Welche ITIL® Zertifizierungen bringen euch weiter?
Wenn es um ITIL® Zertifizierungen geht, kann man als Mitarbeiter oder Führungskraft im Service Management schnell mal den Überblick verlieren. Welche Qualifikationen sind interessant? Welche bringen euch weiter und welche sind eher optional? Dazu möchte ich euch heute eine Hilfestellung anbieten.
Natürlich gibt es keinen „heiligen Gral“ der Weiterbildungen, der zu jeder und jedem Einzelnen passt. Die Frage ist vor allem, in welcher Rolle ihr steckt und welche Entwicklung ihr darin oder darüber hinaus anstrebt. Habt ihr darauf eine Antwort, sollte euch die Wahl eures Zertifizierungswegs leichter fallen.
Der aktuelle Stand: So sieht ITIL heute aus
ITIL ist das weltweit verbreitete Framework für IT-Service-Management, quasi eine Sammlung von unterschiedlichen hilfreichen Ansätzen („Best Practices“). ITIL soll Organisationen in der Entwicklung, Bereitstellung und beim Betrieb von IT-Services unterstützen. In vielen Unternehmen sind ITIL Kenntnisse Pflicht, in anderen werden sie zumindest als Plus angesehen. De facto arbeiten alle Organisationen in irgendeiner Form damit – bewusst oder unbewusst. Das umfangreiche Framework ist damit für alle von Belang, die im IT-Umfeld tätig sind. Ganz gleich, ob in der Softwareentwicklung, im Support, in der Beratung oder im Projektmanagement.
Aktuell bestehen zwei unterschiedliche ITIL Versionen nebeneinander, nämlich ITILv3 und ITIL 4. Doch diese Übergangsphase neigt sich mit schnellen Schritten dem Ende zu: Nur noch bis zum Ende des Jahres werden ITILv3 Zertifikate ausgestellt. Auch die begehrte ITIL 4 Transition, die in wenigen Tagen und mit nur einer Prüfung den Weg von Version 3 in Version 4 ebnet, wird eingestellt. Aus diesem Grund gehe ich in diesem Beitrag vor allem auf Zertifikate der Version ITIL 4 ein. Am Ende bekommt ihr zudem einen kurzen Abriss zum Thema ITIL 4 Transition, denn die Zeit drängt und ihr solltet euch die Chance nicht entgehen lassen, noch schnell in die neue Version abzukürzen. Dazu aber später mehr.
Der Start: ITIL 4 Foundation
Der Start ins Service Management mit ITIL 4 erfolgt für euch über die ITIL 4 Foundation. Mit ihr erlangt ihr nämlich die Zertifizierung, die am häufigsten im Service Management gefragt ist. An ihr führt kein Weg vorbei und für viele Service-Organisationen ist sie eine absolute Voraussetzung. Könnt ihr dieses Zertifikat bei der Einstellung noch nicht vorweisen, müsst ihr es oft zeitnah nachholen.
Aber was passiert in so einer ITIL Foundation eigentlich? Im entsprechenden Kurs erarbeitet ihr euch alle wesentlichen Grundlagen von ITIL 4. Neben dem allgemeinen Verständnis zur Wertschöpfung im Service Management erfahrt ihr mehr zu den Grundprinzipien sowie den vier Dimensionen des Service Managements und wichtigen Practices. In vielen Organisationen scheitert das Service Management an einem falsch verstandenen Wertstromsystem oder Fehlinterpretationen der vier Dimensionen. Daher werden diese Themen meiner Meinung nach zu Recht besonders prominent behandelt. Das in der ITIL 4 Foundation erlangte Wissen ist am Ende für jeden interessant, denn es bildet die Basis für alles Weitere. Hier solltet ihr also in jedem Fall starten, wenn ihr nicht die Transition als Einstieg wählen könnt.
ITIL Foundation geschafft – und jetzt?
Im Grunde gibt es nach der ITIL Foundation zwei Wege. Am häufigsten entscheiden sich Anwärter für den Aufstieg zum Managing Professional. Um diesen Status zu erreichen, müsst ihr vier Module belegen und mit einer Prüfung abschließen. Etwas seltener, aber nicht minder gefragt, sind ITIL 4 Strategic Leaders, die zwei Module und Prüfungen abschließen müssen.
Managing Professionals benötigen diese vier Module:
Als Strategic Leader absolviert ihr diese beiden Module:
Es besteht im Prinzip die Möglichkeit, einzelne Module zu belegen, ohne eine der beschriebenen Qualifikationen anzustreben. Allerdings sind sowohl die durch den vollständigen Pfad erreichte Zertifizierung wie auch die Erschließung der Zusammenhänge für euch von Vorteil. Daher würde ich euch raten, die Module im Hinblick auf euren angestrebten Zertifizierungsstatus auszuwählen. Damit euch die Wahl leichtfällt, findet ihr gleich eine kurze Zusammenfassung, was euch in jedem Modul inhaltlich erwartet und für wen es geeignet ist.
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Create, Deliver & Support
Bei „Create, Deliver & Support“ spreche ich ganz gerne vom „Maschinenraum der IT“. Hier erlangt ihr das nötige Wissen, um Services zu entwickeln, bereitzustellen und zu supporten. Ihr versteht, wie ihr mit Aktivitäten der Wertschöpfungskette in Wertströmen arbeitet und diese integriert. Das Basiswissen aus der Foundation wird dazu aufgegriffen und für die Practices, Prozesse und Aktivitäten im notwendigen Umfang vertieft.
Dieses Zertifikat ist zum Beispiel interessant, wenn ihr Services in eine Kundenorganisation bringen wollt. Ihr könnt damit neue Wege des Supports oder der Datenverarbeitung gehen und Software so entwickeln, dass sie wertschöpfend genutzt werden kann.
Drive Stakeholder Value
Wenn Beziehungsaufbau und -pflege mit Stakeholdern zur eigenen Rolle gehören, ist dieses ITIL 4 Modul Gold wert. Modelle aus dem Marketing wie die „Customer Journey“ helfen euch, Kunden zu verstehen. Aber auch die Arbeit mit Anwendern, Partnern und Lieferanten könnt ihr nach erfolgreichem Abschluss des Moduls souveräner angehen.
Die Customer Journey gibt euch die Möglichkeit, die gesamte Reise des Konsumenten zu verstehen. Sie lässt euch realisieren, zu welchen Zeiten welche Kontaktpunkte und Interaktionsbereiche mit dem Konsumenten bestehen und wie ihr diese wahrnehmen solltet. Deswegen ist „Drive Stakeholder Value“ ein absolutes Pflichtmodul für alle, die externe Lieferanten steuern und mit Kunden kommunizieren.
High Velocity IT
In diesem Modul erlangt ihr das Zertifikat für Hochgeschwindigkeits-IT und extrem hohen Arbeitsdurchsatz. Im Mittelpunkt steht das Wissen zur Funktionsweise digitaler Organisationen und Betriebsmodelle in Hochgeschwindigkeitsumgebungen. Der Schwerpunkt liegt auf der schnellen Bereitstellung und Entwicklung von digitalen Produkten und Services, um einen maximalen Wert zu erzielen.
Eine besondere Rolle spielt auch die Kultur, die ihr im Unternehmen etablieren wollt. Denn die angestrebte hohe Geschwindigkeit macht etwas mit den Menschen, die diese Leistung erbringen müssen. Wenn ihr Themen also der Transformation und Digitalisierung vorantreiben wollt, seid ihr in diesem Modul richtig.
Direct, Plan & Improve
Wie könnt ihr Organisationen mit den richtigen Richtlinien, Leitwerten und Steuerungsmechanismen lenken? Diese Governance-Fragen beantwortet das ITIL 4 Modul „Direct, Plan & Improve“. Neben der Steuerung werden auch die Themen Verbesserung und organisatorisches Changemanagement behandelt.
Das Modul ist insbesondere für Führungskräfte in der IT empfehlenswert. Aber auch alle, die generell am Thema Unternehmensführung interessiert sind, sollten sich diese ITIL Schulung nicht entgehen lassen.
Digital & IT Strategy
IT-Services sind vielfach nicht mehr nur Unterstützer von Geschäftsprozessen, sondern können inzwischen selbst als Geschäftsprozesse gelten. Digitale Produkte und Services müssen mit der IT-Strategie verschmelzen – und genau dabei unterstützt euch „Digital & IT Strategy“. Dieser ITIL Kurs ist besonders für Berater und Führungskräfte interessant, die im Service Management tätig sind.
ITIL 4 Transition
Wenn ihr bereits Punkte in ITIL v3 gesammelt habt, lohnt sich vermutlich eine ITIL 4 Transition für euch. Der Vorteil daran: Statt der oben aufgelisteten fünf Schulungen (und damit fünf Prüfungen) für die Foundation und passende weiterführende Qualifikationen könnt ihr genau ein Training inklusive Prüfung machen – und schon seid ihr ITIL 4 Managing Professional. Das spart Zeit, Geld und Nerven. Allerdings müsst ihr euch wie gesagt schnell darum kümmern. Denn PeopleCert als offizieller Rechteinhaber von ITIL hat alle mit ITIL v3 zusammenhängenden Zertifizierungen und Schulungen zu Ende 2022 abgekündigt. Darunter fällt leider auch die Transition aus der veralteten Version.
Insofern kann ich euch nur raten: Prüft noch diesen Monat, ob sich die Transition für euch lohnt und nehmt sie in Angriff. Ansonsten könnt ihr nämlich unabhängig von bereits vorhandenen Zertifizierungen ab nächstem Jahr wieder mit der Foundation starten und jeden Kurs einzeln besuchen. In der Transition hingegen bekommt ihr alle relevanten Änderungen auf dem Silbertablett serviert.
Wichtig ist: Ihr müsst nicht nur das Training, sondern auch die Prüfung unbedingt noch in diesem Jahr abschließen – sonst wars das mit der Abkürzung. Ob sich ein ITIL 4 Transition Training auch für euch lohnt, könnt ihr hier nachlesen.
Ich hoffe, ich konnte heute ein wenig Licht ins Dickicht der ITIL Zertifizierungen bringen. Falls ihr noch weitere Fragen dazu habt, schreibt mich gerne an!
Geschichte schreibt niemand allein. 🚀
2 JahreToller Artikel mit einer sehr übersichtlichen Darstellung der möglichen Wege :) danke Artur!