Können wir noch Büro?
Im Forderungskatalog der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di für die Tarifrunde 2022 stand: „Rechtsanspruch auf Homeoffice/Mobiles Arbeiten“. Man tritt der Gewerkschaft nicht zu nahe, wenn man sagt, dass diese Forderung bei den zurückliegenden Tarifverhandlungen keine zentrale Rolle gespielt hat. Es wurde am Ende hierzu auch nichts vereinbart. Warum? Weil auch die Gewerkschaft weiß, dass eine Revitalisierung der Bürokultur wichtig für den Zusammenhalt der Belegschaften ist.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich weiß selbstverständlich, dass die Mehrzahl der deutschen Versicherungsunternehmen ihren Arbeitnehmern Homeoffice an bis zu drei Tagen in der Woche ermöglichen will. Kein Einwand dagegen. Homeoffice wird zu einem beträchtlichen Anteil betriebliche Realität in unserer Branche bleiben. Darum muss sich keiner Sorgen machen.
Sorge mache ich mir allerdings um die andere Seite der Medaille: Das „back to the new normal“ ist alles andere als ein Selbstläufer. Zu Recht sagt Utz Niklas Walter vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG): „Für viele wird das eine Umstellung“.
Viele von uns sind mit sich selbst im Homeoffice gut klargekommen. Es war – je nach häuslicher Umgebung – richtig kuschelig. Und unbestritten bietet das Homeoffice mehr persönliche Freiheiten. Oder wie es Utz Niklas Walter formuliert: „Im Homeoffice war es möglich, dass die Eulen eher Eulen sein durften und die Lerchen eher Lerchen.“ Anders ausgedrückt: Sowohl die Frühaufsteher als auch die „Spätzünder“ konnten sich im Homeoffice individuell gut entfalten.
Die Rückkehr ins Büro dagegen wird für viele fordernd werden. Das beginnt schon damit, dass der Weg zum Büro und wieder nach Hause Zeit und – bei Benutzung des Privat-PKW – deutlich mehr Geld als früher kostet.
„Ich habe den Eindruck, alle freuen sich, nun wieder zusammenzukommen“, meint Jutta Rump, Direktorin am Institut für Beschäftigung und Employability (Ibe). Na ja. Da bin ich mir noch nicht sicher. Ich erwarte einen holprigen Start bei der verstärkten Rückkehr ins Büro: Wie begrüßt man sich eigentlich in einer Zeit, in der die Pandemie noch da ist? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Kollegen, die man noch gar nicht oder nicht mehr so richtig kennt?
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Das wird eine echte Aufgabe für HR werden. Idealerweise darf die Rückkehr ins Büro nicht nur angeordnet werden, sie muss auch angereichert werden. Die technische Ausstattung sollte besser als zuhause sein. Die Mitarbeiter müssen spüren, dass Teamspirit und Kreativität am besten in Präsenz vor Ort erreichbar sind. Sie müssen es wertschätzen, wieder in Gemeinschaft arbeiten und Berufs- und Privatleben wieder besser voneinander trennen zu können. Die Zurich beispielsweise erwartet, dass „eine berufliche Heimat im Sinne einer Betriebsstätte, die regelmäßig aufgesucht wird, ein entscheidender Faktor für ein langfristig erfolgreiches Unternehmen ist“. Ich teile diese Auffassung. Hybrid ist die Zukunft, bitte keine Monokultur.
Jutta Rump plädiert dafür, „einen guten Mix zu gestalten“. So lasse sich das Beste aus zwei Welten zusammenführen. Lasst es uns beherzt versuchen.
Ihr
Michael Niebler
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des AGV
It‘s not about technology, it‘s all about the people
2 JahreBei mir ist ein Spruch von Raphael Gielgen hängen geblieben: „Mitarbeiter sind wie Katzen - kommen nur ins Büro wenn Sie etwas davon haben“. (Büro)Raum als äußerer Ausdruck einer inneren Haltung wird in diesem neuen Normal nicht ausreichen. Das neue Normal ist jetzt aber auch die groß Chance - für alle - in Richtung Output Orientierung. Oft genug steht noch der Input im Focus. Hier sind aber alle gefordert - Management & Arbeitnehmer.
Head of Claims Management Legal Protection @Allianz | Lawyer | Legal Tech Enthusiast
2 JahreDas sehe ich auch so. Und gleichzeitig wünsche ich mir eine hohe Flexibilität, beispielsweise für Kolleg:innen mit kleinen Kindern, Pflegebedürftigen Angehörigen oder anderen Konstellationen, die vorübergehend mit 5 Tagen Homeoffice besser zu bewältigen sind.