Können wir klimaschädliche Subventionen abschaffen?

Können wir klimaschädliche Subventionen abschaffen?

Können wir klimaschädliche Subventionen abschaffen? 

Können wir die Energiewende finanzieren, indem wir klima- und umweltschädliche Subventionen streichen? 

Klima- und umweltschädliche Subventionen streichen 

Die Forderung, klimaschädliche Subventionen zu streichen, ist nicht neu. Die Grünen forderten in ihrem Programm zur Bundestagswahl 2021, “umweltschädliche Subventionen” abzubauen und auch die SPD wollte “klima- und umweltschädliche Subventionen abbauen”. 

Die FDP hingegen forderten die Abschaffung der Kaufprämie für E-Autos – also eher das Gegenteil – und setzte im Übrigen mehr auf den Emissionshandel. CDU und CSU hatten seinerzeit kein Wahlprogramm, sondern ein “Regierungsprogramm” beschlossen. Nun ja... Die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen war dort jedenfalls kein Thema. 

Auch Greenpeace fordert – wenig überraschend – klimaschädliche Subventionen abzubauen, zu denen man beispielsweise die Werbungskostenpauschale für Wege zur Arbeit oder steuerliche Vergünstigungen für Dienstwagen zählt. Autofahrer und Greenpeace werden so schnell keine Freunde... 

Ähnliche Forderungen finden sich bei der Bertelsmann Stiftung , bei der Allianz pro Schiene e.V. , beim Umweltbundesamt - German Environment Agency und bei vielen mehr. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem letzten Jahr, das die Umwidmung von Corona-Krediten für andere Zwecke für unzulässig erklärte und damit einen akuten Haushaltsnotstand ausgelöst hatte, wurden die Forderungen noch einmal lauter. Durch die Streichung von Subventionen, so die Logik, könnten Mehreinnahmen generiert werden, mit denen Klimaschutzmaßnahmen finanziert werden können. 

Die Bertelsmann-Stiftung legte beispielsweise eine Studie vor, nach der durch eine “Angleichung” des Steuersatzes auf Diesel und Benzin – gemeint war wohl eine Erhöhung der Steuern auf Diesel – jährlich 12,5 Milliarden Euro Mehreinnahmen für den Staat generiert werden können. Gleichzeitig sollte die Dienstwagenversteuerung von Verbrennern und E-Autos stärker “gespreizt” werden, was wohl eine Steuererhöhung für Verbrennerfahrzeuge bedeutet hätte. 

Das klingt ja erstmal logisch und naheliegend. Einige Fragen bleiben aber. Warum zum Beispiel wird eine Steuererhöhung mit der “Streichung einer Subvention” gleichgesetzt? Was ist überhaupt eine Subvention? Und warum wurden umweltschädliche Subventionen überhaupt eingeführt? 

Und die wichtigste Frage: wenn man durch die Streichung klima- und umweltschädlicher Subventionen im Handstreich Milliardenbeträge für die Energiewende und den Klimaschutz mobilisieren könnte, wieso tun wir das nicht? Worauf warten wir? 

Was ist überhaupt eine Subvention? 

Zu der Frage, was eine Subvention ist bzw. was eine klima- oder umweltschädliche Subvention ist, gibt es keine einheitliche Definition. Klar ist, dass direkte Zahlungen von der öffentlichen Hand an einen Wirtschaftsakteur ohne konkrete Gegenleistung eine Subvention sind, so dass dies die engstmögliche Auslegung des Begriffes ist. Ebenfalls eine Subvention im engeren Sinne ist eine Steuervergünstigung, also beispielsweise ein reduzierter Steuersatz. 

Diese beiden Arten von Subventionen, nämlich “Finanzhilfen” und “Steuervergünstigungen”, sind daher auch Basis des Subventionsberichts der Bundesregierung. Die meisten Studien halten diese enge Auslegung des Subventionsbegriffs aber für unzureichend, weil es viele weitere Arten gibt, bestimmte Aktivitäten zu fördern. Besonders sogenannte “implizite Begünstigungen”, bei denen keine unmittelbare Wirkung auf das Haushaltsbudget der öffentlichen Hand entstehen, gelten hier auch als Subvention. 

Zu den Regelungen, die das Umweltbundesamt als “Subvention” definiert, die Bundesregierung jedoch nicht, zählen beispielsweise die Kerosinsteuerbefreiung auf grenzüberschreitende Flüge, der im Vergleich zu Benzin günstigere Steuersatz auf Diesel oder Zahlungsströme außerhalb des Haushalts, zum Beispiel die (inzwischen abgeschaffte) EEG-Umlage. 

Es spricht in der Tat viel dafür, dass der enge Subventionsbegriff, den die Bundesregierung im “Subventionsbericht” anlegt, viele Fördermaßnahmen nicht erfasst und daher für eine Auswertung aller klimaschädlichen Subventionen erweitert werden müsste. 

Abgrenzungsprobleme entstehen aber auch in die andere Richtung. So zählt der International Monetary Fund (IMF) in einer Studie auch Umwelt- und Klimaschäden, die nicht im Absatzpreis einer Ware berücksichtigt werden, als Subvention. 

Bei Benzin beispielsweise müssten für eine Streichung aller “Subventionen” auch die Kosten für lokale Luftverschmutzung (beispielsweise medizinische Behandlungskosten für Atemwegserkrankungen), und die Kosten der Folgen des Klimawandels im Absatzpreis berücksichtigt werden. Selbst die volkswirtschaftlichen Kosten durch Staus müssten nach Definition des IMF im Benzinpreis enthalten sein, damit dieser “subventionsfrei” und in diesem Sinne “richtig” ist. Wie das gehen soll, bleibt offen. 

Das ist eine sehr weitgehende Definition des Begriffs “Subvention”, die natürlich schnell zu gigantischen Beträgen vermeintlicher klimaschädlicher Subventionen führt. Diese sind damit aber nicht automatisch auch haushaltswirksam. 

Welche Definition “richtig” ist, bleibt Ansichtssache. Festzuhalten bleibt, dass man verschiedene Studien nicht immer vergleichen kann. 

Studie des Internationalen Währungsfonds (IMF) 

Eine häufig zitierte Studie stammt vom Internationalen Währungsfonds. Sie trägt den Titel “IMF Fossil Fuel Subsidies Data: 2023 Update” und wurde federführend von Simon Black , Antung Anthony Liu , Ian Parry und Nate Vernon-Lin erstellt. Wie der Name schon sagt, wird die Studie regelmäßig aktualisiert, zum letzten Mal im Jahr 2023 auf Basis der Daten des Jahres 2022. 

Der Gesamtbetrag der weltweiten, jährlichen Subventionen für fossile Energieträger wird mit sieben Billionen Dollar angegeben – eine gewaltige Summe. Das entspricht rund sieben Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts. Durch eine vollständige Abschaffung der Subventionen sollen die globalen CO2-Emissionen bis 2030 um 34 Prozent gegenüber 2019 sinken können. 

Die Studie wurde vielfach aufgegriffen, beispielsweise von der taz (“Subventionen für fossile Energien auf Rekordniveau”), vom schweizerischen SRF - Schweizer Radio und Fernsehen (“Rekordhohe Subventionen weltweit für fossile Energien”) oder von “Kölle for Future” (“Energieriesen und Regierungen verweigern Transformation”). 

Was leider nicht immer klarstellend ergänzt wird: von den sieben Milliarden Dollar sind rund 6 Milliarden Dollar sogenannte “implizite Subventionen”, auch als “versteckte Subventionen” bezeichnet. Das sind Beträge, die keine direkte Haushaltswirkung haben, also keine Finanzhilfe oder Steuervergünstigung sind. Dazu zählen beispielsweise Umweltschäden, die nicht eingepreist werden, so wie beispielsweise medizinische Behandlungskosten für Atemwegserkrankungen durch Luftverschmutzung. 

Wenn man diese impliziten Subventionen ausklammert, bleiben immer noch eine Billion Dollar jährlich, mit denen fossile Geschäftsmodelle subventioniert werden. Grund genug, zu handeln. Ehrlicherweise muss man aber klarstellen, dass nicht sieben Billionen Dollar Steuermittel jährlich aufgewendet werden. Im Umkehrschluss wäre dieser Betrag bei einer Streichung der verdeckten Subvention nicht automatisch eine Mehreinnahme der öffentlichen Hand. 

Studie des Umweltbundesamts 

Das Umweltbundesamt hat eine Studie mit dem Titel “Umweltschädliche Subventionen in Deutschland” herausgegeben, letztmalig aktualisiert im Jahre 2021 auf Basis der Daten des Jahres 2018. Autoren waren Dr. Andreas Burger und Dr. Wolfgang Bretschneider

Diese Studie beleuchtet eine Reihe deutscher Regelungen und Maßnahmen, die als klima- oder umweltschädliche Subvention eingestuft werden. Sie gibt außerdem Empfehlungen, wie eine Änderung erfolgen sollte – wobei es meistens auf eine Abschaffung hinausläuft. 

Auch hier umfasst der Subventionsbegriff “implizite Subventionen” ohne direkte Budgetwirkung. Die Nichteinpreisung von Umweltschäden wird aber nicht mitgezählt, so dass die Studie mit der des IMF nicht direkt vergleichbar ist. 

Die Studie listet explizit 41 Subventionen auf, die ein Volumen von 65 Milliarden € haben sollen. Auch hier bedeutet eine Abschaffung der Maßnahmen nicht, dass dem Staat 65 Milliarden mehr zur Verfügung stehen würden, was die Verfasser der Studie auch darlegen. 

Dieses Detail geht jedoch leider in Medienberichten häufig unter. Selbst der Autor der Studie, Dr. Andreas Burger, gibt in der Tagesschau zu Protokoll: “Das sind staatliche Mehrausgaben oder Mindereinnahmen, die pro Jahr anfallen”, ergänzt dann aber wenigstens, dass eine sofortige Abschaffung aller Subventionen aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei. Allerdings, so Burger: die Hälfte ließe sich kurzfristig streichen. 

Aber stimmt das wirklich? Bei Betrachtung einiger “Subventionen” kommen Zweifel... 

Die Pendlerpauschale 

Die Forderung nach einer Abschaffung der Pendlerpauschale ist ein Evergreen der Politik. Oft gefordert, nie umgesetzt. Obwohl: “nie” stimmt nicht ganz. Aber dazu gleich. 

Die “Pendlerpauschale”, die eigentlich Entfernungspauschale heißt, ist schnell erklärt: Arbeitnehmer können Kosten für den Weg zur Arbeit von der Steuer absetzen, denn es handelt sich um Werbungskosten. Werbungskosten fallen an zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Arbeitsplatzes. Und die Fahrt zum Arbeitsplatz ist notwendig, um den Arbeitsplatz zu erhalten – zumindest, wenn nicht im Home Office gearbeitet wird. 

Um dem Finanzamt – und dem Steuerpflichtigen – die Erfassung der Kosten zu vereinfachen, hat man diese pauschaliert: für jeden Kilometer können 30 Cent geltend gemacht werden. Was viele nicht wissen: das gilt unabhängig vom Verkehrsmittel. Auch Bahnfahrer können die Regelung in Anspruch nehmen. 

Mit Unkenntnis über diesen Sachverhalt blamierte sich auch Robert Habeck im Bundestagswahlkampf 2021, in dem er vehement die Abschaffung der Pauschale forderte, weil diese ja nur Autofahrern zugute käme. “Habeck kennt sich mit der Pendlerpauschale nicht aus” titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung und Hubertus Heil (SPD) sekundierte: “Viel Meinung, wenig Ahnung”. 

Trotzdem wird auch in der Studie des Umweltbundesamts gefordert, die Entfernungspauschale insgesamt abzuschaffen, um damit jährliche “Steuerausfälle” von 6 Milliarden € zu vermeiden und das Klima zu schützen. 

Die Experten scheinen ein schlechtes Gedächtnis zu haben, denn die Entfernungspauschale wurde schon einmal abgeschafft. Im Jahre 2006 beschloss die damalige schwarz-rote Bundesregierung unter dem ersten von Angela Merkel geführten Kabinett, frisch gewählt und voller Tatendrang, dass ab dem 2007 kein Abzug von Kosten für den Weg zur Arbeit mehr möglich sein sollte. Stattdessen sollte das “Werkstorprinzip” gelten, nach dem Werbungskosten erst ab Durchschreiten des “Werkstores” entstehen können. Der Weg zur Arbeit sollte Privatvergnügen sein. 

Dem machte das Bundesverfassungsgericht aber schon im Jahr 2008 einen Strich durch die Rechnung und stellte fest, dass Kosten für den Weg zur Arbeit als Werbungskosten abziehbar sein müssen! Bums. So ist das. 

Die Entfernungspauschale kann also gar nicht vollständig abgeschafft werden. Das wurde bereits vom höchsten deutschen Gericht festgestellt. Man fragt sich also, warum diese Diskussion trotzdem immer wieder aufkommt. 

Das Einzige, was geändert werden könnte, ist die Art der Pauschalierung. Statt pauschal 30 Cent pro Kilometer anzuerkennen könnte der Staat die Steuerpflichtigen zwingen, die genauen Kosten darzulegen. Bei Autofahrern wären das also die Anschaffungskosten, die Tankkosten, die Kosten für Autowäsche, eventuelle Reparaturen, Instandhaltungen und so weiter. Ein gewaltiger Belegberg wäre erforderlich, um die Kosten steuerlich geltend zu machen. 

Nur: wem würde das nützen? Diejenigen, die sich einen Steuerberater leisten können, würden ihre Kosten weiterhin geltend machen. Diejenigen, die es nicht können, würden zuviel Steuern zahlen. Das ist weder gerecht, noch nützt es dem Klima. 

Es stellt sich auch die Frage, warum diese “Subvention”, die ja eigentlich nur die verfassungsrechtlich gebotene Anerkennung von Werbungskosten ist, klimaschädlich sein soll. Immerhin werden ja auch Bahnfahrten, Fahrten mit einem Elektroauto oder mit einem Elektroroller anerkannt. 

Die Forderung einer vollständigen Abschaffung der Pendlerpauschale geht also irgendwie am Ziel vorbei und ignoriert, dass es verfassungsrechtliche Probleme gibt. 

Das “Dienstwagenprivileg” 

Auch eine Abschaffung des “Dienstwagenprivilegs” gehört zu den Dauerbrennern politischer Forderungen klimabewegter Lobbyisten. Die Wahl der Bezeichnung ist bereits Teil des Framings, denn ob die pauschalierte Besteuerung von Dienstwagen ein Privileg ist, wäre ja noch zu hinterfragen. 

Die Studie des Umweltbundesamts, die auch hier häufig als Argument für eine Abschaffung der Regelung herhalten muss, beziffert das Volumen der “Subvention” auf 3 Milliarden € und empfiehlt eine Neuregelung, die für die Nutzer von Dienstwagen “keinen ökonomischen Unterschied” zur Nutzung eines Privatwagens bedeuten würde. Damit würde ein Dienstwagen als Gehaltsbestandteil keinen Sinn mehr ergeben. 

Kern der Kritik ist, dass die private Nutzung von Dienstwagen nicht nach tatsächlich gefahrenen Kilometern besteuert wird, sondern mit einer Pauschale, die sich am Listenpreis des Fahrzeugs orientiert (“1%-Regel”). Man kann mit einem Dienstwagen also soviel auf Kosten des Arbeitgebers durch die Gegend fahren, wie man will, ohne dass sich die Steuerlast dadurch erhöhen würde. Das reizt natürlich dazu an, viel zu fahren. 

Das ließe sich allerdings nur vermeiden, wenn ein Fahrtenbuch geführt wird, denn nur so lässt sich die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs nachvollziehbar auf private und dienstliche Fahrten aufteilen. Ein Fahrtenbuch zu führen ist jedoch sehr aufwändig und lästig. Darüber hinaus müssten dann die Fahrzeugkosten, die pro Kilometer angesetzt werden, aufwendig auf Grundlage der tatsächlichen Kosten ermittelt werden. 

Das gilt nicht nur für den Steuerpflichtigen, denn die Finanzverwaltung müsste die Fahrtenbücher und die Fahrzeugkosten ja auch prüfen und anerkennen. Die pauschalierte Besteuerung von Dienstwagen dient also auch dazu, das Steuersystem handhabbar zu gestalten - für Steuerpflichtige und Finanzverwaltung. 

Es spricht also viel dafür, eine pauschalierte Regelung beizubehalten. Diese könnte klimafreundlich ausgestaltet werden, Elektroautos könnten also beispielsweise günstiger in der Versteuerung sein als Verbrenner-Pkw. Aber Moment: genau so ist es ja bereits. Seit 2020 müssen Elektroautos nur mit 0,25% des Neuwerts der Versteuerung unterworfen werden, während es bei Verbrennern bei 1% bleibt... 

Die Dienstwagenversteuerung ist also schon um eine klare, klimafreundliche Lenkungswirkung ergänzt worden. Bei einer Abschaffung der Pauschalierung hingegen müssten massenhaft Fahrtenbücher eingeführt werden. Und wenn der steuerliche Wert des Wagens nicht mehr als Pauschale vom Listenpreis ermittelt werden soll, müssten die tatsächlichen Fahrzeugkosten - ähnlich wie bei der Pendlerpauschale - minutiös durch Einzelbelege ausgerechnet und dokumentiert werden. Eine riesiges Bürokratiemonster wäre geschaffen. 

Eine “Abschaffung” der Dienstwagenversteuerung ist also gar nicht möglich, höchstens eine Aufhebung der Pauschalierungsregeln. Damit würde man aber das Kind mit dem Bade ausschütten, denn wenn Deutschland eines nicht braucht, dann ist es: noch mehr Bürokratie. 

Weitere Kürzungsvorschläge 

Die Studie des Umweltbundesamts enthält noch 39 weitere Subventionen, die entweder klima- oder umweltschädlich sein sollen – oder beides, denn klima- und umweltschädlich ist ja nicht das gleiche. Wenn es darum geht, die Einsparung von CO2-Emissionen anzuregen, sind die meisten dieser Vorschläge durchaus nachvollziehbar, insbesondere, wenn Vergünstigungen auf fossile Brennstoffe abgeschafft werden sollen. 

Man darf dabei aber nicht übersehen, dass die Abschaffung einer Vergünstigung wirtschaftlich nichts anderes als eine Steuererhöhung ist. Jeder Pädagoge weiß, dass das Vorenthalten eines Privilegs auch eine Strafe ist. Und Steuererhöhungen sind niemals einfach, da die Betroffenen immer empört sein werden. Die Bauernproteste gegen die Streichung der Vergünstigungen beim Agrardiesel haben das eindrücklich gezeigt. 

Wenn aber die Abschaffung klima- und umweltschädlicher Subventionen im Grunde nur Steuererhöhungen sind, erklärt sich auch schon zum Teil, warum die Streichung so schwer fällt. Es braucht viele Erklärungen und viel politisches Kapital, um das durchzusetzen. 

Bei der Streichung der Agrarsubventionen war nur eine sehr kleine Bevölkerungsgruppe betroffen, nämlich die Landwirte. Trotzdem schüttelte der Protest das ganze Land ordentlich durch. Man stelle sich nun vor, die Bundesregierung würde 41 einzelne Subventionen streichen. Es wären im Zweifel 41 verschiedene Bevölkerungsgruppen betroffen (mit Überschneidungen). Politisch wäre das Selbstmord. 

Dabei wäre noch nicht einmal klar, ob das ganze dem Klimaschutz wirklich dient. Denn unter den Streichvorschläge den Umweltbundesamts finden sich auch einige Vergünstigungen, die auf Strom gewährt werden. Durch die Streichung der Subventionen würde sich also Stromverbrauch verteuern. 

Das ist auf den ersten Blick nachvollziehbar, denn Strom trägt im bundesdeutschen Erzeugungsmix einen CO2-Rucksack mit sich herum. Weniger Stromverbrauch bedeutet weniger CO2-Emissionen. 

Aber gleichzeitig gibt es viele Anwendungen, bei denen wir zu Klimaschutzzwecken eine Elektrifizierung anstreben, insbesondere im Bereich Wärme (Wärmepumpen) und Mobilität (Elektroautos). Elektrifizierungsprozesse fallen leichter, wenn Strom billiger ist. Die Verteuerung von Strom wirkt also den aus Klimaschutzgründen eigentlich angestrebten Elektrifizierungen entgegen. 

Der Zweck von Subventionen 

Was bei der Debatte um die Abschaffung klima- und umweltschädlicher Subventionen häufig etwas zu kurz kommt ist die Frage, warum es diese überhaupt gibt. Natürlich werden häufig fossile Geschäftsmodelle durch Subventionen unterstützt. Aus heutiger Sicht ist das Unfug, denn wir wollen diese ja durch klimaneutrale Geschäftsmodelle ersetzen. Aber die Einführung von Subventionen erfolgte häufig zu einer Zeit, als es im Grunde noch gar keine klimaneutralen Geschäftsmodelle gab. 

Bis vor zwei oder drei Jahrzehnten hatten wir ja praktisch ausschließlich fossile Energiequellen – oder Kernkraft. Wer also die Wirtschaft fördern wollte, konnte nur die fossil betriebene Wirtschaft fördern, denn eine andere gab es nicht. Erst seit Beginn des aktuellen Jahrtausends erfolgte der Ausbau erneuerbarer Energiequellen, klimaförderliche Subventionen sind also erst seit etwas über zwei Jahrzehnten überhaupt denkbar. 

Die meisten der Subventionen, die als klima- oder umweltschädlich gebrandmarkt werden, hatten natürlich nicht den Zweck, das Klima zu schädigen oder die Umwelt zu zerstören. In den meisten Fällen sollte die Wirtschaft damit angekurbelt werden. 

Manchmal handelt es sich auch schlicht um Pauschalierungen oder Vereinfachungen, wie bei der Dienstwagenbesteuerung: wenn die Dienstwagenpauschale nicht wirtschaftlich vorteilhaft gegenüber einem Fahrtenbuch gewesen wäre, hätte ja niemand die Pauschale in Anspruch genommen. Genau das wollte der Staat aber, um Bürokratie zu vermeiden (kaum zu glauben, aber auch der Staat will manchmal gar keine Bürokratie). 

Das bedeutet aber, dass die stumpfe Abschaffung der in den vielen Studien genannten Subventionen entweder negative Auswirkungen auf die Wirtschaft hätte oder zumindest zu mehr Bürokratie führen würde. 

Der Wirtschaft zu schaden hat nach Ansicht einiger positive Auswirkungen auf das Klima und wird daher billigend in Kauf genommen. Die sogenannte De-Growth-Bewegung, in Deutschland mit angeführt von der Autorin Ulrike Herrmann und ihrem Buch “Das Ende des Kapitalismus”, hat jedoch aktuell keine politische Mehrheit. Die meisten – und zu denen zähle auch ich – glauben, dass wir Klimaschutz umsetzen müssen, ohne gleichzeitig unsere wirtschaftliche Lebensgrundlage zu zerstören. 

Eine Abschaffung von Subventionen auf Kosten des Wirtschaftswachstums wird also nicht funktionieren und ist mit den aktuellen politischen Mehrheitsverhältnissen nicht zu machen. Gut so. 

Aber wie denn nun? 

Trotz allem bleibt die Frage: was machen wir mit Subventionen oder anderen Vorteilen, die klimaschädliches Verhalten anreizen? 

Es ist richtig und sinnvoll, diese zu hinterfragen und anzupassen. Dazu können die vielen Studien zum Thema eine gute Grundlage sein. Eine vollständige Abschaffung ist aber meistens nicht sinnvoll. 

Die Vorgehensweise bei der Dienstwagenbesteuerung kann einen guten Weg aufzeigen: die Subventionen könnten klimafreundliches Verhalten ja deutlich mehr belohnen als klimaschädliches Verhalten. Bei der Dienstwagenbesteuerung wurde die vereinfachende Wirkung der Pauschale beibehalten, aber die Pauschalierung ist bei Elektroautos deutlich vorteilhafter als bei Verbrennern. 

Eine ähnliche Umgestaltung ist sicherlich auch bei anderen Subventionen denkbar. So kann Verhalten angereizt werden, ohne bevormundend zu werden. Und so bleiben die wirtschaftsfördernden Aspekte der Subventionen erhalten, ohne weiterhin den Klimaschutz zu behindern. 

Ob es dabei gelingt, Haushaltsmittel freizuschaufeln, die dann für andere Zwecke eingesetzt werden können, ist allerdings fraglich. Die Streichung von Subventionen wird wohl nur gelingen, wenn an anderer Stelle Vergünstigungen zum Ausgleich gewährt werden, zum Beispiel das Klimageld, das eigentlich schon in dieser Legislaturperiode eingeführt werden sollte. 

Fazit 

Es gibt viele Subventionen, die klima- oder umweltschädliches Verhalten belohnen. Es lohnt sich, diese genauer unter die Lupe zu nehmen und diese anzupassen, damit zukünftig klimanützliches Verhalten (mehr) belohnt wird. 

Eine Abschaffung aller sogenannten klima- und umweltschädlichen Subventionen ist aber unrealistisch und würde auch nicht die haushaltspolitischen Spielräume schaffen, die man sich vielleicht davon erhofft.

Desiree Leinenbach

Real Estate Consultant, Unternehmerin und Gründerin im Bereich Energiewende für alle: Grüne (Finanz-)Anlagen, Facebook Aktivistin und Gründerin der Wähler*inneninitiative Grünwärts

7 Monate

Für den Haushalt 2025 wäre es doch fein, wenn zumindest die Übergewinnsteuer 2022 durchgezogen würde.

siegfried schider

Werkstoffprüfer bei VA Stahl Donawitz

7 Monate

Sehr gute Analyse. Aber sie wird wahrscheinlich nicht von den Zuständigen gelesen - oder bedacht. Eine Abschaffung von Subventionen würde neben der von Ihnen angesprochenen Verteuerung von z. B. Strom auch die Enregiewende in anderen Berichen bremsen. Wie würde der Preis eine E Autos aussehen, wenn man die Produktion auf ihre Klimaschäden hin durchleuchtet? Wenn z. B. der Diesel der Stromaggregate zur Li Gewinnung oder den Transport mit Diesel LKW eingerechnet würde? Subventionsstreichungen scheinen nur möglich wenn ein grundlegender Wechsel des Subventionsgrundes ansteht. Wenn ein neuer Dienstwagen angeschafft wird, kann man an der Steuerschraube Drehen - aber nur, wenn das für einen neuen Verbrenner lukrierte Mehr-Geld vollkommen ökologiewirksam eingesetzt wird. Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn man Subventionen durch direkte staatlich kontrollierte Projekte ersetzt. Ein neues Windrad kann auch die öffentliche Hand über Kredite errichten - und damit ganz normal betriebswirtschaftlich korrekt investieren. Gleichzeitig kann damit über eine Gewinndeckelung (in Österreich z. B. über das Vereinsrecht) der Strompreis niedriggehalten (an den Erzeugerkosten orientiert) werden. und damit weiterfühtrende Subventionen obsolte machen.

Michael Martens

Extensive experience and expertise as a venture builder in the it energy solutions space, showcasing his leadership, strategic vision, and proven track record in driving success for international organizations

7 Monate

Wir sollten auch beachten, das wir jetzt schon auf „Pump“ die 100 MrdEuro für die Bundeswehr als Sonderschulden ausgeben, diese reichen noch bis 2027 und dann ? Ich glaube wir müssen nicht nur für die Energiewende nach Geld suchen, sondern auch für alle anderen „Projekte“. Somit wird ein Subventionsabbau eher alle Bereiche treffen , incl der Energiewende.

Vielen Dank mal wieder für die wohltuend unemotionale Einordnung der Faktenlage - dieses Mal bei Subventionen. Bei Dienstwagen kommt dazu, dass 45% der neu zugelassenen EVs auf Firmenwagen entfallen, diese Nachfrage würde signifikant sinken, somit der Umbau auf E-Mobilität verlangsamt, da zudem keine Leasingwagen-Rückläufer in den Markt kommen.

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