik Lachs für 16,50 Euro. Hand aufs Herz, hier geht es immer um Frühstücklachs also ein vergleichbares Produkt. Gut, der Geschmack zählt, aber schließlich wissen Sie ja vorher nicht, wie Ihnen der Lachs schmecken wird.

Die Wiesn haben kein Marktgleichgewicht

Theoretisch gibt es einen Zusammenhang zwischen der Anzahl der verkauften Produkte und dem Preis. Marktgleichgewicht nennt man in der Wirtschaftswissenschaft die Situation auf einem Markt, in der die Menge des Angebots gleich der Nachfragemenge ist. Kurzum: Umso mehr Käufer (und weniger Verkäufer) es gibt, je niedriger der Preis. Umso mehr Anbieter (und weniger Nachfrager), je höher der Preis. Auf dem Oktoberfest gibt es diesen direkten Zusammenhang jedoch nicht. 

2015 durfte ich in der Löwenbräu-Festhalle für ein Mass Bier 10,35 Euro bezahlen. Das ist ein stolzer Preis, für das wirklich schlecht gezapfte Bier. Dennoch ließen sich Rund 5.9 Mio Gäste über 7 Millionen Maß einschenken und waren somit prinzipiell mit den Preisen einverstanden. Was können Sie tun, um den Wert des Produktes vor den Preis zu stellen?

 Miteinander Reden

Das Kommunikationsquadrat ist das bekannteste Modell von Friedemann Schulz von Thun. Bekannt geworden ist dieses Modell auch als “Vier-Ohren-Modell” oder “Nachrichtenquadrat”.

Wenn ich als Mensch etwas von mir gebe, bin ich auf vierfache Weise wirksam. Jede meiner Äußerungen enthält, ob ich will oder nicht, vier Botschaften gleichzeitig:


▪ eine Sachinformation (worüber ich informiere) – blau

▪ eine Selbstkundgabe (was ich von mir zu erkennen gebe) – grün,

▪ einen Beziehungshinweis (was ich von dir halte und wie ich zu dir stehe) – gelb,

▪ einen Appell (was ich bei dir erreichen möchte) – rot.


Stellen Sie sich einmal vor, ein Paar ist auf einem Charity- Event eingeladen. Ein absolutes Highlight für die beiden. Genau aus diesem Anlass schmeißen sich beide in ihre Ausgehrobe. Sie trägt ein elegantes Abendkleid. Er trägt klassisch Smoking. Er ist Gentleman und verzichtet auf ein zweites Glass Champagner da er bei der Rückfahrt hinter dem Lenkrad sitzt. Während sich die beiden über das tolle Erlebnis die Prominenten Gäste und über die Sterne Küche unterhalten sagt die Frau zu ihrem Mann: „Schatz, man darf hier 100 fahren." Angenommen Sie sind jetzt der Mann. Wie möchten Sie auf diese Botschaft reagieren?


  • Sach-Info: Sie verstehen: Auf dieser Straße ist das Fahren von 100 km/h erlaubt.
  • Selbstoffenbarung: Sie verstehen: Sie ist in Eile./ Sie ist von meinem Fahrstil genervt.
  • Appell: Sie verstehen: Fahr schneller!
  • Beziehung: Sie hält sich für die bessere Autorfahrerin, die Ihnen helfen muss, da Sie ein mieser Autofahrer sind.

Viele Verkäufer haben ihr Appell-Ohr auf empfang geschaltet. Wenn der Kunde beispielsweise fragt: „Kann man an dem Preis noch etwas machen?“, dann kommt im Appell-Ohr an: „Mach’ mir einen besseren Preis!“, obwohl das ganz bestimmt nicht gesagt wurde.

 Ohrenstöpsel für den Verkäufer

Wie wirkt es sich, auf Ihre Verkaufsgespräche aus, wenn Sie Ihr Appell-Ohr und am besten auch gleich noch Ihr Beziehungs- und Selbstoffenbarungs-Ohr schalldicht verschließen?

Schalten Sie Ihr Sach-Info-Ohr auf riesig und besonders empfindlich, damit Sie sich wirklich auf die Aussagen des Kunden konzentrieren können und nicht durch die emotionalen Zwischenrufe der anderen Kanäle verunsichert werden. Das führt zu verblüffenden Ergebnissen: Wenn der Kunde sagt: „Das bekomme ich woanders billiger“, antworten Sie: „OK. Und was bedeutet das in Bezug auf Ihre Entscheidung?“ Und auf die Aussage „Das haben wir nicht im Budget“ könnten Sie antworten: „Was werden Sie tun, um das Budget sinnvoll anzupassen?“

Segelsachohren stehen Ihnen gut

Kennen Sie jemand mit großen Sach- Segel- Info- Ohren? Vielleicht haben Sie das gleiche Sonntagsritual wie ich. Ich meine nicht die Vorliebe für Lachs. Mir geht es um das Sonntagsfrühstück. Dann kennen Sie vermutlich einen guten Bäcker. Einen der noch frisch backt und nicht tiefgefroren aufwärmt. Ein Bäcker des Vertrauens. Vielleicht ist Ihnen das auch schon mal passiert, das Sie in der Bäckerschlange stehen und plötzlich fällt Ihnen ein, dass Sie keine Milch mehr haben und Sie greifen beherzt ins Kühlregal. Als Sie die Milch auf den Tresen stellen, um zu bezahlen, sehen Sie, dass der Liter Milch mit 2,30 Euro kostet.

Im Gegensatz zum Discounter könnte man denken das ist Wucher. Gut die Preise schwanken aber sagen wir Diskounter Milch kostet 90 Cent. Was würde wohl passieren, wenn Sie sich aufregen und rufen würden: „Was? 2,30 Euro? Das ist fast das dreifache!“ Rechnen Sie damit, dass die gute Bäckersfrau jetzt mit Ihnen in Preisverhandlungen steigt? Oder dass man sich auf einen Kompromiss einigt? Wohl kaum! Die Bäckersfrau steht mit weit geöffneten Sach- Info Ohren und stellt Ihnen folgende Frage: „Möchten Sie die Milch kaufen oder darf ich sie wieder zurückstellen?“

 Konjunktivitis: Notausgang für Ihren Kunden

Würden oder wollen Sie verkaufen? Wenn Sie die Perspektive Ihres Kunden einnehmen, dann können Sie seine Haltung besser verstehen. Ihr Kunde ist verpflichtet sicherstellen, dass er nicht unnötig zu viel bezahlt. Kann Ihr Kunde den Leistungsunterschied im Vorfeld nicht prüfen? NEIN! Das kann man selbst im Restaurant nicht. Sie wissen vorher nicht, ob das Restaurant, das 24 Euro für ein Wiener Schnitzel verlangt, auch wirklich besser ist, als eins, das 12 Euro verlangt.

Dieses Problem lösen Ihre Kunden, indem sie sinngemäß fragen, ob man am Preis noch etwas machen könne. Jetzt kommt es auf Ihre Reaktion an. Antworten Sie nicht im Konjunktiv.

Hätte, Würde, Müsste, Könnte #dasgehtauchanders

Antworten Sie im Imperativ: „Ich kann Ihnen nicht mehr entgegen kommen. Jetzt sind Sie dran…“, „Sie haben jetzt alle Fakten und müssen bitte entscheiden“ 

Ihre Kunden sind geradezu verpflichtet, weiter zu verhandeln, wenn Sie ihm durch den Konjunktiv weitere Möglichkeiten des Verhandlungserfolges andeuten. Erst wenn Sie ihm durch den Imperativ sprachlich anzeigen, dass er sich nun entscheiden muss, ist er in der Lage, eine Entscheidung zu treffen.

Vernunft statt Emotion

In Verkaufsgesprächen entstehen häufig Situationen, in denen einzelne Leistungsdaten von Produkten oder Dienstleistungen theoretisch verglichen werden. Was passiert wohl, wenn einer meiner Kunden wutentbrannt in meinem Büro stürmt und mir ein Prospekt eines Trainerkollegen auf meinen Schreibtisch knallt? „Da schau! Das hat mir dein Konkurrent geschickt“, sagt er. 

„Bessere Techniken. Bessere Umsetzbarkeit. Mehr Erfolg. Und das Beste: Er kostet viel weniger. So jetzt bist du dran!“ Was werde ich jetzt wohl sagen? Betrachten wir dazu noch einmal das Kommunikationsquadrat:

Mein Appell-Ohr versteht: „Du bist zu teuer. Ändere den Preis!“ 

Wer mit diesem Ohr hört, wird auf die Aufforderung reagieren. Entweder gefällig, indem man die Möglichkeiten zum Nachlass offen legt, oder rebellisch, indem man dem Kunden trotzig anbietet, so etwas ruhig mal auszuprobieren, damit er sieht, was er davon hat.

Mein Selbstoffenbarungs-Ohr versteht: „Ich bin doch nicht doof und kaufe ein schlechteres Training  zu einem hohem Preis!“ 

Wenn der Verkäufer mit diesem Ohr zuhört, dann wird er jetzt vielleicht versuchen, den Preis zu erklären und das mit vielen vielen Worten.

Mein Beziehungs-Ohr versteht: „Nach allem, was ich als Kunde für dich als Verkäufer getan habe, solltest du mich nicht verärgern!“ 

Dieses Ohr wird den Verkäufer wohl dazu verleiten, mit einem Beziehungsvorwurf zu kontern. Dann geht das Gespräch eher in die Richtung, dass man erklärt, man habe schon beim letzten Mal einen Sonderpreis gegeben und müsse schließlich auch noch etwas verdienen. 

Alle drei Reaktionen sind emotionale Reaktionen. Das ist verständlich, aber nicht sonderlich hilfreich. Besser wäre es, wenn man als Verkäufer in der Lage ist, für einen kurzen Moment die eigenen Emotionen zu kanalisieren und zunächst rein rational über die Aussage des Kunden zu befinden. Das klappt, mit dem Sach-Info-Ohr und damit hört: „Der Trainerkollege verkauft seinen Trainings günstiger als ich.“ Diese Aussage ist nicht verletzend. Man spürt kaum den Wunsch, emotional darauf zu reagieren. Die Antwort könnte eher lauten: „Ja. Stimmt.“ Und dann vielleicht im Anschluss eine Frage: „Was bedeutet das für unsere weitere Zusammenarbeit?“ Bestimmt merken Sie, worauf ich hinauswill. Man kann sich darauf einstellen, Aussagen des Kunden ausschließlich mit dem Sach-Info-Ohr zu hören. Dazu können Sie die anderen Ohren gedanklich zukleben und sich ausschließlich auf die sachliche Aussage konzentrieren.

 Immun gegen Preisverhandlungen

3 Tipps mit dem Sie Ihrem inneren Preisdrücker widerstehen.

  • Wenn Sie sich selbst in die Haltung bringen, dass Sie „über alles reden können, nur nicht über den Preis“, dann verschaffen Sie sich Preisstabilität.
  • Verschließen Sie Ihre Ohren gegen störende Emotionalisierungen der Kundenaussagen und verstärken Sie dafür die Sach-Informationen.
  • Achten Sie darauf, dass Sie mit Ihren Aussagen die Entscheidung Ihres Kunden ermöglichen, indem Sie ihm klar machen, dass die Verhandlung beendet ist und die Entscheidung beginnen kann.


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